Ratgeber

Werbungskosten von morgen Studienkosten senken die Steuerlast

Auch Studenten können Steuern sparen. Und nicht nur dann, wenn sie während ihrer Ausbildung Geld verdienen, sondern vor allem auch während ihrer ersten Berufsjahre. Hier gibt es wertvolle Tipps für angehende Akademiker.

Auch für Studenten lohnt sich eine Steuererklärung. Beim Erststudium können sie bis zu 6000 Euro als Sonderausgaben absetzen. Ausgaben für ein Zweitstudium werden als Werbungskosten anerkannt. Foto: Mascha Brichta

Auch für Studenten lohnt sich eine Steuererklärung. Beim Erststudium können sie bis zu 6000 Euro als Sonderausgaben absetzen. Ausgaben für ein Zweitstudium werden als Werbungskosten anerkannt.

(Foto: dpa-tmn)

Auch für Studenten lohnt sich eine Steuererklärung. Dabei unterscheidet der Gesetzgeber zwischen ein em Erststudium in der Erstausbildung und allen weiteren Studiumsarten. Ein Student, der vor seinem Studium eine berufliche Erstausbildung abgeschlossen hat, kann die gesamten Kosten für sein komplettes Bachelor- und Masterstudium und gegebenenfalls sein Medizinstudium als vorweggenommene Werbungskosten absetzen. 

Soweit die Studienkosten die jeweiligen Einkünfte (von gegebenenfalls null) übersteigen, entsteht Jahr für Jahr ein steuerlich anzuerkennender Verlust. Dieser lässt sich über die Studienjahre kumulieren und erreicht beispielsweise bei angehenden Ärzten, unter anderem wegen der als Auswärtstätigkeit abrechenbaren Famulatur- und sonstigen Praktikumszeiten, nicht selten einen Betrag von 50.000 Euro und mehr. Ähnlich hohe Beträge ergeben sich bei Auslandssemestern und Studiengebühren. Dank der Verrechnung dieser Verluste mit dem lohnsteuerpflichtigen Einkommen in der Steuererklärung führt dies nach dem Berufseinstieg mitunter zur weitgehenden oder völligen Steuerfreistellung in den ersten ein bis zwei Berufsjahren in Deutschland.

Nur diejenigen, die vor oder während dem Studium keine Erstausbildung abgeschlossen haben, müssen sich nach derzeitigem Gesetzesstand mit dem auf 6000 Euro begrenzten Sonderausgabenabzug für Berufsausbildungskosten begnügen, für die kein Verlustvortrag möglich ist.

Doch auch für diese Gruppe der Erststudierenden in der Erstausbildung gibt es neue Hoffnung, denn durch den Beschluss des Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vom 17.12.2013, 1-BvL 5/08 haben sich nach Meinung von Experten die Chancen erheblich erhöht, dass das im Dezember 2011 mit Rückwirkung bis 2004 geänderte Gesetz verfassungswidrig ist. Um für die Betroffenen die Rechte für den Fall einer positiven Entscheidung zu wahren, ist es notwendig, die Bescheide "offen zu halten", also gegen ablehnende Bescheide mittels Einspruch und Antrag auf Aussetzung und Ruhen des Verfahrens vorzugehen. Da das Ob und Wann einer Entscheidung des BVerfG noch nicht feststeht, muss man sich dabei auf eines der derzeit neun anhängigen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) berufen, mit denen die Steuerpflichtigen eine Gleichstellung von Erststudiumskosten mit und ohne Erstausbildung begehren.

Festzuhalten ist, dass das Masterstudium immer als Zweitstudium gilt und alle damit verbundenen Kosten als Werbungskosten geltend gemacht werden können.

Weitere wichtige Fragen und Antworten:

Was kann bei einem Erststudium ohne abgeschlossene berufliche Erstausbildung steuerlich geltend gemacht werden?

Wer direkt nach dem Abitur zum ersten Mal studiert und vor dem oder während des Studiums keine berufliche Erstausbildung abgeschlossen hat, kann seine Studienkosten nur als Sonderausgaben absetzen - allerdings nur bis zu 6000 Euro und nur im laufenden Jahr. Der Unterschied von Sonderausgaben zu Werbungskosten liegt darin, dass Sonderausgaben nicht aufgespart und als Verluste kumuliert und später geltend gemacht werden können. Da sich Sonderausgaben erst über dem Grundfreibetrag von 8354 Euro (2014) auswirken können und Studenten selten mehr verdienen, ist die Steuerersparnis in der Regel allenfalls gering.

Wann ist eine berufliche Erstausbildung abgeschlossen und gibt es auch eine Kurzausbildung?

