Urteil zur Pflegestufe III Stoppuhr allein entscheidet nicht
28.02.2012, 16:55 UhrWeil für einen halbseitig gelähmten und blinden Mann ein Pflegeaufwand von 232 Minuten ermittelt worden war, wollte ihm die Kasse nicht die Pflegestufe III bewilligen. Eine "geringfügige Unterschreitung" der vorgegebenen Zeit um acht Minuten sei in diesem Fall allerdings nicht entscheidend, so das Gericht.
Über die Einstufung in die Pflegestufe III darf einem Urteil zufolge nicht allein die Stoppuhr entscheiden. Das Sozialgericht Münster korrigierte in einem jetzt veröffentlichten Urteil eine Entscheidung der Pflegekasse. Die Kasse muss einem halbseitig gelähmten und blinden Mann Leistungen der Pflegestufe III bewilligen, obwohl er die für die höchste Stufe notwendige Pflegezeit von täglich 240 Minuten nicht erreicht hatte. Das Urteil (Az.: S 6 P 135/10) ist nicht rechtskräftig.
Ein Sachverständiger hatte für den Mann aus dem Kreis Warendorf einen täglichen Pflegeaufwand von 232 Minuten ermittelt. Eine solche "geringfügige Unterschreitung" um acht Minuten dürfe nicht allein zum Scheitern der Pflegestufe führen, entschied das Gericht. Es verwies auf die Kritik von Pflegewissenschaft und Pflegepraxis, nach der die gesetzlich vorgesehene zeitliche Bemessung des Pflegeaufwands eine "scheinrationale Größe" sei.
In 240 Minuten soll die Grundpflege eines Schwerpflegebedürftigen möglich sein. Dazu gehören 15 Tätigkeiten vom Waschen und Zähneputzen über den WC-Besuch bis zur Hilfe beim Treppensteigen. Hätte der Gutachter bei jeder Tätigkeit ungefähr eine halbe Minute mehr angesetzt, wäre er zu einem anderen Ergebnis gekommen, sagte ein Gerichtssprecher. "Der Aufwand hängt auch von der Tagesform ab."
Quelle: ntv.de, dpa