Fußball

Sechs Lehren des 32. Spieltags Humbug-Hoeneß zündelt, Bayern brennt nicht

"Wir müssen zugeben, dass aktuell die Geheimzutat in unserem Spiel ein bisschen fehlt": Thomas Müller, links -nein, Pardon! - rechts.

"Wir müssen zugeben, dass aktuell die Geheimzutat in unserem Spiel ein bisschen fehlt": Thomas Müller, links -nein, Pardon! - rechts.

(Foto: dpa)

Uli Hoeneß meldet sich beim FC Bayern zurück und macht sich sofort unbeliebt. Das Team und Josep Guardiola zittern derweil vor Atlético. Leverkusen lebt die DDR-Hymne und Wolfsburg verliert den Respekt vor sich selbst.

1. Münchner Missverständnisse haben Methode

Bevor Uli Hoeneß als einer der größeren Steuerbetrüger der deutschen Geschichte aufflog, war er einer der größten Männer im deutschen Fußball. Erst als Manager, dann als Präsident - Hoeneß war "Mr. FC Bayern", der Münchner Macher, Architekt der mittlerweile schottischen Verhältnisse in der Bundesliga. An diesem 32. Spieltag nun hat sich Hoeneß zurückgemeldet - und es war alles wie immer, fand auch das Berliner Inforadio: Hoeneß sei zwar noch gar nicht lange wieder auf freiem Fuß, mache sich aber schon wieder unbeliebt. Die Behauptung von Humbug-Hoeneß, BVB-Kapitäns Mats Hummels habe sich dem FC Bayern vor die Füße geworfen, heizte in Dortmund den Frust bei Fans, Verein und Hummels selbst an. Bayerns Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge sprach zwar von einem bedauerlichen Missverständnis, der "Uli hat vielleicht was falsch verstanden", sei aber "jetzt informiert und aufgeklärt".

Humbug-Hoeneß.

Humbug-Hoeneß.

(Foto: imago/Jan Huebner)

Glaubwürdig klang es nicht, wie er Hoeneß als eine Art Beckenbauer II darstellte. Mithin als einen, der zwar gerne rede, aber gar nicht so recht wisse worüber. Denn derlei Missverständnisse haben in München durchaus Tradition und Methode. Ein bisschen mehr Unruhe beim derzeit sehr starken BVB kann nicht schaden, man trifft sich ja am 21. Mai zum Pokalfinale im Berliner Olympiastadion. Und momentan spricht die Formkurve für die Dortmunder. Zuletzt hatte es vor fast genau einem Jahr eine bedauerliche Kommunikationspanne gegeben. Damals erzählte Bayerns Aufsichtsrat Helmut Markwort kurz vor dem Pokalhalbfinale zwischen FC Bayern und Dortmund, der damalige BVB-Coach Jürgen Klopp habe 2013 zum FC Bayern überlaufen wollen - der ihm aber zugunsten von Josep Guardiola abgesagt. Kurz darauf korrigierte sich Markwort, er habe sich im Jahr vertan, sehr bedauerlich das Ganze. Das Halbfinale gewann nach drei Münchner Missverständnissen vom Elfmeterpunkt dann der BVB.

