Fußball

6 Dinge, gelernt am 15. Spieltag Alle blöd außer FCB, Brehme verflucht BVB

"Das ist super": Josep Guardioa nebst Gattin Cristina Serra.

"Das ist super": Josep Guardioa nebst Gattin Cristina Serra.

(Foto: dpa)

Obwohl der FC Bayern zu 84,2 Prozent deutscher Fußballmeister ist, staunt Guardiola über sein Team. Der Rest der Liga wundert sich über den Krisen-BVB, der an Andi Brehmes Fluch verzweifelt. Werder hat einen Gen-Defekt, Benatia Bock auf Ballern.

1. Die Bayern sind zu 84 Prozent Meister

Das behaupten zumindest die geschätzten Kollegen des "Kicker", und wer sind wir, die Berechnungen dieser Institution infrage zu stellen? Zumal die Prognose auf handfesten Daten basiert: Zum 20. Mal kürten sich die Bayern mit dem 4:0 in Augsburg an diesem 15. Spieltag zum Herbstmeister der Fußball-Bundesliga. Bislang wurden sie dann 16 Mal auch Meister, eine Erfolgsquote von 84,2 Prozent also.

Benjamin Button der Fußball-Welt: Arjen Robben.

Benjamin Button der Fußball-Welt: Arjen Robben.

(Foto: imago/Ulmer)

Wobei noch so viel mehr als nur diese Statistik für das Team von Josep Guardiola spricht - hier nur drei Beispiele: 13 Minuten reichen diesen Bayern, um dem Tabellen-Dritten vier Tore einzuschenken. Arjen Robben hat sich zum Benjamin Button der Fußball-Welt entwickelt, sein Körper scheint jedes Jahr jünger zu werden. Die Dominanz in der Liga gibt den Rückkehrern aus dem Lazarett die Chance, unter Wettkampfbedingungen ihre Champions-League-Form zu erreichen - Bastian Schweinsteiger stand zum ersten Mal seit dem 10. Mai in der Liga in der Startelf. Während die Nicht-Bayern-Fans den Alleingang des Rekordmeisters so langsam ermüdend finden, wundert sich Trainer Guardiola noch über die Darbietungen seiner Mannschaft: "Ich bin überrascht von der Mentalität dieser Spieler nach zwei Jahren, in denen sie alles gewonnen haben. Alle drei Tage spielen sie mit großer Mentalität, gewinnen, gewinnen, gewinnen. Das ist super." Und selbst, wenn es in den restlichen 19 Spielen nicht immer super laufen sollte, werden die Bayern Meister. Warum, das hat "Los Paul" Breitner im "Doppelpass" auf die Mia-san-mia-Art beschrieben: "Der FC Bayern kann nichts für die Unfähigkeit der anderen Vereine."

2. Eine Krise ist eine Krise ist eine Krise

Unfähigkeit - dieses Stichwort führt uns, sorry liebe BVB-Fans, nach Dortmund. Beziehungsweise nach Berlin, wo Jürgen Klopps Mannschaft die neunte Niederlage dieser Bundesliga-Saison einstecken musste. So viele Pleiten musste noch keine Mannschaft in dieser Spielzeit schlucken; das letzte Mal, dass der BVB so oft als Verlierer vom Platz ging, war 2009/2010 - damals kassierten sie die neunte Pleite am letzten Spieltag. Es ist schlicht eine katastrophale Bilanz. Herumreden mag um diesen Fakt im Dortmunder Lager niemand mehr, vor allem nicht Jürgen Klopp. ""Ich höre im Wochenrhythmus, was für eine großartige Mannschaft wir haben", sagte er sichtlich angefressen."Aber diese großartige Mannschaft hat auch großartige Probleme, das muss man ja auch sagen."

DER Julian Schieber.

DER Julian Schieber.

(Foto: imago/MIS)

Eine Breitseite gegen alle, die so tun, als sei der BVB selbst in der Krise noch besonders - weil er in der Champions League gewinnt, und in der Liga eh nur neun Punkte von den Europapokalrängen entfernt liegt. Auch das 0:1 bei der Hertha könnte man wohlwollend mit Murphy’s Law erklären, die sinngemäß besagt: alles, was schiefgehen kann, geht auch schief. Henrikh Mkhitaryan verletzt sich bei einem missglückten Schussversuch, der eingewechselte Jakub Błaszczykowski verliert kurze Zeit später den Ball, und Julian Schieber netzt ein. DER Julian Schieber, der in seinen fünf Spielen gegen den BVB so oft traf (dreimal) wie in seinen 35 Spielen für die Dortmunder. Eben jener Schieber sagte nach dem Spiel, der BVB stehe "zu Unrecht" da unten. Nur ist das völlig egal. Denn Murphy’s Law wird im Fußball durch das Andy-Brehme-Theorem verschärft: Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß. Dann köpft auch dein 20-Millionen-Einkauf wie Ciro Immobile frei aus vier Metern weit am Tor vorbei. Dann fällt dir dein nächster Spieler wochenlang aus. Dann verlierst du auch in Berlin. Und dann beschert dir der Spielplan als nächsten Gegner - den Tabellenzweiten VfL Wolfsburg.

3. Der Karnevalsverein kann auch humorlos

Richtig Spaß hatten die BVB-Fans in Berlin nur zweimal - als die Tore der Kölner auf Schalke vermeldet wurden. Der Effzeh präsentierte sich in Gelsenkirchen als veritable Spaßbremse. 45 Minuten lang schauten sich die Domstädter die recht kümmerlichen Schalker Offensivbemühungen aus einer dichten Abwehr heraus an, dann schlugen sie zwei Minuten nach der Pause humorlos zu: Eine ungewollte Vorlage von Weltmeister Benedikt Höwedes nutzte Yannick Gerhardt für einen Pass auf Anthony Ujah, der die Führung erzielte. Zwanzig Minuten später verdiente sich Höwedes endgültig die Auszeichnung als Trantüte des Tages, als er ungeschickt an Pawel Olkowski herumzupfte. Den Elfmeter verwandelte Matthias Lehmann. Schalke schaffte zwar noch den Anschluss, der FC aber verteidigte den Sieg - oder die "Sensation", wie Gerhardt es formulierte. Dabei war der Erfolg so überraschend nicht: Der FC kam als dritt- und ging als zweitstärkstes Auswärtsteam der Liga. Der Aufsteiger fühlt sich sichtlich wohler, wenn er nicht das Spiel machen muss. Beliebtheitspreise gibt es dafür nicht, erst kürzlich stichelte Leverkusens Roger Schmidt, ihm würde es keinen Spaß machen, sein Team so spielen zu lassen wie Peter Stöger. Schalkes Trainer Roberto di Matteo beließ es bei der Feststellung: "Die haben ja in der ersten Halbzeit nicht einmal auf’s Tor geschossen." Seine Schalker verzeichneten insgesamt 15 Torschüsse, wirklich zwingend agierten die Hausherren selten. Den Grund hatte di Matteo schnell gefunden, und zwar die "kräftezehrende Englische Woche". Da haben wir gleich zwei schlechte Nachrichten: Heute um 12 Uhr werden die Achtelfinals der Champions League ausgelost, das macht mindestens zwei weitere englische Wochen im nächsten Jahr für die Schalker, die Mittwoch in Paderborn schon wieder antreten müssen - eine englische Woche steht an.

4. Skripnik trägt das Werder-Gen weiter

Bei aller gebotenen Neutralität: Es wäre jammerschade, wenn der SV Werder Bremen in der nächsten Saison nicht mehr in der Bundesliga spielen würde. 57 Treffer fielen bisher in den Spielen der Bremer, das wird nur von einem Team übertroffen - von Thomas Schaafs Frankfurter Eintracht (58). Alles andere als Zufall. Schaaf zeichnet verantwortlich für den Harakiri-Stil, der fest in der Bremer DNA verankert ist. Und Werders Trainer Viktor Skripnik sagt über seinen ehemaligen Coach: "Thomas Schaaf ist mein Vorbild." Die Ergebnisse stimmen schon einmal, schaut man auf die letzten drei Spiele: 4:0, 5:2, 3:3. Das klingt durchaus schaafesk. Nur: Dem 4:0 zuhause gegen Stuttgart folgte eine 5:2-Pleite in, natürlich, Frankfurt. Und das 3:3 an diesem Wochenende gegen Hannover bezeichnete Skripnik zwar als "wichtig für die Moral", das hatte aber viel von Schönfärberei. Seine Abwehr ließ mal wieder jeden Nachweis von Bundesliga-Tauglichkeit vermissen, in der Offensive landete jeder dritte Pass im Aus oder beim Gegner. "Willen und Herz" hatte Skripnik gesehen, immerhin. Punkte gibt es dafür aber nur, wenn der Gegner so fahrlässig mit einer späten Führung umgeht wie 96, das eigentlich "5:2 gewinnen muss", wie Trainer Tayfun Korkut anmerkte. Auch das wäre ja ein typisches Werder-Ergebnis gewesen.

