Formel1

Hamilton braucht andere Hilfe Bottas soll bitte nicht "Busspur freihalten"

Verkehrt herum.

Verkehrt herum.

(Foto: picture alliance / DPPI media)

In Mexiko gibt Valtteri Bottas optimalen Windschatten. Allerdings nicht seinem Mercedes-Teamkollegen Lewis Hamilton, sondern dessen WM-Rivalen Max Verstappen, der seine Führung ausbaut. Der finnische Formel-1-Pilot muss heftige Kritik einstecken. Und jetzt zeigen, dass er seine Worte ernst meint.

Lewis Hamilton hätte Hilfe gebraucht. "Sie sind einfach zu schnell", funkte der siebenfache Weltmeister während des Großen Preises von Mexiko an die Box. Sein Mercedes war chancenlos gegen den Red Bull von Max Verstappen, der Niederländer fuhr auf dem Autodromo Hermanos Rodriguez ein einsames Rennen, feierte einen ungefährdeten Sieg und baute seine Führung in der Fahrerweltmeisterschaft auf 19 Punkte aus. Hamilton musste die Überlegenheit seines WM-Rivalen anerkennen und sich von seinem Teamchef Toto Wolff zur "Schadensbegrenzung" gratulieren lassen, nachdem er die Ziellinie als Zweiter überquert hatte.

Dabei leistete Hamiltons Teamkollege Valtteri Bottas sogar Hilfe. Nur leider jemand anderem, nämlich Verstappen, ausgerechnet. Beim Start, den Wolff so zusammenfasste: "Da ist einfach alles schiefgelaufen, was schieflaufen kann." Dabei waren die Mercedes-Piloten aus der ersten Startreihe losgefahren, der vermeintlich besten Ausgangsposition. Vermeintlich deshalb, weil der Weg zur ersten Kurve in Mexiko so lang ist, dass der Windschatten auch von den Plätzen drei und vier aus die Chance eröffnet, in Führung liegend in die Rechtskurve einzulenken.

"So was sollte nicht passieren", sagte Wolff nach dem Rennen und meinte damit nicht nur, dass Verstappen beide Mercedes auf diese Weise überholt hatte. Sondern auch, dass Bottas dem Red-Bull-Piloten fürs Anbremsen vor Kurve eins die Ideallinie überlassen hatte. Der Finne hielt sich damit zwar an eine Direktive der Renndirektion, die allzu harte Verteidigungsmanöver an der schnellsten Stelle der Strecke untersagt hatte. Allerdings, sagte Wolff hörbar unzufrieden, gibt es einen Unterschied "zwischen 'nicht zumachen' und 'eine Busspur freihalten'" bei Bottas' Linienwahl, verbunden mit der Kritik: "Da hätte er rüberziehen müssen."

Bottas begrenzt den Schaden minimal

Stattdessen aber zog Verstappen augenscheinlich problemlos vorbei, weil er riskant, aber erfolgreich als Letzter aus dem Trio auf die Bremse stieg und sich damit an beiden Mercedes vorbeischieben konnte. Immerhin ließ der Finne nicht nur außen genug Platz, sondern auch innen. "Der Valtteri hat geschaut, dass mit dem Lewis nichts passiert", so Wolff. Hamilton nahm als Zweiter die kurze Beschleunigung zu Kurve zwei auf, während Bottas plötzlich entgegen der Fahrtrichtung auf der Strecke stand. Daniel Ricciardo hatte sich verbremst, der McLaren berührte das Hinterrad des Mercedes so, dass es den Finnen um 180 Grad drehte. Als Bottas wieder losfahren konnte, war er längst ans Ende des Feldes zurückgefallen.

Von dort aus blieb dann auch Bottas nur noch Schadensbegrenzung, die allerdings sehr überschaubar ausfiel. Nachdem er zunächst Verstappen den Weg an die Spitze, zum Sieg und zur Vergrößerung der WM-Führung eröffnet hatte, konnte er schlicht keinen Einfluss mehr aufs Rennen nehmen. Mit einer alternativen Strategie für Bottas hätte Mercedes Verstappen und Red Bull im Idealfall zu Reaktionen zwingen und in Fehler drängen können, so aber war Hamilton auf sich allein gestellt.

Der 36-Jährige musste nicht nur ernüchternd früh den Sieg abschreiben, sondern sich in den letzten Runden auch noch der Angriffe von Sergio Pérez erwehren, der auf Platz drei eine starke Leistung zeigte. Und zugleich Mercedes dazu nötigte, bei möglichen Attacken gegen Verstappen auch die Gefahr zu bedenken, hinter Pérez zurückzufallen und weitere Punkte im WM-Kampf einzubüßen.

Für Hamilton geht es nur um eins

Nicht nur in der Fahrerwertung - Verstappen kommt auf 312,5 Punkte, Hamilton auf 293,5 -, sondern auch in der Konstrukteurswertung. Der Mercedes-Vorsprung dort ist auf einen einzigen Punkt zusammengeschmolzen. Weil Red Bull mit den Plätzen eins und drei in Mexiko 40 Zähler einfahren konnte, während für Mercedes nur Hamiltons 18 Punkte für Rang zwei in die Statistik eingehen. Bottas nahm zwar im letzten Umlauf Verstappen noch die schnellste Rennrunde und den damit verbundenen Extrapunkt ab, aber auch das fällt unter Schadensbegrenzung. Zumal er selbst als 15. den Extrapunkt für die schnellste Runde nicht gutgeschrieben bekommt, denn den gibts nur bei gleichzeitigem Erreichen der Top Ten.

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"Heute war es ziemlich verflucht", sagte Bottas daher nach einem Sonntagnachmittag zum Vergessen. Für ihn selbst ganz besonders, angesichts der Demonstration der eigenen Chancenlosigkeit allerdings auch für Hamilton und den Mercedes-Rennstall insgesamt. Ganz unabhängig davon, dass Mexiko mit seiner Höhenlage eine Besonderheit im Formel-1-Kalender darstellt und der Serien-Weltmeister eine Schwäche auf 2200 Meter über dem Meeresspiegel einkalkuliert hatte. Auch Brasilien, wo es am nächsten Wochenende schon weitergeht, gilt als Red-Bull-Strecke. Gewinnt Verstappen auch in São Paulo, dürfte ihm die Weltmeisterschaft kaum noch zu nehmen sein, unverschuldete Ausfälle einmal ausgeschlossen.

"Wenn es eine Gelegenheit gibt, Lewis als Teamkollege bei seinem Kampf um den Titel vernünftig zu helfen, dann mache ich das auch", hatte Bottas vor dem Großen Preis von Mexiko gesagt. In dem er dem Weltmeister der Jahre 2007, 2014, 2015, 2017, 2018, 2019 und 2020 vieles war, nur nicht die Hilfe, die der braucht. Das muss er in den letzten vier Grand Prix der Saison ändern, sonst könnte Hamilton seinen Titel schon vor dem Finale in Abu Dhabi los sein. Dafür hätte der Brite schon in Mexiko Hilfe gebraucht, nun benötigt er sie umso dringender. Die Frage ist, ob Bottas diese Unterstützung leisten kann. Denn Schadensbegrenzung reicht jetzt nicht mehr.

Quelle: ntv.de

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