So spielt Bayern in Barcelona Lewandowski lässt hoffen - explodiert Götze?
06.05.2015, 13:39 Uhr
Kommt Mario Götze heute Abend aus seinem Formtief?
(Foto: imago/mika)
Spielt Lewandowski? Zeigt Götze, dass er besser ist als Messi? Übersteht Guardiola die Rückkehr nach Barcelona? Fragen über Fragen vor dem Halbfinale des FC Bayern in der Champions League. Das wird wohl spannend.
Worum geht’s?
Für Josep Guardiola, der sich bei der Pressekonferenz vor dem Spiel emotional und nervös wie selten zeigte, geht es darum, zum ersten Mal in seinem Berufsleben als Fußballtrainer gegen den Klub seines Herzens anzutreten. Und das im Halbfinale der Champions League. Vor fast auf den Tag genau drei Jahren, am 5. Mai 2012, stand er beim 4:0 gegen den Stadtrivalen Espanyol zum mutmaßlich auf lange Zeit letzten Mal als Trainer des FC Barcelona an der Seitenlinie im Camp Nou. Für Guardiola geht es aber noch mehr darum, mit dem FC Bayern das Endspiel am 6. Juni im Berliner Olympiastadion zu erreichen.
FC Barcelona: ter Stegen - Dani Alves, Piqué, Mascherano, Jordi Alba - Buquets - Rakitic, Iniesta - Messi, Suarez, Neymar
Bayern München: Neuer - Rafinha, Benatia, Boateng, Juan Bernat - Xabi Alonso, Schweinsteiger, Lahm - Thiago - Müller, Lewandowski
Schiedsrichter: Nicola Rizzoli (Italien)
Anstoß: 20.45 Uhr im Estadio Camp Nou
Dafür wäre es hilfreich, sich heute (ab 20.45 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) beim FC Barcelona so aus der Affäre zu ziehen, dass im Rückspiel am Dienstag nächster Woche noch alles drin ist. Die Frage ist, welche Taktik der Trainer gegen seine ehemalige Mannschaft wählt. Denkbar ist eine auf Sicherheit bedachte Variante mit einer massiven Dreierkette in der Abwehr vor Torhüter Manuel Neuer, die Rafinha, Jérôme Boateng und Medhi Benatia bilden könnten. Hinzu kämen im defensiven Mittelfeld Kapitän Philipp Lahm, Xabi Alonso, Bastian Schweinsteiger und Juan Bernat. Die Außendienstmitarbeiter Lahm und Bernat würden sich dann im Defensivfall zurückfallen lassen, auf dass eine noch massivere Fünferabwehrkette entstehe. Aber wer weiß das schon bei Guardiola? Und welche Bedeutung hat das? Lionel Messi, sein ehemaliger Spieler und immer noch Barças Bester, jedenfalls sagt: "Er kennt uns. Wir kennen ihn ganz gut. Es hält sich die Waage."
Wie ist der FC Bayern drauf?
Auffällig ist, das die Münchner unisono betonen, heute vor mehr als 90.000 Zuschauern im Camp Nou, dem größten Fußballstadion Europas mit wunderbar steilen Zuschauerrängen, nicht als krasser Außenseiter anzutreten. Angesichts der doch einigermaßen langen Liste der verletzten Spieler drängt sich dieser Verdacht nämlich auf. Noch einmal fürs Protokoll: Arjen Robben, Franck Ribéry, David Alaba und Holger Badstuber fehlen. Zudem ist Sebastian Rode wegen eines Muskelfaserrisses nicht dabei. Aber die Bayern glauben, dass sie ja immer noch die Bayern sind. Immerhin stehen sechs deutsche Weltmeister im Kader: Neuer, Boateng, Schweinsteiger, Lahm, Thomas Müller und Mario Götze. Torhüter Neuer kündigt dann auch an: "Wir werden uns nicht verstecken." Und Kollege Thiago, der wohl intuitivste Spieler seiner Mannschaft und vor seinem Wechsel nach München in Diensten des FC Barcelona, verspricht: "Wir haben ein großes Herz. Wir kämpfen, bis wir sterben."
Auf welche Münchner kommt's besonders an?
Dem Vernehmen nach auf Robert Lewandowski. Über die Gesichtsmaske des polnischen Nationalspielers ist alles gesagt. Und Trainer Guardiola hat angekündigt, dass der Angreifer selbst entscheiden darf, ob er heute aufläuft. Der würde ja wohl wollen. Aber kann er auch - eine Woche, nachdem er sich Oberkiefer und Nasenbein gebrochen hat? Er hofft. "Robert kann das am besten beurteilen", erklärte sein Kollege Boateng. "Aber man muss schon ein sicheres Gefühl haben. Du kannst nicht ins Spiel gehen und sagen, wenn die Situation kommt, dann muss ich ein bisschen aufpassen." Und Hobbyarzt Neuer versichert: "Robert kennt seinen Körper und weiß, inwieweit er da ein Risiko eingeht." Nun denn, hoffentlich lässt er sich gut beraten. Aber Lewandowski ist nun einmal der, der in den jüngsten elf Spielen neun Tore erzielt hat. In bisher 44 Partien dieser Saison hat er 23 Mal getroffen. Zudem ist er einer, der gerade beim Gegenpressing den Ball erobern und verteidigen kann. Keine Frage: Sie könnten ihn heute Abend gut gebrauchen. Und sei es als Einwechselspieler.