2. Bayern verzagt, Schale vertagt

Vielleicht haben wir etwas missverstanden. Vielleicht war es dem FC Bayern aber auch ganz recht, dass am Wochenende Uli Hoeneß die Schlagzeilen bestimmte. Vom 1:1 im Heimspiel gegen die Gladbacher gab es ja nicht viel Erfreuliches zu berichten. Zum vierten Mal in Folge blieb die Borussia in der Bundesliga unbesiegt gegen die Bayern des Josep Guardiola - und verdarb den Münchnern so ganz nebenbei die vorzeitige Meisterfeier. Mehr als die vertagte Schale grämte die Münchner allerdings die verzagte Leistung. "Wir müssen zugeben, dass aktuell die Geheimzutat in unserem Spiel ein bisschen fehlt. Jetzt müssen wir nachforschen, was das ist, und das am Dienstag zufügen", bilanzierte Thomas Müller. Dann kommt (ab 20.45 Uhr im n-tv.de Liveticker) Atlético Madrid zum Halbfinal-Rückspiel in der Champions League vorbei, mit einer 1:0-Führung im Gepäck. Anders als in der Bruchbude Vicente Calderón durfte Müller gegen Gladbach wieder in der Startelf ran, gemeinsam mit Serdar Tasci erarbeitete er die Führung. Doch inspiriert schwungvoll, spielfreudig, begeisternd war die Bayern-Leistung schon nicht, bevor André Hahn den Ausgleich erzielte. Die Suche nach der verlorenen Leichtigkeit, der geistigen und körperlichen Frische geht weiter, und die Münchner besorgt das durchaus. Trainer Guardiola beschwichtigte zwar: "Natürlich müssen wir besser spielen, aber es ist ein anderer Wettbewerb, eine andere Situation." Für Müller ist indes klar: "Wir müssen als Mannschaft ein richtiges Feuerwerk abbrennen." Sonst brennt es ab Mittwoch beim FC Bayern.

3. Leverkusen: Auferstanden aus Ruinen

Glänzend gelaunt: Roger Schmidt mit Christoph Kramer.

Glänzend gelaunt: Roger Schmidt mit Christoph Kramer.

(Foto: imago/Uwe Kraft)

Am 24. Spieltag war Roger Schmidt gefühlt schon entlassen. Erst hatte er gegen Dortmund mit seinem Schiedsrichter-Ausraster für den Skandal der Saison gesorgt. Nun musste er von der Tribüne mit ansehen, seine Leverkusener daheim gegen Werder Bremen mit 1:4 die dritte Ligapleite in Folge kassierte. Ja, richtig, gegen Bremen! Am 32. Spieltag aber bekam Schmidt das Lachen nicht mehr aus dem Gesicht. Von der Trainerbank hatte er eben mit angesehen, wie seine Leverkusener im Millionenspiel gegen Hertha BSC mit 2:1 triumphiert und sich mit dem siebten Ligasieg in Folge die direkte Champions-League-Qualifikation gesichert hatten. Die Weigerung, Schmidt auch nur infrage zu stellen, wurde mit der längsten Siegesserie der Vereinsgeschichte belohnt. Auch wenn Hoffenheims Ermin Bicakcic gegen Ingolstadt kurzzeitig zombiehaft daherkam wurde: die wahren "Zombies" der Bundesliga sind Schmidt und Leverkusen, sie haben geschafft, was der DDR einst verwehrt blieb: Die Auferstehung aus Ruinen. Bayers Keeper Bernd Leno bemühte jedoch ein anderes Bild für den Umstand, dass Bayer binnen sieben Spielen aus sechs Punkten Rückstand auf Platz drei acht Zähler Vorsprung auf Rang vier gemacht hatte. Er fand: "Wir waren quasi der Ferrari unter den Schnecken."

4. Sieben kämpfen gegen den Abstieg

Während sie in Freiburg die Rückkehr ins Deutschlands höchste Fußballklasse feiern und sie in Leipzig davon ausgehen, demnächst erstmals zum Kreis der 18 besten Mannschaften des Landes zu gehören, bleibt der Kampf gegen den Abstieg aus der Bundesliga spannend. Für Hannover ist alles zu spät, ansonsten hoffen und bangen sieben Klubs: der Hamburger SV, der FC Augsburg, die TSG Hoffenheim, der SV Darmstadt 98, der VfB Stuttgart und der SV Werder Bremen. Einen erstaunlichen Willen entwickeln dabei die Frankfurter. Erstmals seit langer Zeit haben sie sich wieder auf den Relegationsrang vorgearbeitet. Beim 2:1 in Darmstadt gelang es der Mannschaft von Trainer Niko Kovac zum zweiten Mal in Folge, ein 0:1 noch in einen Sieg zu verwandeln, bereits am 31. Spieltag gegen den FSV Mainz war ihnen das gelungen. "Wir leben wieder", sagte Eintrachts Torhüter Lukas Hradecky. Und Kovac konstatierte: "Ich bin sehr glücklich. Das Ergebnis ist gut, weil wir jetzt alles in unserer Hand haben." Nun: Am kommenden Samstag kommt Borussia Dortmund ins Waldstadion, bevor es am letzten Spieltag zum Showdown nach Bremen geht.

