Ratgeber

Deutschland verklagt EU Worum geht's im Spielzeugstreit?

Kinder müssen vor gesundheitsschädlichen Stoffen geschützt werden - darin sind sich alle einig. Doch wie genau sollen Grenzwerte für Spielzeug aussehen? Darüber gehen die Ansichten weit auseinander.

Spielzeug kommt oft mit den Schleimhäuten in Kontakt, umso wichtiger, dass es unbedenklich ist.

Spielzeug kommt oft mit den Schleimhäuten in Kontakt, umso wichtiger, dass es unbedenklich ist.

(Foto: Stiftung Wartentest)

Sie können im glitzernden Puppenkleid stecken oder in bemalten Ritterfiguren: Chemikalien und Schwermetalle wie Blei und Quecksilber, bei denen Eltern und Gesundheitsexperten sofort hellhörig werden. Denn Spielzeug kommt gerade kleinen Kindern so nahe wie sonst kein Produkt - schnell landet ein Kunststoffauto im Mund. Deutschland geht jetzt auf Konfliktkurs mit der EU-Kommission und will strengere Schutzregeln vor Gericht durchsetzen. Dabei gelten Grenzwerte in erster Linie als vorsorgliche Sicherheitsinstrumente.

Um welche riskanten Stoffe geht es überhaupt?

Bei Untersuchungen sind Schadstoffe in Spielzeug schon wiederholt auffällig geworden. So entdeckte die Stiftung Warentest Ende vergangenen Jahres etwa krebserregende Weichmacher, die Kunststoff griffiger machen. Manche Substanzen dünsten nach und nach aus, andere lösen sich durch Reibung. Gefunden wurde zum Beispiel allergieauslösendes Nickel. Manche Farbmischungen enthielten Blei, das negativ auf die Intelligenz wirken kann. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) nahm daneben auch Duftstoffe ins Visier und mahnte, in Produkten für kleine Kinder unter drei Jahren sollten sie tunlichst tabu sein.

Worum geht es der Bundesregierung?

Die Bundesregierung ringt schon länger mit Brüssel, weil sie abweichend von einer seit Sommer 2011 geltenden Spielzeugrichtlinie strengere nationale Grenzwerte für bestimmte Stoffe behalten will. Mit einem entsprechenden Antrag kam Berlin aber bei der EU-Kommission nicht wie gewünscht durch - und will das nun per Klage vor Gericht erzwingen. "Es wäre absurd, wenn die neue Richtlinie dazu führen würde, dass Kinder mehr Schadstoffen ausgesetzt sind als bisher", sagt Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU). Eingereicht werden soll die Klage nächste Woche - in der Sache ist aber noch Zeit. Die strittigen EU-Vorgaben sollen erst ab Juli 2013 gelten.

Wie sind die Grenzwerte zu beurteilen?

Nach deutscher Lesart droht mit den EU-Plänen eine Verwässerung des Schutzniveaus. Dabei sind die Daten nicht einfach miteinander zu vergleichen. Bisheriges Kriterium war, welche Menge der Körper eines Kindes am Tag höchstens aufnehmen sollte. Neuer Maßstab ist, wie viel von einem Schadstoff sich bei Körperkontakt aus einem Kilo Spielzeug löst. Dies mitbetrachtet, ergäben sich um ein Vielfaches höhere Limits, heißt es in Berlin - stark etwa beim Stoff Antimon. Dabei raten die BfR-Experten generell zu der Maxime: "So weit reduzieren wie vernünftigerweise erreichbar." Durch höhere Grenzwerte drohten zwar derzeit keine Gesundheitsbeeinträchtigungen. Die schärferen Werte seien von den Herstellern aber einzuhalten und etabliert.

Was sagt die EU-Kommission?

Die EU-Kommission hält die europäischen Standards für ausreichend. Grund der Klage müsse wohl ein "Missverständnis" sein, heißt es in Brüssel. Deutsche Grenzwerte seien keinesfalls durchweg niedriger. In Flüssigspielzeug wie Seifenblasen ließen die deutschen Vorgaben zum Beispiel mehr als das 27-fache an Arsen zu. Die EU-Werte berücksichtigten stärker, wie wahrscheinlich es sei, dass Gift vom Spielzeug in den Körper eines Kindes gelangt. Dies hänge davon ab, ob das Spielzeug fest oder flüssig sei und ob die Oberfläche leicht abschabe. "Wenn einer auf die Kinder nicht richtig aufpasst, dann ist es nicht die Kommission", meint ein Beamter.

Quelle: ntv.de, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen