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Wohin mit dem Ersparten? So trotzen Sie Inflation und Niedrigzinsen

(Foto: picture alliance / dpa)

Geldanlagen mit Zinsen, die von Inflation und Steuern nicht aufgefressen werden, aber dennoch vergleichsweise sicher sind – gibt es so etwas? Na klar, sagen Vermögensverwalter. Zugegeben, das müssen sie schon von Berufs wegen tun. Orientierungslosen Anlegern können ihre Tipps aber dennoch von Nutzen sein.

Viele Anleger treibt derzeit vor allem eine Frage um: Wie halte ich im Angesicht der Krise mein Geld zusammen? Ihre Antwort: Raus aus jeglichem Risiko, hinein in vermeintlich sichere Häfen. "Private Anleger haben derzeit ziemlich geringe Erwartungen an ihre Geldanlage", sagt Jens Ehrhardt, Gründer und Vorstandsvorsitzender der Vermögensverwaltung DJE Kapital. "Viele streben nicht einmal eine Rendite an, sondern sind schon mit dem Kapitalerhalt zufrieden. Sicherheit hat für sie höchste Priorität."

Wer kein Geld für eine eigene Immobilie hat, parkt sein Geld auf Tagesgeldkonten oder kauft Staatsanleihen von vergleichsweise soliden Staaten. Klingt sinnvoll, hat nur einen Schönheitsfehler: Effektiv verliert man damit Geld. Denn die Zinsen sind in den meisten Fällen niedriger als die Inflation. "Ich halte es für durchaus realistisch, dass wir innerhalb der nächsten fünf, sechs Jahre in Deutschland eine durchschnittliche Inflationsrate von 4 bis 5 Prozent haben", sagt Philipp Vorndran, Kapitalmarktstratege der Vermögensverwaltung Flossbach von Storch. "Wenn ich da mit einem Sparbuch oder einer Bundesanleihe dagegen halte, verliere ich jedes Jahr etwa 3 Prozent Kaufkraft."

Die Steuern tun ihr Übriges. Kapitalerhalt sieht anders aus. "Um ihre Kaufkraft zu erhalten, müssen Anleger deshalb Volatilität akzeptieren", sagt Vorndran. Das klingt paradox, ist es aber nicht. "Sicherheit bedeutet doch, dass ich mein Geld zurückbekomme und die Zinsen über der Inflation liegen", erläutert er. "Und die Zinsen werden auch in absehbarer Zukunft so niedrig sein, dass real Vermögen vernichtet wird, das in vielen verzinsten Anlagen steckt."

Auf der Suche nach Qualität

Vorndran empfiehlt Privatanlegern deshalb, unter anderem auf Aktien zu setzen - und stärkere Wertschwankungen in Kauf zu nehmen. "Qualitätsaktien sind so attraktiv wie seit 30, 40 Jahren nicht mehr", sagt der Kapitalmarktstratege. "Vor allen Dingen werfen diese nachhaltige Dividenden ab. Wohlgemerkt, ich rede nicht vom Aktienmarkt insgesamt, sondern von einzelnen Papieren, die bestimmte Kriterien erfüllen." In ein privates Portfolio gehöre idealerweise auch eine selbstgenutzte Immobile und etwas Gold, ergänzt Vorndran.

Kennziffern für Aktienanleger

Die Dividendenrendite gibt an, wie hoch die Dividendenzahlung eines Unternehmens je Aktie gemessen am aktuellen Börsenkurs ist. Damit sehen Anleger, wie stark eine Aktienanlage sozusagen verzinst wird. Für aussagekräftige Berechungen wird oft nicht die letzte gezahlte, sondern die künftig erwartete Ausschüttung herangezogen. Weil die aber noch unsicher ist, können bei einer Verschlechterung der Lage hohe Dividendenrenditen auch plötzlich zusammenschrumpfen.

Die Ausschüttungsquote gibt an, wie groß der Anteil am Jahresüberschuss ist, den das Unternehmen an seine Aktionäre ausschüttet. Ist er sehr gering, können Aktionäre keine üppigen Dividendenzahlungen erwarten. Fällt die Ausschüttung dagegen sehr hoch aus, bleibt dem Unternehmen keinen Puffer für schlechte Zeiten. Im schlimmsten Falle ist die Dividendenzahlung ist nicht einmal durch ausreichende Gewinne aus dem laufenden Geschäft gedeckt.

Und was sind Qualitätsaktien? "Das Unternehmen muss seine Umsätze global generieren. Außerdem sollte es Produkte herstellen, die nicht einfach von einem cleveren Nachahmer kopiert werden können. Die Bilanz muss absolut zweifelsfrei sein, und das Unternehmen sollte ausreichend Geld in der Kasse haben." Das sei aber noch nicht alles. "Das Unternehmen ist idealerweise in einem Land beheimatet, das über ein gutes Corporate-Governance-System verfügt. Ich fühle mich viel wohler bei Konzernen, die westlichem Recht unterliegen als bei denen, die chinesischem Recht unterliegen", betont Vorndran.

