Ratgeber

Inflation, Zinsen, Kredite So wirkt die US-Immobilienkrise

Die Immobilienkrise in den USA und die Inflation machen den Deutschen Sorgen. Die Banken misstrauen einander, der Geldfluss ist ins Stocken geraten. Das lässt natürlich auch die Kunden aufhorchen. Sie fürchten, jetzt schwieriger an Immobilienkredite heranzukommen, weil die Kreditinstitute die Zügel bei der Sicherheitsbewertung anziehen könnten. Doch das ist nicht der Fall. "Die Verfügbarkeit von Krediten ist in Deutschland unbeschränkt weiter gegeben", so Interhyp-Vorstand Robert Haselsteiner im Interview.

Auch die Sorge, dass massenweise Finanzhaie bei Deutschlands Häuslebauern auf der Türschwelle stehen, um mit aufgekauften Forderungen die Kreditnehmer zu piesacken, ist laut Haselsteiner an den Haaren herbeigezogen. Der Verkauf von Kreditforderungen sei ein ganz normales Geschäft, das aber in Deutschland noch kaum eine Rolle spiele. "Das hat mit dem breiten Markt wenig zu tun."

Doch eine Gefahr bleibt: die Inflationsrate. Diese könnte in Deutschland für steigende Zinsen sorgen. Warum das so ist, lesen Sie im Interview.

n-tv.de: Ist die Immobilienfinanzierung in Deutschland durch die Immobilienkrise in den USA schwieriger geworden?

Robert Haselsteiner: Nein. Das kann man auf keinen Fall sagen. Die Verfügbarkeit von Krediten ist in Deutschland unbeschränkt weiter gegeben. Die Banken, die hier im Immobilienfinanzierungsbereich tätig sind, haben aus unserer Sicht bisher die Kriterien nicht verschärft. Es gibt weiterhin ein aggressives Verhalten der Banken, weil in den vergangenen Jahren die Immobilienkonjunktur in Deutschland schwach war. Die Kunden profitieren von dem harten Wettbewerb. Daran hat sich seit dem Ausbruch der Immobilienkrise nichts geändert.

Hatte die US-Immobilienkrise Einfluss auf unsere Zinsentwicklung bei Baudarlehen?

Der Zinsmarkt hat nachgegeben. Durch die Immobilienkrise hat sich der Zinstrend, der nach oben gezeigt hatte, wieder umgekehrt. Auf Grund der Leitzinssenkung in den USA hat es eine deutliche Korrektur nach unten gegeben. Die Zinssenkung in den USA hat auch die Europäische Zentralbank gebremst, die Leitzinsen wie eigentlich geplant weiter zu erhöhen. Das hat dazu geführt, dass die langfristigen Baugeldzinsen gegenüber den Sommermonaten um 0,3 Prozentpunkte gefallen sind.

Auch in Deutschland gibt es immer wieder Meldungen, dass Banken und Sparkassen Kredite weiterverkaufen. Hat dies negative Folgen für den Kunden?

Man muss hier differenzieren und das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Es gibt einen Teilmarkt im Immobilienfinanzierungsbereich, der über Verbriefungen refinanziert wird. Es gibt bestimmte Banken, die Kredite nicht ewig halten und damit ihre Bilanz entlasten. Das ist ein ganz normales Geschäft und hat mit der Bereinigung von schlechten Krediten nichts zu tun, sondern stellt lediglich eine Refinanzierungsmöglichkeit dar. Das ist ein Trend, der in den USA und anderen Märkten sehr ausgeprägt ist. Dieser Trend hat hier in Deutschland begonnen Fuß zu fassen. Die Ausbreitung ist aber noch relativ überschaubar.

Bei Not leidenden Engagements ist die Sensibilität hingegen sehr hoch. Diese stammen überwiegend aus den Zeiten der "deutschen Immobilienkrise" in Ostdeutschland in den 1990er Jahren. Hier haben die Preisentwicklungen nicht gestimmt und es sind Schieflagen entstanden, die in den vergangenen Jahren von deutschen Kreditinstituten bereinigt wurden. In diesem Zusammenhang hat man viele notleidende Kreditpakete verkauft. Diejenigen, die diese Kredite gekauft haben, haben natürlich ein fundamentales Interesse, dass sie die Verwertung dieser Kreditpakete so gut wie möglich über die Bühne bringen. Das hat aber mit dem breiten Markt wenig zu tun.

Kann der Kunde für seinen Kredit einen Weiterverkauf ausschließen?

Bislang nicht. Ich könnte mir aber vorstellen, dass es in Zukunft einen geteilten Markt gibt. Der Kunde könnte einen leicht besseren Zinssatz bekommen, wenn ein Weiterverkauf möglich ist. Es ist nicht auszuschließen, dass es da eine gewisse Transparenz geben wird.

Im September ist die monatliche Teuerungsrate auf 2,4 Prozent gestiegen. Das dürfte der Europäischen Zentralbank (EZB) Sorge bereiten. Wohin geht der langfristige Zinstrend?

Die EZB hat ein klassisches Dilemma dahingehend, dass sie eigentlich die Leitzinsen konsequent erhöhen wollte, um der Inflationsgefahr entgegenzutreten. Diese Schritte nach oben wurden durch die Entwicklungen in den USA gebremst. Plötzlich ist hier eine Rezessionsgefahr für die amerikanische Wirtschaft aufgetaucht. Hiervon hängt auch die weitere Zinsentwicklung in Deutschland ab. Sollte sich herausstellen, dass die Bremsspur in den USA am Ende gering bleibt, dann würden die fundamentalen Daten auf der Inflationsseite dafür sprechen, dass die EZB die Zinsen wieder schrittweise erhöht. Wenn die Abschwächung in den USA ausgeprägter bleibt, wird man mit weiteren Zinserhöhungsschritten sicherlich sehr vorsichtig sein.

Könnte man jetzt auch auf einen bevorstehenden wirtschaftlichen Abschwung setzen und bei der Immobilienfinanzierung nur eine kurzfristige Zinsbindung eingehen?

Die Gefahr bei dieser Betrachtung ist, dass man das ganz langfristige Bild aus den Augen verliert. Wir hatten in den vergangen zehn bis fünfzehn Jahren ein Umfeld, das durch sinkende Inflationsraten gekennzeichnet war. Das lag unter anderem an der Globalisierung, die zu einer Verbilligung vieler Produkte geführt hat. Viele dieser Märkte wie China, Indien, Südamerika und Osteuropa, von deren Günstigkeit wir profitiert haben, werden jetzt erwachsener und selbst am Weltmarkt zu enormen Nachfragern. Dadurch kommt viel Bewegung in die Preise. Daher denke ich, dass die Zeit fallender, niedriger Inflationsraten grundsätzlich vorbei ist. Wir müssen in den nächsten Jahren mit höheren Inflationsraten rechnen. Das spricht dafür, dass sich die langfristigen Zinsen, die sich immer nach den Inflationszahlen und -erwartungen richten, steigen werden. Daher empfehlen wir, nicht auf noch niedrigere Zinssätze zu spekulieren sondern sich die historisch günstigen Konditionen langfristig zu sichern.

Lange Zeit war die Immobilienfinanzierung ein langfristiger, wenig flexibler Vertrag. Welche Sonderwünsche werden heute erfüllt?

Das Thema Sondertilgungsmöglichkeiten hat sich weiterentwickelt. Es gibt heute viele Anbieter, die nicht nur fünf Prozent sondern zehn Prozent Sondertilgungsmöglichkeit pro Jahr offerieren. Das bringt schon viel Flexibilität und kostet auch nichts extra. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, Tilgungsraten zu erhöhen und auch wieder herabzusetzen, um den aktuellen Verdienstmöglichkeiten gerecht zu werden. Inzwischen gibt es auch Anbieter, die eine jederzeitige Rückzahlung des Darlehens ermöglichen. Dies ist jedoch mit einem Zinsaufschlag von 0,3 bis 0,4 Prozentpunkten verbunden.

Interhyp bietet beispielsweise auch einen Vorfälligkeitsschutz an. Dieser greift unter anderem bei einem berufsbedingtem Umzug oder einer Scheidung. Gegen eine Einmalzahlung von 500 Euro bei Abschluss kann man das sonst übliche Entgelt für eine Vertragsauflösung vor Ablauf der Zinsbindung ausschalten. Eines sollte man dabei allerdings nicht vergessen. Auch wenn die Zinsbindung 15, 20 oder 25 Jahre beträgt, kann der Kreditvertrag nach zehn Jahren vom Kunden gekündigt werden. Dieses Sonderkündigungsrecht ist gesetzlich vorgeschrieben.

Viel Flexibilität gibt es auch im Bereich der Anschlussfinanzierung. Während man früher ein relativ schlechtes Angebot der bisher finanzierenden Bank bekam, ist heute ein Anbieterwechsel nach Ablauf der Zinsbindung problemlos möglich. Zwar kostet die Umschreibung bei einer Grundschuld in Höhe von 100.000 Euro zwischen 200 und 400 Euro. Durch den wahrscheinlich entstehenden Zinsvorteil spart man letztendlich aber mehrere tausend Euro. Außerdem kann man über das Konstrukt des Forwarddarlehens bis zu fünf Jahre im Voraus die Konditionen seines Darlehens neu festsetzen. Dafür ist ein Aufschlag zu zahlen, der von der Steilheit der Zinsstrukturkurve abhängig ist.

Fast kein Angestellter hat einen bombensicheren Arbeitsplatz. Trotzdem ist es für Angestellte bislang viel leichter, ein Immobiliendarlehen zu bekommen, als für Selbstständige und Freiberufler. Findet bei den Banken langsam ein Umdenken statt?

Die Machbarkeiten sind dort sicherlich gestiegen. Wir kommen aus einer Zeit so um den Jahrtausendwechsel herum wo die Banken sehr defensiv in Bezug auf Selbstständige und Freiberufler gehandelt haben. Das hat zum Teil damit zu tun, dass dort Hochrisikogruppen unterwegs waren, die sich durch die Steuerförderung mit ostdeutschen Immobilien verhoben haben. Das hat sich in den letzten zwei, drei Jahren aber wieder normalisiert. Wir sehen eine breitere Offenheit, auch Freiberufler und Selbstständige zu vernünftigen Konditionen zu finanzieren. Man muss sich allerdings darauf einstellen, dass die Kreditprüfung intensiver sein wird, als bei Angestellten. Stimmen die Gewinne, die Immobilie und steht man schon mindestens zwei Jahre auf eigenen Füßen, sollte die Finanzierung kein Problem sein.

Quelle: ntv.de

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