Hoeneß ist aus dem Häuschen Leroy Sané ist nun das, was er immer sein wollte
26.09.2023, 11:29 Uhr
Leroy Sané ist in diesen Tagen äußerst dynamisch unterwegs.
(Foto: dpa)
Leroy Sané startet mit herausragenden Leistungen in die neue Saison. Trainer Thomas Tuchel preist die körperliche Veranlagung des Flügelspielers. Er formuliert einen klaren Anspruch. Das Formhoch des 27-Jährigen hängt auch mit Neuzugang Harry Kane zusammen.
Harry Kane und Leroy Sané, das fluppt. Und wie das fluppt. Zuletzt bekam das der VfL Bochum zu spüren. Zum dritten Mal in Serie ließen sich die Fußballer von der Castroper Straße in München mit 0:7 vermöbeln. Kane traf dreimal und stellte damit einen neuen Vereinsrekord auf. Der englische Superstar bringt es nach seinen ersten fünf Bundesliga-Spielen auf sieben Tore, zwei mehr als die unvergessene Vereinsikone Gerd Müller im Jahr 1965 und auch zwei mehr als Miroslav Klose 2007 und Mario Mandzukic 2012.
Sané steuerte einen Treffer bei. Nach einem phänomenalen Zuspiel von Kane quer über das Feld hatte der DFB-Spieler keine Mühe, den Ball an Manuel Riemann vorbeizuschieben. "Harry macht seine Mitspieler besser, mit seinem Charakter, seinem Stil. Die beiden sind eine gute Kombination im Moment", lobte Trainer Thomas Tuchel am Montag, als er seine Medienrunde vor dem Pokalspiel gegen Preußen Münster an diesem Dienstagabend (ab 20.45 Uhr im ZDF und im Liveticker bei ntv.de) abhielt.
Die "Süddeutsche Zeitung" lobte Sané nach dem Prä-Wiesn-Rausch am Samstagnachmittag als "Bassist" in der Kapelle und befand leicht kritisch, dass der Alleinunterhalter der vergangenen Wochen etwas zurückhaltender agierte als in den Spielen zuvor. Es ist ein Klagen auf höchstem Niveau. Denn auf diesem agiert der Flügelstürmer. Seit Wochen. Im Trikot seines Heimatvereins, im Trikot der Nationalmannschaft. Beim Debakel gegen Japan (1:4) und dem letzten Spiel von Bundestrainer Hansi Flick war er der einzige Aktivposten. Gegen Frankreich, beim ersten und einzigen Spiel von Bundestrainer Rudi Völler, gehörte er ebenfalls zu den Besten.
Das Herz von Uli Hoeneß, dem Ehrenpräsident des Rekordmeisters, "lacht im Leibe", wenn er den "Leroy" derzeit anschaut. Ein Mann von seinem Klub, als Schlüsselspieler bei den beiden größten Mannschaften des Landes, das ist genau nach dem Geschmack des großen Machers des FC Bayern.
"Er kann sprinten ohne Ende"
Sané erfüllt nämlich dieser Tage das, was er von sich selbst erwartet. Er ist ein Unterschiedsspieler. Gegen den grottenschlechten und völlig überforderten VfL musste er das nicht sein. Da reichte es, wenn er immer wieder aufblitzen ließ, was ihn so gefährlich macht. Sein Tempo, sein Dribbling, sein Zug zum Tor. Die Protagonisten in diesem Spiel waren andere. Kane, klar. Dem fällt diese Rolle ja mittlerweile jede Woche zu. Aber auch Eric Maxim Choupo-Moting. Das kam überraschend. Ebenso wie seine Startelf-Nominierung gegen die Bochumer. Aber Chance genutzt und sich für weitere Aufgaben empfohlen. Wie Sané.
Als der Motor des Rekordmeisters in den ersten Tagen der Saison noch stotterte, als die Ergebnisse zwar stimmten, aber nicht immer die gezeigten Leistungen, da war der 27-Jährige zur Stelle. Am ersten Spieltag traf er bei Werder Bremen (4:0) zweimal. Beim knappen Erfolg bei Borussia Mönchengladbach (2:1) erzielte er den wichtigen Ausgleich. Und noch wichtiger: Als die Münchner in Champions League hineingewankt waren, als sie gegen Manchester United zunächst nicht wussten, was sie tun sollten, schlug Sané aus der Distanz zu - er bekam allerdings auch Hilfe von Gästekeeper André Onana, der den Ball durchflutschen ließ. Aber egal, der formstarke Flügelstürmer war der Dosenöffner, seine Mannschaft fortan deutlich besser im Spiel. Am Ende stand ein 4:3-Sieg.