Die frühere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist überholt, nach der eine abgeschlossene berufliche Erstausbildung nur bei einem Beruf nach Berufsbildungskatalog mit mindestens zweijähriger Ausbildungsdauer vorgelegen hat (zum Beispiel Rettungsassistent). Heute gilt eine berufliche Erstausbildung bereits bei drastisch kürzerer Ausbildungsdauer von nur wenigen Monaten als abgeschlossen, wenn sie Berufswissen vermittelt und auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet ist. Das gilt zum Beispiel auch für die gut dreimonatige Ausbildung zum Rettungssanitäter, mit der oftmals die Wartezeit auf einen Studienplatz in Medizin überbrückt wird (BFH v. 27.10.2011, Az: VI R 52/10), aber auch für die fünfmonatige Ausbildung zur Flugbegleiterin mit firmeninterner Prüfung (vgl. BFH v. 28.02.2013, Az.: VI R 6/12). Analog müsste dies auch für den Taxi- oder Lkw-Führerschein gelten, wenn damit Einkünfte erzielt wurden.

Welche Studienkosten werden vom Finanzamt berücksichtigt?

Besonders hohe Studienkosten entstehen vor allem dann, wenn die Unterkunftskosten am Studienort absetzbar sind und/oder Studiengebühren an privaten Hochschulen und Universitäten im In- und Ausland zu bezahlen waren. Aufgrund der bis einschließlich 2013 geltenden Absetzbarkeit der Studienkosten nach Dienstreisekostengrundsätzen werden neben der Abrechnung der Fahrten zur Universität mit 0,30 Euro je gefahrenem Kilometer (= 0,60 Euro je Entfernungskilometer) in vielen Fällen auch die Unterkunftskosten am Studienort absetzbar sein. Da die Universität bis einschließlich 2013 als auswärtiger Tätigkeitsort gilt, sind zudem Verpflegungsmehraufwendungen absetzbar, doch wachsen über die Studienjahre auch die übrigen typischen Studienkosten für Arbeitsmittel wie Computer oder Mobilteefon zu nicht zu unterschätzenden Beträgen an.

Mit der neuen Reisekostenverordnung gelten strengere Kriterien, die insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an die Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung vorausschauend zu beachten sind, wenn weiterhin die Unterkunftskosten am Hauptstudienort absetzbar sein sollen.

Was tun, wenn keine Belege mehr vorhanden sind?

In vielen Fällen helfen hier die Pauschalen, doch sind die von der Bank noch einholbaren Kontoauszüge wichtiges Beweismaterial, um beispielsweise die Mietzahlung für die Unterkunft am Ausbildungs-, Praktikums- und Studienort nachzuweisen.

Warum es sich lohnt, jetzt noch die Steuererklärungen ab 2010 und die Folgejahre nachträglich zu erstellen

Einkommenssteuererklärungen können rückwirkend für bis zu vier Jahre abgegeben werden. Dies bedeutet, dass bis Ende 2014 noch alle Erklärungen bis einschließlich 2010 nachträglich eingereicht werden können. Fehlende Belege werden vielfach durch Pauschalen ersetzt beziehungsweise lassen sich die Kosten über die Kontoauszüge nachweisen. Unmittelbare Steuerrückerstattungen können zum Beispiel diejenigen erreichen, die bereits seit 2013 einen Beruf ausüben, weil hier bei Vorliegen die Verluste 2010 bis 2012 sogleich mit dem lohnversteuerten Einkommen verrechnet werden können.

Aber auch denjenigen, die bereits seit 2012 arbeiten und für die letzten beiden Studienjahre 2010 und 2011 noch keine Steuererklärungen abgegeben haben, kann noch mit der Nacherstellung dieser beiden fehlenden Erklärungen zu einer Verlustverrechnung und einer damit verbundenen Steuerrückerstattung verholfen werden. Alle Studenten, die erst künftig ihr Studium abschließen, sollten ihre rückwirkend seit 2010 kumulierbaren Verluste für die ersten ein bis zwei Jahre des künftigen Berufseinstiegs konservieren.

Im Hinblick auf die noch ausstehenden Entscheidungen bezüglich der derzeit beim BFH anhängigen Verfahren und der denkbaren Entscheidung des BVerfG zur möglichen Verfassungswidrigkeit der letzten Gesetzesänderung vom Dezember 2011, sollten sich auch die Studenten in der Erstausbildung nicht von der Geltendmachung ihrer Kosten abschrecken lassen. Analog zur 12 Jahre rückwirkenden Entscheidung des BVerfG zur Gewährung des Splittingtarifs für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften kann nämlich im Fall einer positiven Entscheidung nur derjenige profitieren, der seine Bescheide "offen gehalten" hat.

Raymond Kudraß ist Inhaber einer Einzelkanzlei in München und auf die Absetzbarkeit von Studienkosten spezialisiert. Nähere Informationen erhalten Sie unter www.kanzlei-kudrass.de.

Quelle: ntv.de

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