Nicht ganz so unwichtig dürfte aber auch sein, wie sich Götze heute schlägt - wenn er denn überhaupt in der Startelf steht. Das mutmaßlich begabteste und teuerste Talent des deutschen Fußballs bleibt zwar bis an sein Lebensende der WM-Finaltorschütze, aber beim FC Bayern läuft es für den 22-Jährigen in dieser Saison nach starkem Beginn nicht ganz so glorios. 14 Mal wurde er ausgewechselt, 4 Mal eingewechselt. Neun Tore erzielte Götze in seinem zweiten Jahr bei den Münchnern bisher, vier bereitete er vor. Das ist nicht schlecht, aber eben auch nicht super gut. Zumindest nicht gemessen an dem, was der offensive Supertechniker eigentlich kann. In seinen jüngsten 18 Bundesligaspielen traf er nur beim 8:0 gegen den Hamburger SV im Februar. Ansonsten: nix und eine Vorlage. Sagen wir es so: Eine Sternstunde heute im Camp Nou stünde ihm gut zu Gesicht. Das würde den FC Bayern durchaus weiterbringen - vielleicht letztlich sogar bis ins Finale nach Berlin. Und wer hat noch einmal gesagt, Götze solle der Welt zeigen, dass er besser sei als Messi? Wäre heute ein guter Tag, oder, Joachim Löw?
Wie läuft’s beim FC Barcelona?
Die alles entscheidende Frage ist, ob Messi seine schwarze Serie beendet. Schwarze Serie? Messi? Aber hallo! Noch niemals in seinem 27 Jahre während Leben hat der Argentinier ein Tor gegen den deutschen Nationaltorhüter Neuer geschossen. Und der steht heute Abend im Tor des FC Bayern. Das allerdings dürfte heute Abend das einzige Problem des FC Barcelona sein. Ansonsten läuft nämlich alles wie am Schnürchen, die Mannschaft hat sogar noch die Chance auf das Triple aus nationaler Meisterschaft, der Copa del Rey und dem Triumph in der europäischen Königsklasse. Zumal der Mangel an Gelegenheiten die Unfähigkeit Messis vielleicht ein wenig relativiert. Und natürlich die Tatsache, dass Messi mit dem Brasilianer Neymar und dem Uruguayer Luis Suárez zwei Kollegen an seiner Seite hat, die ebenfalls gerne Tore schießen. Zusammen hat dieses galaktische Trio in dieser Saison 108 Treffer erzielt, darunter 20 der 23 des FC Barcelona in der Champions League - wenn auch kein einziges gegen Neuer.
War sonst noch was?
Jetzt mal im Ernst: Wie wollen die Bayern heute Lionel Messis Kreise stören? Guardiola macht den Seinen da zunächst einmal wenig Mut: "Sein Talent ist so immens, das ist nicht zu kontrollieren. Wenn er so spielt, wie er es kann, ist er nicht zu stoppen." Es dürfte allerdings nicht so sein, dass der Trainer des FC Bayern darauf setzt, dass der viermalige Weltfußballer eh kein Tor gegen Neuer schießt. "Er ist einfach zu gut." Und überhaupt, sagte Guardiola, habe er beim Gegner keinen Schwachpunkt ausmachen können. Also lautet der Plan: "Man kann nur versuchen, ihn nicht an den Ball kommen zu lassen." Also alle Mann auf Messi? Hm. Bliebe das Problem, wer sich um die anderen Künstlern im Ensemble des FC Barcelona kümmert. Das Ganze ist also kompliziert. Aber vielleicht gelingt es ja - mit sechs Weltmeistern im Kader. Schließlich hat es im WM-Finale zu Rio de Janeiro auch geklappt. Messi scheint das allerdings vor seinem 100. Spiel in einem europäischen Wettbewerb wenig zu kümmern. "Ich genieße hier alle Freiheiten." Abgesehen davon könnte ihn motivieren, dass er nicht mehr der Rekordtorschütze der Champions League ist. Real Madrids Cristiano Ronaldo traf gestern im anderen Halbfinale beim 1:2 in Turin und kommt jetzt auf 76 Treffer. Will er zumindest wieder gleichziehen, müsste Messi heute also gegen Neuer treffen.
Quelle: ntv.de