Fußball

Mehr Spiele absolvierte niemand Thomas Müller stellt Rekord für die Ewigkeit auf

Thomas Müller bei seiner Einwechslung.

Thomas Müller bei seiner Einwechslung.

(Foto: IMAGO/Eibner)

Was wäre der deutsche Fußball der letzten 15 Jahre ohne Thomas Müller? Was wäre der FC Bayern ohne den 34-Jährigen? Und wie viele Titel hätte er gewonnen? Fragen, die niemand beantworten kann. Müller ist da und immer noch top - gegen den SC Freiburg erreicht er die nächste historische Bestmarke.

Thomas Müller hat einen Rekord für die Ewigkeit aufgestellt. Er hat er sich mit seiner Einwechslung in der 59. Minute gegen den SC Freiburg am heutigen Sonntag zum alleinigen Rekordspieler des FC Bayern München gekürt. Seinen Rekord feierte er mit seinem ersten Treffer der Saison.

Insgesamt 710 Pflichtspiele hat er für den Rekordmeister nun seit seinem Debüt im Jahr 2008 absolviert. Sepp Maier, der bisherige Rekordhalter, absolvierte das letzte seiner 709. Pflichtspiele für den FC Bayern am 9. Juni 1979 - vor über 45 Jahren. Bereits in der Vorwoche war der 34-Jährige mit 474 Einsätzen zum Rekordspieler des FC Bayern in der Bundesliga geworden.

"Wenn man so lange in einem Verein spielt, kommt es automatisch", erzählte Maier in dieser Woche in einem Doppelinterview mit Müller im "Kicker": "Erst recht, wenn du ein guter Spieler bist." Das ist unbestritten. Der 80-jährige Maier war einer der größten deutschen Torhüter, Müller ist eine lebende Legende des Weltfußballs - und einer, der eben auch für seine Vereinstreue berühmt geworden ist.

"Cool ist die Reise dorthin", sagte Müller diese Woche in dem "Kicker"-Interview. "Rekordspieler ist nicht das Ziel. Eher auf Top-Niveau immer so beständig zu sein, dass man auf dem Rasen stehen darf." Eben das ist Müller mit Ausnahme seiner allerersten Saison gelungen. Damals debütierte er zwar im Alter von 18 Jahren am ersten Spieltag der Saison 2008/2009.

Als Maradona Müller wegschickte

Insgesamt jedoch kam er in seinem ersten Jahr nur auf fünf Einsätze im Profiteam. Direkt in seinem ersten Kurzeinsatz in der Champions League erzielte er seinen ersten Treffer. Trainer Jürgen Klinsmann hatte ihn im Achtelfinal-Rückspiel gegen Sporting Lissabon beim Stand von 4:1 in der 72. Minute für Bastian Schweinsteiger eingewechselt. In der 90. Minute fand der spätere Raumdeuter nach einer Ecke einen freien Platz. Er drückte den Ball aus drei Metern zum 7:1 über die Linie.

"Wer soll das sein?" Maradona schickt Müller am 3. März 2010 vom Podest.

"Wer soll das sein?" Maradona schickt Müller am 3. März 2010 vom Podest.

(Foto: picture-alliance / augenklick/GES-Sportfoto)

Zu Beginn seines 710. Spiels stand er bei 244 Treffern und 269 Vorlagen. Keine 20 Minuten später stand er bei 245 Treffern. Er erzielte das 2:0. Diese Zahlen aber verraten nicht die ganze Wahrheit über den Weltmeister von 2014. Er hat sich immer wieder neu erfunden - dieser Tage löst allein seine Einwechslung ein derartiges Chaos aus, dass die Gegner sich den Ball besser ins eigene Tor legen. Das war nicht immer so.

Als an Müllers Ewigkeitsrekord noch überhaupt nicht zu denken war, weigerte sich Diego Amando Maradona, der damalige Nationaltrainer Argentiniens, mit ihm auf einer Pressekonferenz zu sitzen. Es war März 2010. Müller hatte gerade in der DFB-Elf debütiert. Maradona kannte ihn nicht. Er sollte nicht neben ihm, dem großen Diego, sitzen. Müller verdrückte sich in die erste Reihe.

Wenige Monate später gewannen Müller & Co im Viertelfinale der WM 2010 in Südafrika mit 4:0 gegen Maradonas Argentinien. Müller erzielte dabei den ersten Treffer. "Ich habe mich heute ein bisschen in Erinnerung bringen können", lächelte er nach dem Spiel.

Dreimal stand Müller vor einem Wechsel

So eroberte er die Welt des Fußballs - als WM-Torschützenkönig und als "Raumdeuter", als Weltmeister und dann als "Radio Müller" und immer als Spieler des FC Bayern. Der Begriff Raumdeuter hielt sogar Einzug in die englische Fußballsprache. Seine lautstarken Auftritte als Radio Müller in den menschenleeren Stadien der Pandemie führten die Bayern zu dem überwältigenden Titeljahr 2020 mit Meisterschaft, DFB-Pokal, Champions League, nationalem und europäischen Supercup und letztlich noch die Klub-Weltmeisterschaft. Dabei stand Müller wenige Monate zuvor, im Herbst 2019, an einem Scheideweg seiner Bayern-Karriere.