Nach der starken Leistungen gegen die rätselhaften Engländer, die das Spiel im Resultat enger gestaltet hatten als über weite Strecken auf dem Feld, lobte Trainer Thomas Tuchel seinen Flügelstürmer mit einer klaren Ansage: "Das ist sein Niveau - deshalb verlangen wir auch nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die schon so oft kritisierte Reizfigur demonstriert eine starke Verfassung. Tuchel hegt indes keine Sorge, dass diese Form auch dieses Mal nur von kurzer Dauer sein wird. "Bei Leroy bin ich sehr zuversichtlich. Weil das, was er macht, ist das, was er kann. Er ist körperlich eine Maschine. Er kann sich an einem Limit ausbelasten, das nicht für alle das Limit ist", schwärmte sein Coach. "Er kann intensive Läufe provozieren ohne Ende, er kann sprinten ohne Ende." Sané spiele aktuell nicht über dem Niveau, sondern das sei sein Niveau. Ein Ritterschlag.
"Das Mindset ist gut, die Einstellung ist gut"
Immer wieder hat der 27-Jährige dieses Niveau erreicht. Aber selten gehalten. Auch deswegen war er in den vergangenen Jahren zu einer der größten Reizfiguren im deutschen Fußball geworden. Wenn er Selbstvertrauen hat, ist er ein Gigant auf dem Platz. Kaum zu halten. Wenn er das Vertrauen aber nicht spürt, dann wirkt er oft fahrig, unentschlossen, seine Körpersprache mutlos. Er hadert mit sich und drückt das in Gesten aus. Unter Starcoach Josep Guardiola war er bei Manchester City zu einer Attraktion gereift. Die Münchner verliebten sich in den Spieler und holten ihn nach einem langen Gezerre im Sommer 2020 für knapp 50 Millionen Euro an die Säbener Straße. Es war der Beginn einer scheinbar ewigen Berg- und Talfahrt, die gerade einen neuen Höhepunkt erreicht.
"Das Mindset ist gut, die Einstellung ist gut, die Körpersprache ist sehr gut", sagt Tuchel. All diese Dinge waren in der Vergangenheit schon einmal ganz anders. In der chaotischen Rückserie der vergangenen Saison sorgte Sané mit einer Larifari-Einstellung beim Thema Pünktlichkeit für Schlagzeilen. Nun ist aber alles augenscheinlich wieder so, wie es sein soll. "Wenn er das und eine positive Grundeinstellung behält, dann ist das, was wir jetzt sehen, sein Niveau." Als stets gefährlicher Offensivspieler, aber auch als fleißiger Rückwärts-Arbeiter. Zu einem großen Fan von Sané war in den ersten Saisonwochen auch Klubikone Thomas Müller geworden. Anfang des Monats, die Saison war noch deutlich jünger, sagte er: "Man sieht, dass er Spaß hat. Es ist eine Augenweide, ihn spielen zu sehen. Die guten Aktionen, die er hat, sind zum Zunge schnalzen. Mittlerweile hat er auch sehr viele davon im Spiel."
"Er muss die Liga auf seiner Position dominieren"
140 Spiele hat der Sohn von Wattenscheids Sturm-Legende Souleymane Sané für den Rekordmeister absolviert, 80 Scorerpunkte hat er gesammelt, 37 Tore erzielt, 43 vorbereitet. Starke Zahlen. Aber qua Qualität hätten es noch mehr sein können. So hat das Portal transfermarkt.de aufgelistet, dass es Sané bisher noch gelungen war, in der Bundesliga die zweistellige Zahl an Toren und Assists zu erreichen, wie es etwa in den Spielzeiten 2017/18 und 2018/19 bei City in der Premier League der Fall gewesen war. So hatte auch Tuchel zuletzt betont: "Er muss nun die Liga auf seiner Position dominieren - auch in Bezug auf Tore und Vorlagen, er ist kein Talent mehr."
Tuchel bekannte indes in den vergangenen Tagen auch, dass er den Spieler vom ersten Tag so wahrgenommen habe, "dass er sich verbessern will, dass er wahnsinnig gut mit einer offenen Kommunikation klarkommt." Und schon am ersten Tag war eine besondere Beziehung zwischen Trainer und seinem sensiblen Spieler sichtbar: Beim Start in die erste Einheit gab es von Tuchel einen lieb gemeinten Tritt in Sanés Hintern.
Quelle: ntv.de