Can und Weigl dürfen hoffen Löw rüffelt und muss gewaltig umbauen

Joachim Löw ist nicht erfreut über den Ton der Kritik von Mehmet Scholl.

Joachim Löw ist nicht erfreut über den Ton der Kritik von Mehmet Scholl.

(Foto: dpa)

Wenn der Bundestrainer schon einmal da ist, dann kann er sich doch bitte zu Mehmet Scholl äußern. Macht er auch, gewohnt intelligent und smart. Und sonst? Wartet bis zum Halbfinalspiel gegen Frankreich ein Haufen Arbeit auf Joachim Löw.

Was sagt der Bundestrainer?

Stolz ist er, der Bundestrainer. Der Viertelfinalsieg gegen Italien hat ihm mächtig Rückenwind verliehen. Das war am Morgen bei der Pressekonferenz im DFB-Basecamp in Évian nicht zu übersehen. Trotz der schlechten Nachrichten (siehe Krankenstand) war die Laune von Joachim Löw vor dem anstehenden EM-Halbfinale blendend. "Ich freue mich wahnsinnig auf das Spiel gegen Frankreich. Genauso wie ich mich auf das Spiel gegen Italien gefreut habe", erklärte der 56-Jährige, lächelte und schob kraftvoll gestikulierend nach. "Ich liebe K.-o.-Spiele gegen solche Mannschaften." Wohl wissend, dass er in den kommenden Tagen allerdings reichlich Arbeit zu leisten hat. Mindestens drei Positionen müssen wohl neu besetzt werden. Das Sturmzentrum, das defensive Mittelfeld (beide verletzungsbedingt) und der zentrale Abwehrblock, denn dort fehlt Mats Hummels wegen seiner Gelbsperre.

Bereits heute Morgen hatte n-tv.de wild über mögliche Formationen spekuliert und unter anderem die bislang noch nicht eingesetzten Emre Can und Julian Weigl als alternative Partner an Toni Kroos' Seite vorgeschlagen. Gedankenspiele, die der Bundestrainer offenbar teilt. "Emre ist wuchtig, körperlich sehr stark und hat eine gute Technik, er könnte unserem Spiel gut tun." Gleiches gelte aber auch für den Dortmunder Weigl, der allerdings ein ganz anderer Typ sei: "Julian ist unglaublich sicher am Ball und hat ein herausragendes Positionsspiel." Konkreter wurde Löw wenig überraschend nicht. Das gilt freilich auch für die Besetzung der vordersten Linie. Mario Götze? Kann sein. Thomas Müller? Kann auch sein. Vielleicht aber auch beide? Es bleibt also beim dieser Tage so beliebten DFB-Motto: "Alles kann, nichts muss."

Wie ist der Krankenstand?

Sehr, sehr üppig. Zumindest, was die Zahl der potenziellen Stammkräfte angeht. Aber so richtig neu ist die Nachricht ja nicht. Sie wurde ja bereits gestern im Eiltempo über alle Nachrichtenkanäle verbreitet. Mario Gomez fällt wegen eines Muskelfaserrisses für den Rest der EM aus, also auch für ein mögliches Finale. In dem könnte eventuell Sami Khedira wieder mitwirken. Noch aber sind die Probleme mit den Adduktoren so akut, dass er gegen Frankreich definitiv nicht spielen kann. Ein gewaltiges Fragezeichen steht weiter hinter dem Einsatz von Kapitän Bastian Schweinsteiger. Er hat sich im Viertelfinale gegen Italien nach einem Schlag eine leichte Zerrung am Knie zugezogen. "Ich hoffe wirklich sehr, dass unser Kapitän gegen Frankreich spielen kann", sagte Löw. Er werde aber kein Risiko eingehen. "Bei mir spielen nur Spieler, die zu 100 Prozent fit sind." Den Fehler, einen angeschlagenen Spieler aufzustellen, habe er einmal gemacht, wiederholen werde er ihn nicht. Nie mehr. Um welchen Spieler es sich dabei handelte, ließ der Bundestrainer offen. Er wolle die Vergangenheit ruhen lassen.

Mitarbeiter des Tages

In Abwesenheit ist das Urs Siegenthaler. Am Samstagabend nach dem Viertelfinale gegen Italien war der Chefscout nämlich von Mehmet Scholl wüst attackiert worden, heute gab's die Antwort aus dem DFB-Lager. Der ARD-Experte hatte Siegenthaler "und Konsorten" als Fehler-Einflüsterer bei Joachim Löw ausgemacht und vor fast 30 Millionen TV-Zuschauern darüber geschimpft, dass dieser dem Bundestrainer falsche Tipps gäben. "Der Herr Siegenthaler möge bitte seinen Job machen, morgens liegen bleiben, die anderen zum Training gehen lassen und nicht mit irgendwelchen Ideen kommen", hatte Scholl gesagt.

Der Gescholtene verteidigt sich nun via "Bild"-Zeitung: "Ich weiß nicht, was ich Herrn Scholl getan habe. Jeder kann erzählen, was er will - frei und unbefangen. Sich so zu äußern, ist Scholls gutes Recht. Ich kenne ihn allerdings persönlich nicht." Und auch der Bundestrainer nahm seinen Schweizer Chefscout in Schutz: "Man darf über die Taktik geteilter Meinung sein. Aber wenn jemand wertvolle Mitarbeiter aus meinem Stab persönlich angreift, finde ich das sehr negativ." Außenstehende wie Scholl oder vor Wochen Michael Ballack (die Namen nannte Löw freilich nicht) sollten sich zurückhalten, schließlich könnten sie die interne Arbeit nicht wirklich bewerten. "Da sollte sich der eine oder andere wirklich mal Gedanken machen ...".

Was gibt’s sonst noch?

Am Tag nach den schlechten Nachrichten (siehe erneut Krankenstand) gibt’s heute was Erfreuliches zu berichten. Zumindest für all jene, die einen Faible für Vordeutungen haben. Das Halbfinale gegen die Franzosen am Donnerstagabend (ab 21 Uhr im n-tv.de-Liveticker) in Marseille pfeift der Italiener Nicola Rizzoli. Der 44-Jährige leitete bereits vor zwei Jahren das WM-Endspiel gegen Argentinien, das die DFB-Elf durch das Tor von Mario Götze in der Verlängerung mit 1:0 gewonnen hatte. Im ersten Halbfinale zwischen Portugal und Wales am Mittwoch in Lyon ist der Schwede Jonas Eriksson im Einsatz. Der 42-Jährige gilt als "reichste Pfeife der Welt", da er für den Verkauf seiner Anteile an einer Sportrechte-Agentur vor neun Jahren knapp neun Millionen Euro kassiert hat.

Quelle: ntv.de

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