Fußball

Kein Uefa-Boykott Blatter bleibt - und kommt damit wohl durch

Das Fifa-System wankt, aber Joseph Blatter verschwendet keinen Gedanken an Rücktritt. Allen Skandalen zum Trotz will er sich am Freitag wiederwählen lassen - und scheint damit wieder einmal durchzukommen.

Seit vielen Jahren läuft das System Joseph S. Blatter im Fußball-Weltverband Fifa wie geschmiert. Keine noch so große Krise konnte den 79-jährigen Schweizer dabei bislang gefährlich werden. Auch die skandalöse Entwicklung mit der Verhaftung von sieben Top-Funktionären, den weitreichenden Ermittlungen der Justizbehörden und immer lauter werdende Rücktrittsforderungen scheinen am allmächtigen Verbandsboss einfach abzuperlen.

Die Wahl des Schweizers im Zeichen der tiefsten Krise der Fifa-Geschichte am Freitag gilt als sicher. Nicht nur, weil auch ein letzter Versuch von Uefa-Präsident Michel Platini Blatter zum Rücktritt zu bewegen, scheiterte. "Ich habe ihm gesagt: 'Bitte verlasse die Fifa. Lass es sein'", berichtet der Franzose von der Unterredung mit Blatter und ergänzte: "Es wäre ein Zeichen von Größe gewesen. Fußball ist wichtiger als Personalien, aber er hat gesagt: 'Es ist zu spät. Ich kann nicht aufhören, nicht zu Beginn dieses Kongresses.' Zudem rückte der europäische Fußballverband von seinen ursprünglichen Überlegungen, den Fifa-Kongress zu boykottieren, überraschend ab. Stattdessen will die Uefa nun an der Präsidentschaftswahl teilnehmen und zu großen Teilen für Prinz Ali bin al-Hussein votieren.

Blatter, der auf Teufel komm raus an der Macht festhält, hatte nach den Aufsehen erregenden Vorgängen zwar nicht den Mut, selbst vor die Presse zu treten. Sein Mediendirektor Walter De Gregorio verbreitete das offizielle Fifa-Credo: Alles ist gut, der Weltverband der Geschädigte - und am Allerwichtigsten: Blatter ist nicht Gegenstand der Untersuchungen. Die Wahl zu seiner fünften Amtszeit sei auch nach dem "Beben" in Zürich nur Formsache.

Rücktrittsforderungen aus der Politik

Der Skandal beschäftigt auch höchste politische Kreise. Die britische Regierung von Premierminister David Cameron forderte den Rücktritt von Blatter. Auch aus Deutschland wird die Kritik lauter. "Korruption vergiftet die Politik und vergiftet den Sport", befindet Außenminister Frank-Walter Steinmeier und verlangte volle Aufklärung des Skandals.

Amnesty International und die Gewerkschaft IB Bau erklärten ein gemeinsames Ziel: Blatters Ablöse und die radikale Erneuerung der Fifa. Einzig Wladimir Putin stärkte dem Fifa-Boss noch den Rücken. Im Kreml wächst die Sorge, dass Russland im Zuge der Ermittlungen die Austragungsrechte für die WM 2018 verlieren könnte. Putin witterte eine Verschwörung und stänkerte gegen die USA.

Luis Figo, ehemaliger Herausforderer von Blatter, erneuerte seine Kritik: "Diejenigen, die den Fußball so sehr lieben wie ich, werden sich an den 27. Mai als einen der schlimmsten Tage in die Geschichte der Fifa erinnern", sagte der ehemalige Weltfußballer. Die Präsidentenwahl in Zürich sei "keine Wahl". Diese Ansicht teilten jetzt noch mehr Leute.

Blatter und seine treue Gefolgschaft

Doch es sieht gut aus für Blatter. Fünf der sechs Kontinentalverbände haben ihm die Treue geschworen. Der mitgliederstärkste Verband ist der afrikanische Caf mit 54 Stimmen. Die meisten Verbände sind auf das Geld der Fifa angewiesen und dürften nahezu geschlossen für Blatter stimmen. Auch die Chefs der Konföderationen von Südamerika (zehn Verbände), Ozeanien (11), Nord- und Mittelamerika (35) und Asien (46) versicherten Blatter ihre Unterstützung.

Die Nationalverbände sind nicht verpflichtet, den Vorschlägen zu folgen. In Asien könnten einige islamisch geprägte Staaten sich auf die Seite des jordanischen Herausforderers schlagen. Das gilt aber im Gegenzug genauso: Die Uefa hat 53 Stimmen, steht aber nicht geschlossen hinter Hussein, Blatter kann auf Stimmen aus Osteuropa zählen. Für den Herausforderer wäre es deshalb schon ein Achtungserfolg, wenn er den zweiten Wahlgang erreicht.

Quelle: ntv.de, mit sid

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