Die Lehren des 25. Spieltags Hach, wir hatten mal einen Titelkampf
09.03.2020, 11:04 Uhr
Begräbt RB Leipzig stillschweigend seine Meisterschaftsambitionen?
(Foto: imago images/Christian Schroedter)
Der 25. Spieltag der Fußball-Bundesliga wird nicht wie befürchtet von provozierten Spielabbrüchen der Ultras überschattet. Dafür aber von erfolglosen Abstiegskandidaten, einem unwilligen Titelaspiranten und Schönrederei.
1. Niemand hat Lust auf Spielabbrüche
Fast musste man nach dem 24. Spieltag das Gefühl haben, dass der 25. in wildem Kriegsgetöse untergeht. Martialisch hatten Verantwortliche auf allen Seiten verbal Gräben ausgehoben, in denen sie sich für einen Stellungskrieg ohne Vor oder Zurück einzugraben gedachten. Auf der einen Seite diverse Klubverantwortliche, die wild alle Arten gesellschaftlicher Herausforderungen und Probleme zu einer Suppe aufkochten, die den aktiven Fanszenen quer durch die Republik aus guten Gründen so gar nicht schmecken wollte. Auf der anderen Seite Fans, die sich gegängelt, sogar verladen fühlen vom DFB und eben jenen Verantwortlichen in den Logen.
Die Fans protestierten auch an diesem Wochenende in nahezu allen Stadien der ersten Liga. Sie taten das oft einfallsreich und pointiert, manchmal an der Grenze des guten Geschmacks, bisweilen auch stumpf. Einen Spielabbruch zu provozieren, das hatte offenbar keine Fanszene ernsthaft im Sinn gehabt. Auch, wenn die Fans der Frankfurter Eintracht das ihrem Trainer als taktisches Mittel anboten. ("Adi, meld dich, wenn du ´ne Spielunterbrechung brauchst.")

Kreativer Protest? Auf alle Fälle kein Grund für einen Spielabbruch.
(Foto: imago images/Revierfoto)
Ein Waffenstillstand oder wenigstens eine Zeichen der Entspannung war das nicht, im Gegenteil. Es war eine neue Kampfansage. Die Fans, die den Verantwortlichen nicht jede neue Idee zur Gewinnmaximierung einfach durchwinken, haben gezeigt, dass sie nicht das Chaos in den Fußball tragen wollen, sondern vor allem ihre Haltung. Das macht es schwerer, sie einfach zu überhören. Und das macht es für die Liga, die Vereine und den DFB anstrengend. Schlecht ist das nicht, denn es gilt für den so strahlkräftigen Fußball noch eine Menge Fragen zu klären.
2. Leipzig hat die Meisterschaft abgeschrieben
"Wieder unentschieden" muss man aus Leipziger Sicht ja fast schon sagen. Letzte Woche 1:1 gegen Leverkusen, jetzt das 0:0 gegen Wolfsburg, eine Nullnummer ohne offensive Glanzeffekte. Zuerst ohne Timo Werner, der wegen einer Muskelverletzung aus der Vorwoche zunächst auf der Bank saß, ab der 60. mit Timo Werner - der Leipziger Sturm hatte in beiden Fällen keinerlei Durchschlagskraft und zeigte sich wenig meisterlich. Nach nur zwei Punkten aus den letzten beiden Liga-Spielen will jetzt RB-Coach Julian Nagelsmann auch nichts mehr von der Meisterschaft wissen: "Wir müssen unter die ersten Vier kommen. Von Platz eins brauchen wir nicht zu sprechen." Das heißt noch nicht explizit, dass Nagelsmann die Meisterschaft aufgibt, aber es ist nach der wenig überzeugenden Leistung in der Bundesliga schon so etwas wie Resignation zu spüren.
Zu abhängig ist der Kader von seinen Topspielern wie eben Timo Werner. Fällt der aus, geht nach vorne wenig. Eine Stunde lang strahlte Leipzig gegen Wolfsburg keinerlei Torgefahr aus, da musste Nagelsmann Werner bringen, obwohl der nach seiner Verletzung nur einem trainiert hat, ein Risiko- so wird man nicht Meister. So wird man als Bayern-Verfolger Nummer eins von Dortmund abgelöst und muss sich jetzt eher nach hinten umgucken, als nach oben zu schielen.
Die volle Konzentration der Leipziger liegt jetzt ohnehin auf dem Champions-League-Rückspiel gegen Tottenham. Da soll Toptorjäger Timo Werner dann auch wieder von Beginn an angreifen. "Es war wenig Anlass, vor Ekstase zu sprudeln", fasste Nagelsmann den Punkt gegen Wolfsburg zusammen. Vielleicht wird das gegen Tottenham ja dann anders, vielleicht kann Leipzig einfach keine Meisterschaft.
