Formel-1-Lehren aus Abu Dhabi Hamilton zieht blank, Vettel hadert mit Team
26.11.2018, 10:14 Uhr
"Still Rise" - Lewis Hamilton präsentiert sein Motto.
(Foto: imago/HochZwei)
Das Saisonfinale in Abu Dhabi ist die Bestätigung einer ganzen Formel-1-Saison: Lewis Hamilton siegt, Sebastian Vettel fährt seinem ärgsten Konkurrenten nur hinterher, Nico Hülkenberg scheitert früh. Bis zum Saisonauftakt 2019 hat vor allem das Ferrari-Team viel zu tun - als Gemeinschaft.
Vettel nimmt sein Team in die Pflicht
Es kann nicht alles so sein, wie er es sich vorstellt. "Wir müssen uns jedes Detail anschauen und als Gruppe gestärkt nächstes Jahr zurückkommen", sagte Sebastian Vettel in Abu Dhabi. Er betonte beim Formel-1-Finale zwar, dass er und Ferrari eine gute Saison abgeliefert haben. Aber gut ist in der Königsklasse eben nicht gut genug, um ganz vorne zu landen. Wenn Vettel nun in der Winterpause zurückschaut, wird er feststellen, dass er eine große Chance vertan hat. Zu viele Punkte hat der 31-Jährige mit eigenen Fehlern verschenkt oder durch Pannen der Scuderia verloren. Das wird noch lange wehtun. Denn auch andere wie Bernie Ecclestone oder Nico Rosberg haben durchaus fehlende Liebe oder Unterstützung für Vettel bei Ferrari ausgemacht. Das, was Hamilton bei Mercedes genießt. Das, was ihn bei Mercedes zur Entfaltung hat kommen lassen. Ohne das wird es Vettel auch im fünften Jahr schwer haben. Erst recht, wenn in Charles Leclerc ein Zögling des Rennstalls den zweiten Ferrari steuert.
Hamilton "wächst weiter"
Er wollte es den Zuschauern auf der ganzen Welt zeigen: "Ich wachse weiter" hat Hamilton auf Englisch auf dem Rücken tätowiert. Er hätte den Oberkörper-Striptease auf dem Podest nach dem Großen Preis von Abu Dhabi aber gar nicht machen müssen. Er siegte auch nach dem WM-Titel in Mexiko weiter, gewann in Brasilien und nun auch in Abu Dhabi. "Das Team hat das gesamte Jahr über außergewöhnliche Arbeit abgeliefert und ich wollte unbedingt für sie abliefern und die Saison stark abschließen", sagte er. Und noch etwas trieb Hamilton, den mittlerweile 73-maligen Grand-Prix-Gewinner, an: diese Saison so zu beenden, wie er die nächste auf dem Weg zum sechsten Weltmeister-Titel beginnen will. Und wenn er so weitermacht wie in den vergangenen 21 Rennen, hat der 33-Jährige nur noch einen Maßstab - Rekordweltmeister Michael Schumacher.
Bottas muss Ocon fürchten
Es ging nicht mehr viel bei Valtteri Bottas, die Bremsen am zweiten Mercedes funktionierten nicht mehr einwandfrei, aber auch sonst kämpfte der Finne. Sinnbildlich für seine Saison. Kein Sieg in diesem Jahr im letztlich besten Auto im Feld. Wenn er mal nah dran war, musste er für Hamilton zurückstecken. Oft war er aber auch nicht nah dran. Drei Siege waren ihm im ersten Jahr bei den Silberpfeilen gelungen. Er wird die Winterpause nutzen müssen, um aufzustehen. Denn in Esteban Ocon, der bei Force India nicht aus sportlichen Gründen ausgemustert wurde, steht ein junger und hochtalentierter Fahrer 2019 jederzeit bereit. Es ist fast schon ein bisschen tragisch, dass der Franzose für 2019 kein Cockpit gefunden hat. Aber in der Königsklasse entscheidet halt nicht immer Können über einen Job am Steuer, Ocons Platz bei Racing Point Force India wird der limitierte Lance Stroll einnehmen, dessen Vater das Team zuletzt gekauft hat. Ocon bekommt einen Trostpreis als Ersatzmann bei Mercedes und wird so versuchen, Bottas auf die Pelle zu rücken.
Ein Hoch auf die sicheren Boliden
Es war wieder ein Crash, der zunächst Sorgen bereitete. Nico Hülkenberg überstand die Rollen und die Kopfüberlandung mit seinem Renault nach wenigen Kurven aber unbeschadet. Warum es allerdings drei, vier Minuten dauerte, bis Hülkenberg aus seinem Wagen klettern konnte, bleibt noch zu klären. Auch, ob womöglich der Cockpitschutz Halo, der seit diesem Jahr Pflicht ist, in diesem Fall eher hinderlich war. Doch der Unfall war bezeichnend für diese Saison. Der erhoffte Durchbruch mit Renault blieb aus, der 31-Jährige wartet weiter auf seinen ersten Podestplatz. Nächstes Jahr wird der Druck im Team auf Hülkenberg dann noch einmal größer - 2019 heißt sein Teamkollege Daniel Ricciardo.
Alonso wird der Formel 1 fehlen
Das war wieder ein echter Fernando Alonso. Aufgefordert vom Renningenieur, noch mal alles zu geben, um auf Rang zehn zu kommen und damit einen Punkt zu kriegen, konterte der 37 Jahre alte Spanier in seinem 311. Formel-1-Rennen: "Ich habe schon 1800 Punkte." Stimmt aber gar nicht, er hat sogar schon 1899. Der eine Zähler hätte ihn also auf rund 1900 Punkte gebracht. Doch das ist nicht mehr entscheidend. Dass er der Formel 1 fehlen wird, ist unstrittig. Der zweimalige Weltmeister, der einst Michael Schumacher vom Thron stieß, holte auch aus dem lahmen McLaren das Mögliche raus, schlug seinen Teamkollegen Stoffel Vandoorne in 21 von 21 Qualifikationen. Alonso sei "eine echte Legende, ich hab immer bewundert, was er erreicht hat", sagte Hamilton: "Beim nächsten Rennen werden wir ihn vermissen, er wird dem Sport fehlen." Recht hat er. Kleiner Trost: Dass er noch mal zurückkommt, ist denkbar. Die Türe sei nicht zu, meinte Alonso bereits.
Quelle: ntv.de, ara/dpa/sid