Baden-Württemberg Friseur gewinnt im Streit um Corona-Hilfe
09.10.2025, 11:22 Uhr
(Foto: Jason Tschepljakow/dpa)
Der Friseur Holger Schier aus Heidenheim an der Brenz sollte mehr als 10.000 Euro aus der Corona-Soforthilfe des Landes zurückzahlen. Nun hat er erneut recht bekommen vor Gericht.
Mannheim/Heidenheim (dpa/lsw) - Holger Schier ist natürlich mitten im Haarschnitt, als die gute Nachricht kommt. "Wir haben gefeiert im Salon", sagt der Friseur aus Heidenheim an der Brenz. "Alle haben gejubelt und geklatscht."
Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hat im Streit um die Rückzahlung von Corona-Soforthilfen dem Unternehmer recht gegeben. Er muss demnach die geforderten 10.424 Euro aus der Zeit der Corona-Pandemie nicht an das Land zurückzahlen.
Schier ist einer von fünf Unternehmern, die gegen Rückzahlungsbescheide von Corona-Soforthilfen durch die L-Bank geklagt und vom VGH recht bekommen haben. Für Schier ist es bereits der Sieg in zweiter Instanz.
Die L-Bank war gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Stuttgart in Berufung gegangen. "Ich war felsenfest überzeugt, dass es nicht anders ausgehen kann", sagt Schier nach dem Urteil. Schon beim Verwaltungsgericht in Stuttgart hätten sie klar gewonnen.
In einem weiteren Fall verlor ein Fahrschulbetreiber vor dem Verwaltungsgericht. Er muss die Unterstützung durch das Land zurückzahlen.
Begründungen für die Urteile werden für November erwartet
Die Urteile des VGH sind noch nicht rechtskräftig. Die Begründungen für die Urteile werden laut Gericht erst im November vorliegen. Die L-Bank wollte sich zunächst nicht zu den Entscheidungen äußern.
Bei den sechs Fällen handelt es sich um Musterfälle, die laut Gericht beispielhaft für Hunderte andere Verfahren geführt werden. Diese ruhen derzeit. Aktuell sind laut L-Bank noch rund 1.400 Klagen von Unternehmern gegen Rückforderungen anhängig.
Friseur kritisiert Umgang mit Unternehmern durch das Land
"Wie hier mit den Unternehmen umgegangen wird, ist unfassbar", kritisiert Schier die Rückforderungen. Er habe sich auch schriftlich an Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) gewandt - eine inhaltliche Antwort habe er nicht erhalten. "Ich meine, es geht jetzt hier nicht um einen kleinen Fall, sondern es geht hier um echte Wirtschaftspolitik."
Das Land Baden-Württemberg zahlte nach Angaben der L-Bank während der Pandemie rund 245.000 Corona-Soforthilfen in Höhe von insgesamt rund 2,3 Milliarden Euro an Unternehmer und Selbstständige aus.
Im Jahr 2021 verlangte die L-Bank von allen betroffenen Unternehmern eine Abrechnung, "ob und gegebenenfalls in welcher Höhe sich ein Rückzahlungsbedarf für Ihre Soforthilfe ergibt", wie der Verwaltungsgerichtshof schreibt. Die L-Bank forderte nach eigenen Angaben in rund 117.000 Fällen insgesamt rund 862 Millionen Euro zurück.
Unternehmer sehen Soforthilfe als Zuschuss
Die L-Bank argumentierte grundsätzlich, die Soforthilfen seien auf der Grundlage von Prognosen gewährt worden. Im Nachhinein habe überprüft werden müssen, ob die Vorhersagen auch tatsächlich so eingetreten seien.
Die Unternehmer verwiesen dagegen unter anderem darauf, dass die Soforthilfe als Zuschuss deklariert worden sei und nicht als Darlehen. Ein Grund für die Gewährung der Soforthilfe seien Umsatzeinbrüche gewesen.
Das Gericht entschied in vier Fällen, in den Bescheiden sei nicht ausreichend erkennbar gewesen, dass im Nachhinein belegt werden müsse, dass über einen Zeitraum von drei Monaten die Ausgaben höher gewesen waren als die Einnahmen. Im Fall eines Winzers aus Freiburg sei dies zudem gegeben gewesen. Dieser hatte einen anders formulierten Bescheid erhalten.
Rückforderung über 10.424 Euro von der L-Bank
Friseur Schier bekam 15.000 Euro Corona-Soforthilfe während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 vom Land ausgezahlt - später verlangte die L-Bank von ihm 10.424 Euro zurück. "Allein den Umsatzeinbruch haben wir zu 100 Prozent erfüllt", sagte Schier vergangene Woche vor Gericht. Monatlich mache der Salon mit seinen 16 Mitarbeitern 45.000 Euro Umsatz. Damals habe er keinerlei Umsatz gehabt. Die Corona-Soforthilfe von 15.000 Euro sei innerhalb von zwei Wochen aufgebraucht gewesen.
Der 56-Jährige würde sich wünschen, dass mit dieser Entscheidung der Rechtsstreit beendet ist. Aber: "Es bleibt ja trotzdem total ungerecht", sagt er. "Jeder, der zurückgezahlt hat im guten Glauben, ist der Mops."
Quelle: dpa