5. Dieter Hecking kann aufatmen

Na bitte, Herr Hecking, jetzt ist es vorbei. Er habe keine Lust mehr, jede Woche die Frage zu beantworten, ob sein Team Bayern-Jäger Nummer eins sei, grummelt der verhinderte Gute-Laune-Bär schon seit einigen Spieltagen. Nun hat sein VfL Wolfsburg ihm einen Gefallen getan und nur ein mickriges 1:1 gegen Paderborn geholt. Merke: Wer zuhause nicht gegen einen Aufsteiger gewinnt, jagt vielleicht tabellarisch gesehen die Bayern, den Münchner aber gewiss keine Angst ein. Dabei sah Hecking laut eigener Auskunft ein "Klassespiel" seiner Mannschaft, die Kennzahlen bestätigen das: 64 Prozent Ballbesitz, 27:2 Flanken, 11:1 Ecken, 21:6 Torschüsse. Aber dabei sprang eben nur ein Tor heraus, das auch noch der Paderborner Rafa Lopez erzielte. "Wir sind in erster Linie an Lukas Kruse gescheitert", sagte Hecking und verteilte damit ein verdientes Lob an den SC-Torhüter, der acht Paraden zeigte, einen Elfmeter hielt-– und den Wolfsburger Trainer vor unangenehmen Interviewfragen bewahrte.

Apropos Nicht-Bayern-Jäger: Punktgleich gingen Bayer Leverkusen und Borussia Mönchengladbach in ein ansehnliches Verfolgerchen-Duell, und punktgleich trennten sie sich auch wieder. Die Hausherren von Roger Schmidt konnten zum Pausentee ein altbekanntes Liedchen anstimmen. Mal wieder hatten sie einen Gegner dominiert, mal wieder ein Chancenplus (12:2 Torschüsse zur Halbzeit), und doch stand es nur 1:1. Hakan Calhanoglus hatte die sehenswerte Führung per Fernschuss erzielt, doch Roel Brouwers nach einer Ecke ausgeglichen. In der zweiten Halbzeit neutralisierten sich die Teams, zufrieden waren am Ende beide Trainer – Roger Schmidt meinte gar, ein Punkt gegen die Borussia sei "keine Schande". Das stimmt, gibt aber trotzdem einen Hinweis darauf, warum es in dieser Saison keine Bayern-Jäger gibt.

6. Benatia ballert die Herzchen weg

33 Tore hatte der FC Bayern München vor seinem Gastspiel in Augsburg erzielt, erst das 34. markierte ein Abwehrspieler. Mehdi Benatia köpfte in seinem 7. Bundesligaspiel seinen Premierentreffer – und feierte ihn mit martialischer Pose: Mit seinen Hände ahmte er eine Maschinenpistole nach und schoss mit seiner imaginären Waffe in die Ränge."

Unsympathisch", befand der Sky-Kommentator. Klar, man kann das geschmacklos finden. Und ganz ehrlich, wir fragen uns ja auch, was das genau soll. Vielleicht hat er einfach Bock auf Ballern. Oder, um es noch kürzer und mit dem geschätzten Kollegen Frank Buschmann zu sagen: Ratatatatatatatatat". Jedenfalls freuen wir uns über eine willkommene Abwechslung zur Herzchen-Pest, die schon viel zu lange in der Liga wütet. Aber trotz Benatia steht zu befürchten, dass weiterhin junge Menschen Tore bejubeln, indem sie allen Ernstes mit ihren Fingern Liebessymbole formen. Wir als Spogeda (Sportjournalisten gegen Dämlack-Jubel) fordern deswegen: Gelbe Karten für Herzchen - und Feuer frei!

Quelle: ntv.de

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