3. Düsseldorf verschenkt einen Big Point, Mainz verweigert die Offensive
Fortuna Düsseldorf und Mainz 05 trennen sich mit einem 1:1-Unentschieden, das im Tabellenkeller wirklich niemandem hilft. Am wenigsten aber den Düsseldorfern, die gegen Mainz eine starke und überraschend dominante Leistung abriefen, sich aber einfach nicht mit einem Dreier belohnen konnten. Und so hängt Fortuna mit 22 Punkten auf dem Relegationsrang fest und tritt im Abstiegskampf auf der Stelle.
Von Beginn an drückte Düsseldorf enorm aufs Tempo, spätestens nach 13 Minuten wäre eine Führung der Elf von Trainer Uwe Rösler hoch verdient gewesen. Von Mainz kam dagegen gar nichts. Dabei stecken die Mainzer ebenfalls unten drin, ein Sieg wäre die große Chance gewesen, sich ein Stück vom Abstiegskampf zu verabschieden. Und was war? Kein Zeichen von unbedingtem Siegeswillen, in der ersten Halbzeit kein einziger Torschuss, am Ende mehr Glück, als guter Fußball. Für Mainz also ein sehr schmeichelhaftes Unentschieden - für Düsseldorf ein erneuter Rückschlag. Aber: "Wir leben noch und werden weiter ums Überleben kämpfen", sagte Düsseldorfs Sportvorstand Lutz Pfannenstiel. Im nächsten Spiel gegen den Letzten aus Paderborn müssen drei Punkte her, danach wartet das Spitzentrio Bayern München, Borussia Dortmund und RB Leipzig.
4. Werder Bremen kann nicht gewinnen aber Schönreden
Bei einem Blick auf die Tabelle ist die Bremer Situation nicht mehr schön zu reden. Doch das sieht Werder-Trainer Florian Kohfeldt offenbar anders. In der Pressekonferenz zeigte sich der 37-Jährige überschwänglich begeistert. "Ich muss meiner Mannschaft ein sehr großes Kompliment machen, wie wir hier in den ersten 20 Minuten aufgetreten sind. Das ist in unserer Situation alles andere als selbstverständlich. Wir haben wirklich sehr, sehr guten Fußball gespielt, sowohl offensiv, als auch defensiv und waren verdient 2:0 in Führung. Das waren die besten 20 Minuten seit sehr langer Zeit."
84 Tage nach dem letzten selbst erzielten Treffer in der Bundesliga schien die Offensive gegen Hertha endlich wieder zu funktionieren - nach sechs Minuten stand es 2:0 für Werder Bremen. Dass die Bremer in dieser Saison Rückstände nicht aufholen können, ist bekannt, doch dass jetzt sogar eine 2:0-Führung gegen einen schwachen und seinerseits verunsicherten Gegner nicht für einen Dreier reicht, verleiht der Werder-Krise eine ganz neue Dimension. Die Bremer schienen von dem eigenen Traumstart derart überfordert, dass sie nach 20 Minuten kurzerhand auseinanderfielen und das Fußballspielen einstellten. Und auch Hertha BSC wollte scheinbar nicht wirklich gewinnen: Schwaches Zweikampfverhalten, wenig Zug zum gegnerischen Tor, fehlerhaftes Aufbauspiel. Doch gegen derart über sich selbst erschrockene Bremer reichte sogar das für eine Aufholjagd und am Ende ein Remis. Dass dieser Punkt eine Bremer Negativserie von fünf Pleiten in Serie beendet hat, interessiert jetzt niemanden mehr. Außer vielleicht Florian Kohfeldt, der aus den ersten 20 Minuten jede Menge Zuversicht zieht.
5. Leverkusen schießt sich warm für mehr
Zum Saisonstart traute man Bayer 04 Leverkusen die direkte Qualifikation für die Europa League zu. Im Laufe der Saison wurde eine Champions-League-Qualifikation immer wahrscheinlicher. Jetzt geht es sogar schon um etwas mehr: Frankfurts Trainer Adi Hütter nannte die Werkself schon vor der Partie gegen seine Mannschaft "Titel-Mitfavorit" und das dürften die Leverkusener mit dem 4:0-Kantersieg gegen die Eintracht unterstrichen haben. Dabei sorgte vor allem der erst 19-jährige Brasilianer Paulinho bei seinem Startelfdebüt für Furore. Die zwei Tore und die Torvorlage des Youngsters hatten einen großen Anteil an dem siebten Heimsieg in Serie.
Quelle: ntv.de