Beim 1:5 gegen Eintracht Frankfurt am 2. November 2019 war "Not am Mann". Müller startete, Bayern verlor und Kovac ging.

Beim 1:5 gegen Eintracht Frankfurt am 2. November 2019 war "Not am Mann". Müller startete, Bayern verlor und Kovac ging.

(Foto: picture alliance / augenklick/firo Sportphoto)

Unter Trainer Niko Kovač hatte er seinen Stammplatz verloren. "Wenn Not am Mann sein sollte, wird er mit Sicherheit auch seine Minuten bekommen," sagte der Kroate aus Berlin. "Ich habe mit der Vereinsführung gesprochen, fühlte mich für die Rolle des Reservisten zu ehrgeizig", erzählte er dieser Tage. "Damals wäre ich für etwas weniger Vereinstreue offen gewesen." Dann aber ging Kovac, Hansi Flick kam und dann die Pandemie und Müller ging in die nächste Phase seiner Karriere, die ihn bis zu diesem Sommer auch zurück in die Nationalmannschaft spülen sollte.

Vor dem Herbst 2019 hatte Müller bereits 2015 und auch in seiner ersten Saison mit einem Wechsel geliebäugelt. Doch 2015 wollten die Bayern ihn nicht zu seinem Förderer Louis van Gaal nach Manchester ziehen lassen. Im Winter 2008/2009 zerschlug sich ein Wechsel zur TSG Hoffenheim. Dort wollte ihn der damalige Trainer Ralf Rangnick unbedingt haben. Dazu aber kam es nicht. Er blieb beim FC Bayern.

Auch in der Champions League winkt das Podest

"Die Basis ist das Wollen, mit den Schattenseiten umgehen zu können, die Liebe zum Spiel. Die Liebe nicht im romantischen Sinne, sondern für die eigene Leistungssteigerung leiden zu können und zu wollen. Das hat der eine ausgeprägter als der andere", sagte Müller über seinen Weg zum Rekord: "Es geht darum, selbstkritisch zu sein, ohne das Selbstbewusstsein zu verlieren. Ein guter Umgang mit sich selbst ist entscheidend. Die absoluten Top-Spieler schaffen es, sich selbst hart zu kritisieren und an Dingen zu schrauben, ohne an ihrem Können zu zweifeln."

Beinahe Held im Finale Dahoam 2012. Müller erzielt das 1:0 gegen Chelsea.

Beinahe Held im Finale Dahoam 2012. Müller erzielt das 1:0 gegen Chelsea.

(Foto: picture alliance / augenklick/firo Sportphoto)

Insgesamt zwölf Meistertitel, je zwei Triumphe in der Champions League und bei der Klub-WM sowie sechs DFB-Pokalsiege sind auf Müllers Briefkopf vermerkt. Sein Vertrag beim FC Bayern endet Ende der Saison 2024/2025. Zum ersten Mal seit 2012 wird das Finale der Champions League wieder in München ausgetragen. Damals verlor der FC Bayern unglücklich gegen Chelsea. Müller hatte in der 83. Minute zum 1:0 getroffen, Chelsea vollkommen überraschend in der 88. Minute durch Didier Drogba ausgeglichen und später im Elfmeterschießen gewonnen. Diese Niederlage war ein Grundstein für den Sieg im Jahr 2013 und die über ein Jahrzehnt andauernde Dominanz des FC Bayern in der Bundesliga.

In der gerade begonnenen Saison ist das "Finale Dahoam" ein großer Anreiz für Müller und Torhüter Manuel Neuer, die beide bereits 2012 auf dem Feld standen. Sollte den Bayern in dieser Saison der erneute Einzug ins Finale gelingen, könnte Müller auch in der Champions League aufs Podest der Rekordspieler steigen. Mit aktuell 151 Einsätzen in der Königsklasse fehlen ihm noch zwölf auf Lionel Messi, der aktuell die drittmeisten Spiele in der Champions League absolviert hat.

In Zukunft nur noch ein QR-Code

Mehr zum Thema

Es ist unklar, ob der in diesem Monat das Alter von 35 Jahren erreichende Müller seine Karriere über das Saisonende der Spielzeit 2024/2025 fortsetzen wird. Seit dem 1. September 2024 ist er nun alleiniger Rekordhalter. "Wir leben in einer so modernen Zeit, unsere Erfolgsgeneration braucht keine Statuen. Für uns gibt es wahrscheinlich irgendwann mal eine Datei, eine Cloud oder einen QR-Code", sagte er im "Kicker" über ein mögliches Denkmal vor der Allianz Arena.

Wenn auf diesem QR-Code dann alle Spiele oder auch nur alle Tore und Torbeteiligung hinterlegt sind, wird man dem Phänomen Müller nur mit einer Powerbank beikommen können. Bis Sie ihn aber nur noch als Erinnerung auf einem Smartphone sehen, soweit sein wird, genießen Sie Thomas Müller, solange er noch spielt. Solche Spieler machen sie heutzutage einfach nicht mehr.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen