Hecking kritisiert den Weltmeister André Schürrle bleibt ein ungelöstes Rätsel
30.09.2015, 13:12 Uhr
Stolpert zur Zeit über sich selber: Nationalspieler André Schürrle.
(Foto: imago/Bernd König)
Null Tore, Null Vorlagen: Bei André Schürrle läuft gerade alles schief. Einst exzellent, dynamisch und technisch stark dümpelt der Nationalspieler frustriert vor sich hin. Dem VfL Wolfsburg entgeht das nicht - Transfersummen von 32 Millionen Euro wecken Erwartungen.
Am stärksten ist André Schürrle momentan, wenn er seine gewohnte Rolle abstreifen darf. Er ist dann nicht der zaghafte, frustriert wirkende Fußball-Weltmeister außer Form, der ohnehin viel zu viel Geld gekostet hat - er ist einfach nur André Schürrle.
Im Internet sah man den Außenstürmer des VfL Wolfsburg zuletzt befreit und locker wie selten seit seiner Rückkehr nach Deutschland. Er kringelte sich beinahe auf der Couch, als er eine Moderatorin des Web-TV-Senders Rocket Beans veralberte. Die hielt ihn für "Christian", einen Star der Videospielszene, und stellte reihenweise Fragen für Freaks. Schürrle lachte und lachte und lachte, bis der Jux aufflog.
Hecking wird ungewohnt scharf
Wenn es um Fußball geht, ist André Schürrle allerdings ein ganz anderer. Ein Rätsel. "Er grübelt zu viel", vermutete VfL-Trainer Dieter Hecking zuletzt nach einer bestenfalls mäßigen Leistung des 24-Jährigen gegen Hannover 96 (1:1). Dann zählte Hecking seinen Spieler ungewöhnlich deutlich an. "Wir haben eine Erwartungshaltung an ihn, die besser sein muss als das, was er bisher gezeigt hat", sagte Hecking im Sport1-Doppelpass - es war eine Watsch'n vor großem Publikum. Er könne Schürrle, sagte Hecking vor dem Champions-League-Spiel bei Manchester United am Mittwoch, "nicht mehr vor Kritik schützen".
Dabei ist André Schürrle an guten Tagen exzellent: dynamisch, technisch stark und mit Übersicht, zieht er dann unbeirrt zum Tor. Das sah die ganze Welt, als er im WM-Finale Mario Götzes Siegtreffer vorbereitete. Doch gute Tage? Die sind selten geworden. "Ich hatte schon unglaublich gute Zeiten, und da will ich wieder hin", sagte Schürrle kürzlich im Interview mit dem kicker. "Zuletzt hatte ich ein paar Rückschläge, aber jetzt bin ich sehr positiv gestimmt."
32 Millionen werden zu Belastung
Die Erwartungen, sie sind zur Belastung geworden. Die 32 Millionen Euro, für die er vom FC Chelsea im Winter 2014/15 nach Wolfsburg gewechselt ist, waren vor dem Transferwahnsinn dieses Sommers noch eine gewaltige Summe im Fußball. "Erst einmal ist die Summe eine Anerkennung. Aber sie wird schnell Thema, wenn es nicht läuft", sagt Schürrle.
Und wenn es nicht läuft, dann läuft es nicht. André Schürrle ist niemand, der sich selbst aus einer Krise befreit, er benötigt Unterstützung von Fans, Mitspielern, seinem Trainer und der Familie. Nach fünf Bundesligaspielen in dieser Saison über insgesamt 226 Minuten stehen in Schürrles Statistik null Tore und null Torvorlagen. Gegen Hannover verließ er das Feld nach 75 Minuten zudem ohne Torschuss und ohne Torschussvorlage.
Das ist wenig weltmeisterlich - und dem inzwischen sehr anspruchsvollen VfL Wolfsburg ist es selbstverständlich zu wenig. Auch deshalb erhöht Hecking den Druck, wie er es erfolgreich bei Bas Dost getan hat. Einmal "gekitzelt", traf der Niederländer wieder in schöner Regelmäßigkeit. Ob André Schürrle auch ein Typ ist, den Kritik stärker macht, der Wut in Kraft zu wandeln vermag? Wer ihn derzeit in seiner üblichen Rolle sieht, wird das bezweifeln.
Quelle: ntv.de, Thomas Nowag, sid