Das teuerste Team aller Zeiten So macht PSG die Königsklasse überflüssig
07.08.2021, 19:51 Uhr
Lionel Messi und Neymar könnten bald wieder gemeinsam im Ligaalltag arbeiten.
(Foto: picture alliance / HMB Media / Laurent Lairys)
Lionel Messi wechselt wohl zu Paris St. Germain. Nach dem Blitz-Knockout der Verhandlungen mit dem FC Barcelona hat er damit schnell einen neuen Klub gefunden. In der französischen Hauptstadt spielt damit künftig eine Truppe, für die es keinen echten Wettbewerb mehr gibt.
Wahrscheinlich ist es einfach zu erklären, warum Lionel Messi zu Paris St. Germain wechselt. Wahrscheinlich wechselt Lionel Messi nämlich zu Paris St. Germain weil er (a) verdammt viel Geld bekommt und (b) in einer Mannschaft spielt, die ihm den großen Titel noch einmal möglich macht. Den Gewinn der Champions League. Das würde sich dann übrigens ganz prima mit den Wünschen der Superreichen aus der obersten Klubetage treffen. Denn die Männer aus Katar pumpen ihre zig Millionen bis Milliarden ja nicht in den Verein, um schöne Siege gegen den FC Lorient (sorry, wenn sich jemand verletzt fühlt) zu feiern. Nein, das aberwitzige Investment zielt alleine auf den Henkelpott.
Eine andere Interpretation für den wohl unmittelbar bevorstehenden Wechsel von Messi in die französische Hauptstadt wäre viel netter. Man könnte ja nämlich auch vermuten, dass der 34-Jährige im fortgeschrittenen Alter keine große Lust mehr spürt, seine eher schmächtige Gestalt der Gefahr weiterer Zusammenpralle mit dem eher kolossalen Körper von Sergio Ramos auszusetzen. Über ein Jahrzehnt duellierte sich der filigrane Argentinier mit dem Abwehrchef von Real Madrid, der am Fußballspiel sehr viele Dinge schätzt, eine Sache aber eben nicht: filigrane Fußballer. Nun war die Gefahr weiterer Zusammenpralle eher gering. Denn Ramos hatte seinen Klub verlassen müssen. Nach reichlich Ärger in Vertragsgesprächen.
Was für ein Trio
Paris St. Germain bot sich an, den suchenden Weltstar zärtlich in Obhut zu nehmen. Nicht ganz ohne Interesse am eigenen Vorteil. Denn so einen richtig guten Abwehrchef, einen von höchstem Format, den hatten sie ja nicht (mehr) in ihren Reihen. Ein Duell zwischen Ramos und Messi wäre also in der Liga nicht mehr möglich gewesen. Nur noch in der Champions League. Die wollen beide unbedingt noch einmal gewinnen. Bei Ramos ist der letzte Triumph drei Jahre her, bei Messi schon erstaunliche sechs Jahre. Der Argentinier musste zuletzt sogar zwei amtliche Demütigungen ertragen. Einmal in der historischen Finalrunde 2020 gegen den FC Bayern (2:8) und im folgenden Jahr im Achtelfinale gegen Paris St. Germain. Seinen nun wohl neuen Arbeitgeber. Gute Sache also: Ramos ist nicht mehr der kampfstarke und Schmerz versprechende Gegner, sondern der abräumende Gentleman im Rücken.
Man kann nun darüber staunen, was da in Paris passiert. Mutmaßlich spielt da in der neuen Saison die spektakulärste Mannschaft, die seit vielen Jahren im internationalen Fußball zusammengestellt wurde. Sicher ist es die teuerste Mannschaft, die es je gab. Katar macht’s möglich. Die neue Nation der unbegrenzten Möglichkeiten. Man kann sich nun aber auch darüber wundern, dass solch eine Mannschaft nicht gegen das Financial Fairplay verstößt. Denn auch wenn Messi und Ramos keine Ablöse kosten, im Unterhalt sind sie schweineteuer. Damit wären sie in Paris dann keine Einzelfälle. Schließlich tummeln sich da ja schon Neymar und Kylian Mbappé. Der eine (Neymar) ist der teuerste Fußballer der Welt. Der andere (Mbappé) wird es vermutlich irgendwann werden. Real Madrid soll sehr interessiert sein. Aber erstmal muss er wohl noch bei PSG liefern.
