Zertifikate sind beliebt Versteckte Kosten trüben Bild
15.03.2007, 08:18 UhrEigentlich sind es goldene Zeiten für die Zertifikate-Industrie. Die Branche wächst rasant und die Gewinne der Emittenten sprudeln. Doch zunehmend melden sich auch Kritiker zu Wort. Sie halten nicht nur die Produkte für zu kompliziert, sondern monieren auch vor allem hohe Kosten, die für Anleger kaum zu erkennen sind.
Einen groben Kostenüberblick haben die meisten Anleger, einen tiefen Einblick in die Welt der Zertifikate hingegen fehlt. Anlegerschützer wie Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz sind der Überzeugung, dass dies auch nicht möglich ist. Er beklagt vor allem die fehlende Transparenz bei den Kosten. "Es ist unmöglich zu sagen, wie hoch der Anteil der Verkaufsprovisionen, Managementprovisionen sowie eventueller Handelsprovisionen ist. Zudem gibt es versteckte Kosten wie Opportunitätskosten", so Kurz.
Kosten - verstecken sich zum Beispiel hinter der Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufskurs, dem sogenannten Spread. Diese Kosten steigen mit dem Marktrisiko. Je riskanter der Basiswert, desto mehr Geld benötigen die Banken zur Absicherung ihrer Produkte - und desto höher die Kosten, die an den Anleger weitergegeben werden. Bei Investments in Märkte der Schwellenländer müssen Anleger also mit höheren Spreads rechnen als beispielsweise bei Indexzertifikaten auf den Dax, die oft sogar ganz ohne Handelsspanne auskommen.
Zahlen müssen Anleger auch Ausgabeaufschlag und Managementgebühr - doch längst nicht für jedes Zertifikat, wie Heiko Weyand von HSBC Tinkaus & Burkhardt erklärt: "In Deutschland gibt es eine relativ geringe Anzahl an Zertifikaten, die ähnlich wie Fonds eine Management-Gebühr verlangen. Dies ist besonders dann der Fall, wenn eine ständige Anpassung in einem Zertifikat stattfindet." Ein Ausgabeaufschlag findet besonders dann Anklang, wenn es sich um Zeichnungsprodukte handelt. Hier gehen Experten davon aus, dass die Produkte, die einen Ausgabeaufschlag oder eine Managementgebühr verlangen, maximal ein Prozent des Marktes ausmachen.
Zins- und Dividendenzahlungen entgehen Anlegern
Stärker zu Buche schlagen die indirekten Kosten, zum Beispiel der Verzicht auf Dividenden Je nach Basiswert beträgt die jährliche Gewinnausschüttung mehr als drei Prozent. Wer sein Geld in ein Zertifikat angelegt hat, geht in der Regel leer aus. "Ich denke, die Kunden rechnen immer nur in Kurssteigerungen. Aber gerade bei Substanzwerten - wenn man zum Beispiel in den Dax investiert - machen Dividenden einen großen Teil des Gewinns aus", meint Kurz.
Bezahlen müssen Zertifikate-Investoren auch für den bankinternen Vertrieb. Wie hoch der Anteil des Anlegergeldes ist, den Banken dafür abzweigen, um ihre Produkte an den Mann zu bringen, erfahren Investoren nicht. Genauso undurchsichtig ist das Pricing der Papiere. "Preise von Zertifikaten hängen von unterschiedlichen Faktoren wie beispielsweise Dividendenanpassungen und Zinsänderungen vor allem aber die permanenten Kursschwankungen oder auch die sehr starke Volatilität, die sich am Markt entsprechend schnell ändert, ab. Das bedeutet auch, dass ein und derselbe Preis und ein und dasselbe Zertifikat von unterschiedlichen Anbietern vermutlich leicht abweichend gepreist wird", erläutert Weyand.
Blackbox Zertifikat? Einen klareren Blick zumindest auf sämtliche Vertriebsprovisionen soll eine europäische Finanzdienstleistungsrichtlinie bringen. Bis diese in Kraft tritt, vergehen allerdings noch Monate (November 2007). Ein großer Wurf ist sie ebenfalls nicht aber immerhin ein Anfang. Anleger müssen also weiterhin jedes einzelne Zertifikat genau unter die Lupe nehmen.
Quelle: ntv.de