Krankmacher am Arbeitsplatz Stress und Unsicherheit
21.02.2007, 15:56 UhrExperten der Europäischen Kommission warnen vor neuen Gesundheitsgefahren am Arbeitsplatz. Wirksame Mittel gegen zunehmenden Stress am Arbeitsplatz oder Krebserkrankungen seien bisher aber nicht in Sicht, sagte EU-Sozialkommissar Vladimir Spidla am Mittwoch in Brüssel. "Wir brauchen da eine wissenschaftliche Lösung, und die fehlt uns noch", betonte Spidla. Positiv hob der Kommissar hervor, dass die Zahl tödlicher Arbeitsunfälle in den Jahren 2002 bis 2004 um 17 Prozent gesunken sei.
Zugleich litten fast 28 Prozent der Beschäftigten in Europa nach jüngsten Umfragen an Krankheiten, die sie auf ihre Arbeitsbedingungen zurückführen. Und 35 Prozent meinten, ihr Job gefährde die Gesundheit. Die Brüsseler Behörde setzte sich zum Ziel, die Zahl der Berufskrankheiten und Arbeitsunfälle im Zeitraum 2007 bis 2012 um 25 Prozent zu senken. Neue Entwicklungen am Arbeitsmarkt vergrößern die Risiken nach Einschätzung der Kommission aber weiter.
Besonders gefährdet sind nach Erfahrung der Fachleute junge Arbeitnehmer ebenso wie die Gruppe der älteren Beschäftigten und Menschen in unsicheren Arbeitsverhältnissen. In Zukunft werde aber die Zahl älterer Arbeitnehmer steigen, weil die Gesellschaft insgesamt altere. Mehr und mehr Menschen dürften demnach auch als Selbstständige, in ausgegliederten Betrieben und kleinen und mittleren Unternehmen arbeiten. Dort werde meist weniger für die Gesundheit der Beschäftigten getan. Zudem rechnet die Kommission mit mehr Einwanderern, die ebenfalls stärker gefährdet seien.
Weil die Zahl arbeitender Frauen steige, müssten deren besondere Bedürfnisse am Arbeitsplatz besser berücksichtigt werden. Die Behörde weist zugleich darauf hin, dass Haltungsschäden und Ansteckungen zunehmen. Auch von Stress verursachte Krankheiten kämen häufiger vor. Spidla forderte die Sozialpartner zum Handeln auf, eigene Vorgaben plant er derzeit nicht. Die Art der Gefahren am Arbeitsplatz ändere sich mit der beschleunigten Innovation. Die Kommission nennt in diesem Zusammenhang die "Gewalt bei der Arbeit, einschließlich sexueller und psychologischer Belästigung, und Sucht".
Allein die Arbeitsunfälle haben Spidla zufolge im Jahr 2000 einen wirtschaftlichen Schaden von 55 Milliarden Euro nach sich gezogen. Jährlich müssen 350.000 Beschäftigte nach einem Arbeitsunfall in eine andere Tätigkeit wechseln, stellte das Europäische Statistikamt in seiner aktuellsten Aufstellung zum Thema im Jahr 1999 fest. 300.000 Menschen trügen bleibende Schäden unterschiedlicher Schwere davon. Etwa 15.000 könnten nie wieder einer Arbeit nachgehen. Spidla will Grenzwerte für Krebs erregende Stoffe festlegen, sobald die wissenschaftliche Forschung dafür eine verlässliche Grundlage biete.
Quelle: ntv.de