Ratgeber

Höchstrichterliches Urteil Urlaubsgeld trotz Krankheit

Arbeitnehmer verlieren nicht ihre Urlaubsansprüche, wenn sie wegen einer Krankheit aus dem Job ausscheiden und ihre freien Tage deshalb nicht nehmen können. Das ergibt sich aus einem aktuellen Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg (Az.: C 350/06 und C 520/06). Nicht genommener Urlaub ist demnach finanziell abzugelten, wenn Angestellte bis zur Verrentung oder der Kündigung dauerhaft erkranken.

"Das ist ein Hammer - die Regelungen hierzulande sind bisher nämlich ganz anders", sagte Rechtsanwalt Jobst-Hubertus Bauer in einem Gespräch mit der dpa. Nach deutschem Recht verfällt der Urlaubsanspruch, wenn Arbeitnehmer erkranken und deshalb ihre freien Tage bis zum 31. März des Folgejahres nicht nehmen können. Das Bundesarbeitsgesetz sieht nach Ablauf dieser Frist auch keinen finanziellen Ausgleich für nicht genommenen Urlaub vor.

Keine Arbeit, kein Urlaub?

"Die Logik war bisher: Wenn einer keinen Urlaub nehmen konnte, gab es auch nichts abzugelten", so Bauer. "Das ist mit dem Urteil jetzt anders: Wer künftig nach jahrelanger Krankheit aus der Firma ausscheidet, kann dann noch Geld für ausstehenden Urlaub fordern - auch wenn er in dieser Zeit gar nicht mehr gearbeitet hat." Auch wer im Laufe eines Urlaubsjahres erkrankt und dann noch Resturlaub übrig hat, könne sich diesen in solchen Fällen auszahlen lassen.

Zur Klärung der Sache hatte unter anderem das Landesarbeitsgericht Düsseldorf den EuGH angerufen. Er bewertete die deutschen Verfallsregeln für Urlaubsansprüche jetzt als unzulässig, weil sie den Richtern zufolge der EU-Richtlinie 2003/88 widersprechen. Demnach sei ein Verlust des Urlaubsanspruchs nur dann gerechtfertigt, wenn Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit hatten, ihren Urlaub zu nehmen. Das sei aber nicht der Fall, wenn sie dauerhaft erkrankten.

"Völliger Käse"

In solchen Fällen stehe ihnen daher für nicht genommenen Urlaub ein finanzieller Ausgleich zu, urteilte der EuGH. "Als rechnerische Grundlage gilt hierbei aber nur der vierwöchige Mindesturlaub, wie ihn die EU- Richtlinie vorsieht", sagte Bauer. "Das entspricht aber immerhin fast einem Monatsgehalt."

In der Praxis dürfte das Urteil aber nicht nur Positives für Arbeitnehmer bringen. "Unterm Strich ist das völliger Käse - letztlich wird das nur dazu führen, dass sich Firmen schneller von Dauerkranken trennen werden, um solche Kosten zu vermeiden", fürchtet Bauer.

Quelle: ntv.de

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