Unnötige Unruhe vorm Pokal-Krimi Hummels' Bauch schmerzt den BVB
07.04.2015, 16:32 Uhr
Vom Musterschüler zum Unruhestifter: Mats Hummels, BVB-Kapitän.
(Foto: picture alliance / dpa)
BVB-Kapitän Mats Hummels denkt offen über einen Vereinswechsel nach. Damit bringt er Unruhe in den Klub und sein eigenes Spiel, zur Unzeit. Denn im DFB-Pokal geht es für Dortmund gegen Hoffenheim um die letzte Chance auf Europa.
Eine Bauchentscheidung sei es gewesen, damals, vor sieben Jahren. Mats Hummels war im Winter 2007/08 gerade 19 Jahre alt geworden und stand als junger Innenverteidiger beim FC Bayern München unter Vertrag. Ein paar Bundesliga-Minuten hatten sie ihm beim Rekordmeister gegönnt, die Aussicht auf deutlich mehr Einsatzzeit war dünn.
Voraussichtliche Aufstellungen
Dortmund: Weidenfeller - Sokratis, Subotic, Hummels, Schmelzer - Bender, Gündogan - Blaszczykowski, Reus, Kampl - Aubameyang
Hoffenheim: Baumann - Beck, Strobl, Bicakcic, Kim - Polanski, Rudy - Volland, Zuber, Roberto Firmino - Schipplock
Schiedsrichter: Aytekin
Zu dünn für den ehrgeizigen Hummels, der sich deshalb ausleihen ließ und wählen konnte - zwischen Borussia Dortmund und 1899 Hoffenheim. Er entschied sich für den Pott. Eine Bauchentscheidung. Eine Entscheidung für eine bisher großartige Karriere – die beim BVB nun vor einer ungewissen Zukunft steht. Denn in Hummels' Bauch rumort es.
Unter Borussias Trainer Jürgen Klopp ist der 26-Jährige zum Weltklasse-Verteidiger gereift. Mit dem BVB gewann er zwei Deutsche Meisterschaften und einmal den DFB-Pokal. Mit Dortmund erreichte er vor 2013 das Champions-League-Finale in London, dort unterlag die Borussia dem Dauerrivalen aus München nur knapp mit 1:2. Es war eines der besten Spiele von Hummels und dem BVB in der jüngeren Vereinsgeschichte.
Seit der Krönung aus dem Tritt
Im vergangenen Sommer gewann der Innenverteidiger mit dem DFB-Team den WM-Titel, die Krönung seiner Laufbahn. An der Seite von Bayerns Jerome Boateng war Hummels nicht nur im Finale eine der prägenden Figuren in der Elf von Joachim Löw. Doch danach geriet er, wie viele seiner Nationalmannschaftskollegen erstmal aus dem Tritt.
In der Bundesliga-Hinrunde 2014 erinnerte wenig an den so zuverlässigen, aufmerksamen Mats Hummels der vergangenen Jahre. Ungewohnte Schwächen im Zweikampf, schlechtes Stellungsspiel, kaum noch Kreatives für den Spielaufbau – der Innenverteidiger bekam Woche für Woche schlechte Noten für seine Leistungen. Erst eine erneute Bauchentscheidung brachte Anfang Dezember, am 14. Spieltag, die Wende.
Dortmund gegen Hoffenheim, dieses Duell gab es schon einmal im Pokal-Viertelfinale – am 26. Februar 2008. Dortmund gewann durch Tore von Giovanni Federico, Tinga und Mladen Petric mit 3:1. Hummels wurde in der 70. Minute eingewechselt. Es war eines seiner ersten Pflichtspiele für den BVB – nur kurz nachdem ihn sein Bauch ins Ruhrrevier gelotst hatte.
Nach kurzer Verletzungspause kehrt Hummels zurück ins Team. Die Dortmunder treffen daheim auf 1899 Hoffenheim – heute Abend kommt es im Viertelfinale des DFB-Pokals (ab 20.30 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) erneut zum Duell. In der 47. Minute bekommen die Gäste aus dem Kraichgau einen Freistoß an der Strafraumgrenze zugesprochen. BVB-Keeper Mitchell Langerak ordnet die Mauer. 1899s Sebastian Rudy zirkelt den Ball über den Borussen-Abwehr und würde wohl im Winkel einschlagen, doch Hummels spürt offenbar etwas in seinem Bauch. Er löst sich aus der Mauer, läuft ein paar Meter zurück und lenkt den Ball mit einer sensationellen Kopfball-Abwehr über den Dortmunder Kasten. Eine gute Entscheidung
Wieder Hoffenheim, wieder der Bauch
Nun kommt heute Abend also erneut Hoffenheim nach Dortmund und wieder einmal kündigt der Mannschaftskapitän von Borussia Dortmund eine Bauchentscheidung an. Hummels kokettiert mitten in den saisonentscheidenden Wochen mit einem Vereinswechsel. "Ich sage offen und ehrlich, dass ich über meine Zukunft nachdenke", erklärte er Ende März in einem Interview mit dem "Kicker". Er sei kein Freund, sagte er in dem Gespräch weiter, "von denen, die vordergründig vom Bleiben reden und insgeheim schon abgeschlossen haben mit dem Thema". So weit, so ehrlich. So clever?
