Ratgeber

Schichten, Dienstplan, Überstunden Was darf der Chef verlangen?

Eine Grippewelle legt die Kollegen flach oder ein wichtiges Projekt muss dringend zum Abschluss gebracht werden - in solchen Fällen sind Firmen darauf angewiesen, dass Mitarbeiter ihr Privatleben hintanstellen und kurzfristig Einsatz zeigen. Doch müssen Arbeitnehmer da überhaupt mitmachen?

Lieber länger im Büro, als den Stress noch mit nach Hause nehmen. Foto: Oliver Berg

Gerade bei gut dotierten Stellen wird in der Regel auch die Bereitschaft zu Überstunden erwartet.

Der "Nine to Five"-Job wird seltener: Jeder vierte Beschäftigte in Deutschland arbeitet nicht zu festen Zeiten, sondern im Schichtbetrieb:  früh, spät, nachts oder am Wochenende. Hinzu kommen - auch in "normalen" Jobs - zahlreiche Überstunden, im Jahr 2012 waren es rund 1,4 Milliarden. Diese Einsätze fordern Arbeitnehmern nicht nur Stressresistenz ab, sondern auch Flexibilität. Doch wie weit muss die gehen? Dürfen Arbeitgeber spontan Überstunden anordnen oder kurzfristig den Dienstplan umwerfen?

Arzttermine, Friseurbesuche, Treffen mit Freunden - Arbeitnehmer, die im Schichtdienst beschäftigt sind, können ihre Freizeitaktivitäten erst dann planen, wenn der Dienstplan da ist. Eine gesetzliche Frist, wann der Plan vorzuliegen hat, gibt es nicht, allerdings hat der Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitern und muss auf deren Privatleben Rücksicht nehmen. Das heißt auch, dass der einmal aufgestellte Dienstplan nicht ohne weiteres über den Haufen geworfen werden kann. Ein Dienstplan "unter Vorbehalt" ist ungültig.

Änderungen nur im Notfall

Nun liegt es in der Natur von Plänen, dass sie nicht immer funktionieren. Wenn Kollegen krank werden oder aus anderen Gründen spontan ausfallen, entstehen Lücken. Bei "konkreten Notlagen" darf der Chef Änderungen vornehmen - dabei ist er aber auch auf das Wohlwollen der Mitarbeiter angewiesen und muss natürlich auch hier seiner Fürsorgepflicht nachkommen. Nach der Spätschicht gleich einen Frühdienst anzuordnen, verbietet sich von selbst. "Ohne eine angemessene Ankündigungsfrist muss man keine Umstellungen hinnehmen", sagt Anne Kronzucker von der D.A.S. Rechtsschutzversicherung. Als angemessen gelten nach einem aktuellen Urteil des  Arbeitsgerichts Berlin in der Regel vier Tage (Az. 28Ca 10243/12).

Ist die dünne Personaldecke Dauerzustand, darf das nicht zum Problem der Mitarbeiter werden. Denn ein allgemeiner Personalmangel ist kein Notfall, stattdessen hat die Firma für eine ausreichende Besetzung der Schichten zu sorgen. Ein "Gewohnheitsrecht" auf bestimmte Dienstzeiten haben Arbeitnehmer übrigens nicht. Wer etwa monatelang im Spätdienst arbeitet, kann sich nicht darauf verlassen, dass das so bleibt. Grundsätzlich kann er auch zu anderen Zeiten eingesetzt werden, wenn der Arbeits- oder Tarifvertrag keine anderen Regeln vorsieht.

Überstunden mit Ankündigung

Was für Schichten gilt, das gilt auch für Überstunden: Sie müssen planbar sein. Grundsätzlich darf der Chef zwar Mehrarbeit anordnen, wenn dies aus betrieblicher Sicht nötig ist - etwa wenn ein Auftrag dringend fertig werden muss oder auch wenn ein Kollege krank geworden ist. Hier dürften sich die wenigsten Mitarbeiter verweigern, außer es gibt dringende private Termine. Auf solche Verpflichtungen müssen Arbeitgeber Rücksicht nehmen, sagt Anne Kronzucker: "Tatsächlich müssen auch Überstunden vom Chef mit einer angemessenen Frist angekündigt werden. Zwei Stunden vor Beginn der Überstunden reichen nicht aus."

Auch für die Ankündigung von Überstunden gibt es keine verbindlichen gesetzlichen Vorschriften, wohl aber einige Urteile. Und die orientieren sich meist an der gesetzlichen Vorwarnfrist für Teilzeitarbeiter, mit denen "Arbeit auf Abruf" vereinbart ist: Laut Teilzeit- und Befristungsgesetz beträgt diese vier Tage. Die Vorwarnfrist gilt selbst dann, wenn im Arbeitsvertrag eine generelle Verpflichtung zu Überstunden geregelt ist. Bei echten Notfällen darf der Arbeitgeber aber auch spontan zur Arbeit rufen. Verweigert ein Arbeitnehmer kurzfristig angeordnete Überstunden, darf ihm nicht fristlos gekündigt werden, wie das Landesarbeitsgericht Hessen entschieden hat (Az. 3 Sa 2222/04).

Keine Arbeit, trotzdem Geld

Manchmal gibt es in einer Firma nicht zu viel, sondern zu wenig Arbeit - oder es sind nicht genügend Arbeitsplätze frei. Liegt ein Planungsfehler vor, kann einen der Chef nicht einfach nach Hause schicken und auf eine andere Arbeitszeit vertrösten. Anders liegt der Fall, wenn beispielsweise eine Maschine kaputtgegangen ist und es für den Mitarbeiter nichts zu tun gibt. Dann kann der Mitarbeiter weggeschickt werden. Das Gehalt muss aber weiterfließen.

Quelle: ntv.de, ino

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