 

5. Werder macht mobil, VfB schaut auf Pflanzen

Eben dort, also beim Tabellenvorletzten in Bremen, machen sie bereits heute vor dem nicht unumstrittenen Montagsspiel gegen den um zwei Punkte besseren VfB Stuttgart mobil (ab 20.15 Uhr im Liveticker bei n-tv.de). Werders Manager Thomas Eichin glaubt: "Die Nerven werden die entscheidende Rolle spielen." Trainer Viktor Skripnik ist sich sicher, "dass wir keine Angst haben, Respekt vor dem Gegner ja, Angst nein". Und Stuttgarts Trainer Jürgen Kramny sagt: "Jetzt gilt es, da zu sein, richtig da zu sein, sich zu wehren, mit jeder Faser des Körpers."

Die Stuttgarter sind zur Vorbereitung mal eben von Mittwoch bis Freitag nach Mallorca geflogen, um in Llucmajor im Inneren der Insel zu sich selbst zu finden. "Da konnte man nicht mehr tun als schlafen, essen, trainieren und Pflanzen anschauen", sagte Kramny. Die Reise soll mal so eben 15.000 Euro gekostet haben. Aber: "Die Trainingseinheiten waren wertvoll, die Gespräche waren wertvoll." Zudem sei es so: Statt der normalerweise 4000 Fans werden wohl nur ein paar versprengte Stuttgarter Anhänger ihre Mannschaft im Weserstadion unterstützen. Die Ultras boykottieren das Spiel aus Protest gegen die DFL und ihre Terminplanung. "Deswegen haben wir uns schon mal abgeschottet", sagte Kramny. Denn: "Wir müssen uns auf uns konzentrieren und auf uns verlassen."

6. Wolfsburg blamiert sich nach Kräften

In Wolfsburg sind sie derweil sehr erfolgreich mit ihrem Anliegen, sich im Saisonendspurt ungeniert der Lächerlichkeit preiszugeben. Ach was, Endspurt: Der VfL taumelt willenlos von Spieltag zu Spieltag, das 1:5 in Dortmund war nicht mehr als ein schlechter Witz. Die "Wolfsburger Allgemeine" urteilte: "Diese Mannschaft hat nicht nur dieses Spiel verloren, sondern auch den Respekt vor sich selbst." Manager Klaus Allofs räumte ein: "Das ist Mittelmaß - wenn nicht weniger." Und Trainer Dieter Hecking, der die Mannschaft im vergangenen Jahr auf Platz zwei und zum Sieg im DFB-Pokal geführt hatte, war ratlos: "Was soll ich da groß sagen? Wir sind momentan nicht in der Verfassung, Antworten auf Nackenschläge zu haben." Seit sieben Partien haben die Wolfsburger nicht mehr gewonnen, das Thema Europapokal ist in der kommenden Saison definitiv keins mehr. Theoretisch können sie sogar noch absteigen, am kommenden Samstag geht es zum Hamburger SV. Davor wollen sie vielleicht noch einmal wegfahren, zumindest denken sie darüber nach. "Wir werden Trainingsabläufe verändern", zitierten Wolfsburger Zeitungen Trainer Hecking. Der hatte seine Spieler am eigentlich trainingsfreien Montag zu einer Laufeinheit gebeten. Äußern wollte sich danach niemand. Und das ist mutmaßlich gut so.

Quelle: ntv.de

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