Middelhoff raus aus den Schulden? So läuft die Privatinsolvenz
01.04.2015, 19:51 UhrVon der Villa in Saint Tropez hat sich Thomas Middelhoff schon verabschiedet und wenn er aus der Haft entlassen wird, ist womöglich auch das großzügige Anwesen in Bielefeld passé. Der einstige Top-Manager hat seinen privaten Konkurs erklärt. Welche Folgen hat die Insolvenz?

Im November 2011 wurde Middelhoff wegen Untreue zu drei Jahren Haft verurteilt. Derzeit hofft er auf die Revision vorm BGH.
(Foto: imago/Schwörer Pressefoto)
Lange Krankheiten, Scheidungen, Arbeitslosigkeit oder schlicht finanzielle Verantwortungslosigkeit – es gibt zahlreiche Gründe, warum Menschen ihre Schulden über den Kopf wachsen. Über 115.000 von ihnen haben im vergangenen Jahr Privatinsolvenz angemeldet. Selten geht es dabei aber um solche Summen wie bei Thomas Middelhoff. Der ehemalige Top-Manager, der im November zu drei Jahren Haft verurteilt wurde, soll bei verschiedenen Gläubigern mit insgesamt über 90 Millionen Euro in der Kreide stehen. Mit Sal. Oppenheim liegt das Ehepaar Middelhoff im Clinch, weil es seine Zahlungen für auf Pump finanzierte Immobilienfonds stoppte. Außerdem gibt rückständige Yacht-Mieten und ausgefallene Kredite bei der Gründung einer Investmentfirma. Und dann forderte auch das Finanzamt Steuerschulden in unbekannter Höhe ein. Zu Unrecht, meint Middelhoff. Weil das Finanzamt keinen Aufschub duldete, beantragte Middelhoff gestern beim Amtsgericht Bielefeld Privatinsolvenz. Damit kam er offenbar einer Zwangsinsolvenz zuvor. Was blüht dem prominenten Schuldner jetzt?
Zunächst einmal heißt es abwarten. Denn Insolvenz anmelden bedeutet nicht, dass das Verfahren automatisch eröffnet wird. Zunächst muss sich der Schuldner mit seinen Gläubigern um einen Vergleich bemühen. Diese Aufgabe übernimmt Middelhoffs vorläufiger Insolvenzverwalter Thorsten Fürst. Der kündigte bereits an, er müsse sich erst einmal ein Bild von den "komplexen Vermögensverhältnissen des Herrn Dr. Middelhoff" machen. Das dürfte ein gutes Stück Arbeit werden. Denn wie viel Geld Middelhoff und seine Familie noch besitzen, ist unklar. Der einstige Hauptwohnsitz der Familie, eine Villa in Saint Tropez, steht zum Verkauf, das weitläufige Anwesen in Bielefeld gehört laut Informationen der "Süddeutschen Zeitung" einer Gesellschaft mit Familienangehörigen. Dazu kommen Luxusautos und andere Statussymbole – eine Piaget-Uhr wurde Middelhoff im letzten Sommer medienwirksamvom Handgelenk weggepfändet.
Vermögen der Gattin ist unantastbar
Wie auch immer das Vermögen auf die Familie und Untergesellschaften verteilt ist: Pfänden ließen sich nur Sach- und Geldwerte, die Thomas Middelhoff selbst gehören. Ehegatten haften nämlich nicht für die Schulden ihrer Partner – es sei denn, sie haben mit gebürgt oder Verträge selbst unterschrieben. Nur bei den Steuerschulden könnte das Finanzamt auch auf das Vermögen von Cornelie Middelhoff zurückgreifen – vorausgesetzt, das Ehepaar ist zusammenveranlagt.
Thomas Middelhoff hat derweil keinen Zugriff mehr auf sein Vermögen, seit gestern darf er kein Geld mehr ausgeben und auch keins von eventuellen Schuldnern annehmen – im Gefängnis dürfte er zumindest für ersteres aber auch kaum Gelegenheit haben. Erst wenn das Gutachten des Insolvenzverwalters vorliegt, wird klar, wie es weitergeht. In vielen Fällen kann das Privatinsolvenzverfahren vermieden werden, weil sich Schuldner und Gläubiger im Vorfeld einig werden. Gibt es im Fall Middelhoff keine gütliche Einigung, kann das Gericht das Insolvenzverfahren einleiten.
In drei Jahren schuldenfrei?
Abhängig von seinen finanziellen Möglichkeiten wäre Middelhoff dann nach drei, fünf oder spätestens sechs Jahren frei von Schulden. Die verkürzten Insolvenzverfahren gibt es erst seit letztem Jahr. Eine Restschuldbefreiung nach drei Jahren wäre möglich, wenn Middelhoff in dieser Zeit 35 Prozent der Gläubigerforderungen beglichen hätte. Außerdem müsste er die Verfahrenskosten tragen, also die Gerichtsgebühren und die Kosten des Insolvenzverwalters. Angesichts der Summen, um die es geht, wird dieser Posten nicht ganz niedrig ausfallen. Eine Verkürzung auf fünf Jahre wäre möglich, wenn zumindest die Verfahrenskosten abgezahlt werden können.
Wozu Middelhoff finanziell in der Lage wäre, wird sich zeigen, wenn der Schuldenbereinigungsplan steht. Entscheidend dürften dabei vor allem die vorhandenen Vermögenswerte sein. Denn ein nennenswertes Arbeitseinkommen wird der einstige Top-Manager im Gefängnis kaum haben. Grundsätzlich können Schuldner während der sogenannten "Wohlverhaltensphase" über Arbeitseinkünfte bis zur Pfändungsgrenze frei verfügen. Diese Pfändungsgrenze liegt derzeit bei 1049,99 Euro. Wer mehr verdient, muss aber auch nicht alles abgeben. Voll pfändbar sind erst Einkünfte, die über 3203 Euro hinausgehen.
Wovon Middelhoff derzeit lebt, ist unklar. Durchaus möglich ist, dass er schon vor Ablauf des möglichen Insolvenzverfahrens wieder arbeiten kann. In einigen Monaten wird der Bundesgerichtshof über die Revision des gestrauchelten Managers entscheiden. Kommt er dann frei, könnte er seine Chancen in Übersee suchen. Ein solcher Umzug ins Ausland wäre auch bei laufender Privatinsolvenz möglich.
Quelle: ntv.de