"Entscheidend ist natürlich auch, dass Dividenden gezahlt werden. Idealerweise liegt die Dividendenrendite bei mindestens drei Prozent und die Ausschüttungsquote gleichzeitig bei nicht mehr als 60 Prozent des Gewinns. Damit fallen beispielsweise oftmals klassische Telekommunikationsaktien durch das Raster, da sie zwar eine hohe Dividende zahlen – aber aus der Substanz und nicht aus den Erträgen."

Kein Zweifel, diese Aktien zu finden kostet sehr viel Zeit. Doch auch wer sich ein Auto oder gar ein Haus kauft, wird sich die Entscheidung alles andere als leicht machen. Egal, wie man sein Geld auch anlegen will: Ein Gespräch mit der Verbraucherzentrale vor Ort ist immer sinnvoll.

Fonds als Alternative

Auch Hendrik Leber, Geschäftsführer von Acatis Investment, setzt auf solide Unternehmen."Denn auf wen kann ich mich verlassen? Wer vermehrt mein Geld?", fragt er. "Losgelöst davon, ob wir von Aktien, Vorzugsaktien, Fonds oder Unternehmensanleihen sprechen: Die Frage ist doch, wer prüft eigentlich mein Investment? Die Börse. Der Markt prüft ständig und fällt das entsprechende Urteil. Darum ist mein Vertrauen in den Unternehmssektor recht groß."

Wichtig sei natürlich, zu streuen, sagt Leber. "Ein Anleger muss mindestens 15 verschiedene Aktien im Depot haben, idealerweise zwischen 20 und 30 – und zwar von Unternehmen aus verschiedenen Ländern." Das sei allerdings viel Arbeit, die ein Privater kaum leisten könne. Eine Alternative sieht Leber in Fonds. "Das ist dann Busfahren statt Ferrarifahren. Aber wenn die Busfahrer gut sind, habe ich meine Streuung über die Fonds erreicht."

Fragender Blick: Händler an den Frankfurter Börse.

Fragender Blick: Händler an den Frankfurter Börse.

(Foto: REUTERS)

"Wenn ich nicht auf modische Fonds setze, sondern auf Produkte, die sich seit mehreren Jahren gut entwickeln, dann mache ich nicht viel falsch", ergänzt Leber. "Wenn die Manager erwiesenermaßen eine gute Auswahl treffen, holen die Anleger die Kosten über die Performance wieder rein."

Von Fonds hält auch Jens Ehrhardt viel. Das ist nicht überraschend, schließlich bietet sein Haus die ja auch an. "Es sprechen durchaus objektive Gesichtspunkte für Fonds", betont er und verweist auf Erfahrung, Expertise, Streuung des Risikos, Kostenvorteile – und langfristige Kursgewinne.

Schnellschnüsse vermeiden

Leber empfiehlt Anlegern, sich auch mit ETFs zu beschäftigen, also börsengehandelten Fonds, die beispielsweise einen Index abbilden. Der Vorteil für den Investor: Er streut sein Vermögen automatisch auf alle Mitglieder eines Aktienindex wie zum Beispiel dem Dax, zahlt dafür aber deutlich geringere Gebühren als bei einem klassischen, aktiv gemanagten Fonds. Bei Vermögensverwalter Vorndran stoßen ETFs dagegen auf wenig Begeisterung. "Ich bin kein Freund davon. Das widerspricht auch unserem Geschäftsmodell", sagt der Vermögensverwalter. "In der Regel kaufen Sie damit doch ganze Aktienmärkte. Und wenn Sie das tun, kaufen Sie nicht nur Qualität, sondern auch unattraktive Unternehmen."

Doch Leber sieht das etwas anders. "Ich mag zwei Typen von ETFs besonders gerne", sagt er. "Es gibt ETFs, in denen Unternehmen nicht nach Börsenwert, sondern nach Gewinn gewichtet werden. Außerdem mag ich dividendenstarke ETFs. Die sind sicher auch in den nächsten Jahren eine interessante Anlageklasse."

Egal, wie sich Anleger entscheiden – sie sollten immer verschiedene Angebote genau prüfen und miteinander vergleichen. "Wenn ich als Privatperson 20.000 Euro anzulegen habe, dann muss ich mir auch etwas Mühe geben und Zeit dafür nehmen", sagt Vorndran. "Wenn ich mir für diesen Betrag ein Auto kaufe, gehe ich ja nicht zu einem beliebigen Händler und lasse mir das erstbeste Auto andrehen. Viele machen sich monatelang Gedanken, bevor sie sich einen neuen Fernseher kaufen. Aber beim Geldanlegen denken sie, dass ein halbstündiges Beratungsgespräch bei der Bank ausreicht".

Quelle: ntv.de

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