Natürlich ist es legitim, sich als Spieler Gedanken über die Zukunft zu machen. Borussia Dortmund wird in der kommenden Saison nicht in der Champions League spielen, dafür haben die eigene Formschwäche und Juventus Turin gesorgt. Das ist für einen Spieler mit der Klasse eines Mats Hummels eine Niederlage. Sich mit den Besten zu messen ist sein Anspruch. Und zu den Besten gehört der BVB derzeit nicht. Auch deswegen sagt der Innenverteidiger: "Jeder weiß, wie sehr es mir in Dortmund gefällt, aber dass ich auch möchte, dass wir eine schlagkräftige Truppe und schlagkräftige Herangehensweise haben."
Schlechtes Timing
Aber genau das ist derzeit in Dortmund noch offen. Erst wenn Klarheit darüber herrscht, ob sich der BVB noch für den europäischen Wettbewerb qualifiziert, kann mit einer seriösen Kaderplanung und entsprechenden Investitionen begonnen werden. Vorher nicht. Und genau deshalb wirkt der Zeitpunkt der Aussagen des BVB-Kapitäns ziemlich deplatziert, zumal sich mit Marco Reus ein anderer Leistungsträger erst kürzlich an den BVB gebunden hat.
In der Bundesliga kämpft die Elf von Jürgen Klopp mehr oder minder motiviert um den Anschluss an die Europacup-Ränge fünf und sechs. Im ersten Spiel nach dem viel beachteten Interview verliert ausgerechnet Mats Hummels den Zweikampf, der die 0:1-Niederlage gegen den FC Bayern München einleitet. Über den Liga-Weg sind die begehrten Ränge nach der Pleite kaum noch zu erreichen – die letzte Chance auf Europa bleibt somit der DFB-Pokal.
Hummels Patzer gegen den deutschen Rekordmeister und seine offen verkündeten Wechselabsichten – sie haben Unruhe reingebracht in Dortmund. In einer Phase, wo eigentlich alle Konzentration dem Sportlichen gelten müsste, um die ziemlich verkorkste Saison noch irgendwie versöhnlich zu Ende zu bringen. Warum er sich ausgerechnet jetzt so nebulös zu seiner Zukunft geäußert hat, bleibt sein Geheimnis. Das Timing jedenfalls war nicht besonders clever. So stellte dann auch die Dortmunder Vereinsführung um Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Sportdirektor Michael Zorc in ihren Einschätzungen zu Hummels Aussagen in Frage, ob man diese wirklich hätte öffentlich tätigen müssen.
Fremdelnder Kapitän
Das Interview mit dem "kicker" ist nicht die erste Aktion in dieser Saison, in der der sonst stets souverän wirkende Hummels mangelndes Fingerspitzengefühl beweist. In der Hinrunde schien Dortmunds neuer Kapitän in der Krise wiederholt mit dem Team zu fremdeln, das er eigentlich anführen soll. So gab es zum Beispiel nach der 0:1-Niederlage in Berlin Ende des vergangenen Jahres Irritationen um seinen frühzeitigen Abgang in die Kabine. Während sich die Kollegen nach dem Spiel den enttäuschten Fans stellten, drehte Hummels nach einem kurzen Schlenker ab. Eine nebulöse Erklärung dafür gab es via Twitter erst, nachdem sich im Internet deutlicher Unmut artikuliert hatte.
Heute Abend nun kämpft der BVB im Pokal-Viertelfinale um seine wahrscheinlich letzte Chance auf einen Startplatz in Europa in der Saison 2015/16. Mats Hummels wird gegen Hoffenheim wieder in der Innenverteidigung stehen. Eine Entscheidung über seine Zukunft steht noch aus – aus Sicht der Dortmunder Fans bleibt nur zu hoffen, dass sie ihm ausgerechnet gegen Hoffenheim nicht zu große Schmerzen bereitet.
Quelle: ntv.de