Wenn nicht jetzt - wann dann?
Wem jetzt schon schwindelig ist, der sollte kurz die Augen (oder diesen Artikel) schließen, denn es geht ja noch ein wenig weiter mit dem vogelwilden Aufrüsten der Pariser, die in der vergangenen Saison übrigens tatsächlich nicht Meister in der heimischen Ligue 1 geworden waren. Sachen gibt’s. Neu im Team ist auch noch Europameister-Torwart Gianluigi Donnarumma, der ja auch als bester Spieler des Turniers ausgezeichnet worden war. Der Bedarf zwischen den Pfosten war jetzt nicht so dramatisch groß, mit Keylor Navas gibt es einen guten bis sehr guten Mann. Aber gut, wenn man bei den finanziellen Möglichkeiten keine Abstriche machen muss, dann kann man sich mühelos noch ein Upgrade auch auf dieser Position leisten. Kleine Fun Fact der irren Auswüchse der Transferpolitik: Aktuell beschäftigt PSG sechs Keeper im Profi-Kader. Mutmaßlich sind das drei zu viele, aber: egal.
War sonst noch was? Aber ja! Mit Achraf Hakimi, er kam für rund 60 Millionen Euro von Inter Mailand, und Georginio Wijnaldum, er kam ablösefrei vom FC Liverpool, entschieden sich weitere Hochkaräter in diesem Sommer für einen Wechsel zum ohnehin schon top besetzten Klub. Kleiner Auszug aus der Liste des Personals, das schon länger dabei ist: Marquinhos (Marktwert: 75 Millionen Euro), Marco Verratti (Marktwert: 55 Millionen Euro), Mauro Icardi (Marktwert: 40 Millionen Euro) oder aber Presnel Kimpembe (Marktwert: ebenfalls 40 Millionen Euro). Das teuer konstruierte Projekt erinnert an die Zeiten der "Galacticos" bei Real Madrid. Auch wenn Messi vom FC Barcelona kommt.
Klar ist: Wenn Paris St. Germain mit dieser Mannschaft nicht die Champions League gewinnen kann, mit welcher denn dann? Individuelle Qualität in allen Mannschaftsteilen, Führungsstärke, da kommt schon einiges zusammen. Allerdings auch gewaltige Egos mit tüchtigen Dickköpfen. Ein Problem? Vielleicht. Aber sie alle eint ja das Ziel: Endlich (wieder) Henkelpott. Und mit Mauricio Pochettino wird dieses Ensemble von einem Mann orchestriert, der auch nicht zu den schlechtesten der Branche gehört, selbst wenn er im vergangenen Jahr den Meistertitel verpasst hat. Was Thomas Tuchel, seinem Vorgänger, übrigens nie passiert ist. Gut, es waren auch nur zwei.
Nur ein echter Wettbewerber
Was echt bitter ist: Dass es in Pandemie-Zeiten, in denen selbst der große und immer sehr seriös arbeitende FC Bayern am Transfermarkt kämpfen muss und nur noch sorgfältig ausgewählte Top-Deals stemmen kann, solch ein Transfer-Wahnsinn möglich ist, torpediert jedes Ansinnen des Fußballs, wieder demütiger zu werden. Für Investoren, ob Oligarchen oder Scheichs, zählt nur der brutale Erfolg. Und so hat Paris St. Germain auf dem wettbewerbslächerlichen Weg zum Titel in der Champions League vermutlich nur einen echten Gegner: Manchester City. Die Mannschaft von Josep Guardiola. Auch in milliardenschweren Investoren-Händen. Die hat gerade erst für die Rekordsumme von 100 Millionen Pfund Jack Grealish von Aston Villa verpflichtet. Harry Kane, der Topstar und Topstürmer von Tottenham, soll auch noch kommen.
Immer wieder gab es auch Gerüchte, dass City sich um Messi bemüht. Und wahrscheinlich wäre es auch ganz einfach gewesen, zu erklären, warum sich der Argentinier für die "Skyblues" entschieden hätte. Er mag den Pep schließlich gerne.
Quelle: ntv.de