Trotz kranken Systems Sozialversicherung ist Pflicht
16.01.2007, 13:43 UhrVon Alexander Klement
Wer jung ist, hat selten Lust über Versicherungen nachzudenken. Doch spätestens beim Berufseinstieg sind die Sozialversicherungen Pflicht. Dazu gehören die gesetzliche Kranken-, Pflege-, Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung. Grundsätzlich sind zwar Kinder bis zum 18. Lebensjahr in der gesetzlichen Krankenversicherung mitversichert. Wer allerdings schon während einer Berufsausbildung über 350 Euro pro Monat verdient, muss sich selbst versichern. Erwerbslose Kinder sind hingegen innerhalb der Familienversicherung bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres beitragsfrei bei den Eltern mitversichert. Bei in Ausbildung befindlichen Kindern, die die Einkommensgrenze nicht überschreiten, verlängert sich die Mitversicherungszeit bis zum vollendeten 25. Lebensjahr zuzüglich eventuell geleisteter Wehr- und Zivildienste bzw. einem freiwilligen sozialen Jahr.
Eine eigene Versicherungspflicht innerhalb der Sozialversicherungen besteht auch dann nicht, wenn man einer selbständigen Tätigkeit nachgeht oder bestimmte Verdienstgrenzen überschritten werden - die aber bei Berufseinsteigern noch nicht relevant sein dürften.
Krankenversicherung
Innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung besteht die Wahlmöglichkeit zwischen mehreren Krankenkassen. Träger der Krankenkassen sind die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK), Betriebskrankenkassen, Ersatzkassen (z.B. Barmer, DAK), Innungskrankenkassen, ladwirtschaftliche Krankenkassen und Seekrankenkassen. Während das Leistungsspektrum größtenteils gleich ist, variieren die Beitragssätze. Diese liegen zurzeit zwischen rund 13 und 16 Prozent, die vom Bruttolohn direkt an die Krankenkasse abgeführt werden, wobei sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Kosten teilen. Die Versicherung bei einer günstigeren Krankenkasse kann sich also lohnen. Bei einem Beitragssatzunterschied von zwei Prozentpunkten und einem Jahresbruttolohn von 24.000 Euro spart man immerhin 240 Euro im Jahr - und das nicht nur sich selbst, sondern auch dem Arbeitgeber. Studenten, die nicht mehr über die Familienversicherung versichert sind, zahlen pauschal 47,53 Euro pro Monat für die Krankenversicherung.
Pflegeversicherung
Bei dem Wort allein denken viele nur an ältere Menschen. Aber Schicksalsschläge, schwere Krankheiten oder Unfälle können auch junge Menschen zu Pflegefällen machen. Als Ansprechpartner für die Pflegeversicherung fungieren ebenfalls die Krankenkassen. An sie führt der Arbeitgeber auch den Beitragssatz ab, der für Kinderlose 1,95 Prozent vom Bruttolohn beträgt, wo bei der Arbeitgeber sich nur mit 0,85 Prozent beteiligt. Sind Kinder vorhanden, zahlen Arbeitnehmer und Arbeitgeber jeweils 0,85 Prozent des Bruttolohns. Ansprüche können pflegebedürftige Personen geltend machen. Als pflegebedürftig gilt, wer durch körperliche, geistige oder seelische Erkrankungen oder Behinderung nicht in der Lage ist, die regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens auszuführen. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate gegeben sein. Dabei werden drei Pflegestufen unterschieden: erheblich pflegebedürftig, schwer und schwerstpflegebedürftig.
Rentenversicherung
Die gesetzliche Rentenversicherung hat ihren Namen zumindest für heutige Berufseinsteiger eigentlich nicht mehr verdient. Sie war in erster Linie als Versorgung für das Alter gedacht. Nach heutigem Recht würde Sie für junge Berufstätige in den Zwanzigern gezahlt, wenn das 67. Lebensjahr erreicht ist. Obwohl sie mit einem Beitragssatz von zur Zeit 19,8 Prozent vom Bruttolohn, den sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber teilen, die teuerste Sozialversicherung ist, dürfen nur geringe Leistungen im Alter erwartet werden. Das liegt daran, dass der Rentenversicherung ein Generationenvertrag zugrunde liegt. Das heißt, dass Beiträge, die heute von den Berufstätigen eingezahlt werden, direkt für die Rentner ausgezahlt werden. Da die Menschen aber immer älter werden und wir in Deutschland Probleme mit dem Nachwuchs haben (2005 war der geburtenschwächste Jahrgang seit Jahrzehnten), müssen immer weniger Berufstätige für einen Rentner finanziell sorgen. Daher ist es unerlässlich, dass auch jüngere Menschen schon jetzt mit der privaten Altersvorsorge beginnen, um den Lebensstandard im Alter halten zu können.
Arbeitslosenversicherung
Arbeitslosigkeit spielt in unserem Land zurzeit eine große Rolle. Mehr als jeder zehnte Erwerbsfähige ist arbeitslos - rund fünf Millionen Menschen sind ohne Job. Wer einen Job hat, muss Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zahlen. Der Beitragssatz beträgt 4,2 Prozent vom Bruttolohn; hälftig von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu tragen. Um Arbeitslosengeld I beziehen zu können, muss zuvor mindestens zwölf Monate ein versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis bestanden haben. Bemessungsgrundlage für das Arbeitslosengeld I ist der in den zwölf Monaten vor der Arbeitslosigkeit erzielte Durchschnittstagesverdienst. Hiervon werden eine Pauschale zur Sozialversicherung in Höhe von 21 Prozent sowie die entsprechende Lohnsteuer und der Solidaritätszuschlag abgezogen. 60 Prozent der dann errechneten Summe erhalten kinderlose Arbeitslose, 67 Prozent Arbeitslose mit mindestens einem Kind.
Unfallversicherung
Für Berufseinsteiger zunächst die gute Nachricht: Die Unfallversicherung zahlt der Arbeitgeber allein. Die Höhe der Beiträge richtet sich nicht nur nach dem Bruttolohn, sondern auch nach dem möglichen Unfallrisiko. Für einen Bürojobber muss also weniger gezahlt werden als für einen Gerüstbauer. Die Unfallversicherung soll Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren verhüten. Sie zahlt bei Unfällen an der Arbeitsstelle und auch auf dem Arbeitsweg. Wenn man also auf dem Weg zur Arbeit aus der Haustür tritt, ausrutscht und sich ein Bein bricht, ist die Unfallversicherung für Einkommensausfälle während der Heilbehandlung und der beruflichen Rehabilitation zuständig. Sie zahlt sogar eine Rente, wenn nicht mehr Vollzeit oder gar nicht mehr gearbeitet werden kann. Sie zahlt auch für den hinterbliebene Ehepartner und Kinder, falls der Arbeitsunfall zum Tod führt. Vorsicht ist lediglich beim Arbeitsweg geboten. Fährt man nach oder vor der Arbeit noch einen Umweg um einzukaufen, besteht kein Versicherungsschutz.
In der Summe müssen Arbeitnehmer also rund ein Fünftel des Bruttoeinkommens für die gesetzliche Sozialversicherung ausgeben - auch wenn die Leistungen für Berufseinsteiger gerade im Fall der Rentenversicherung mehr als mager ausfallen.
Quelle: ntv.de