FC Bayern will "Heldentod leben" Trifft Lewandowski bei Real fürs Finale?
01.05.2018, 13:53 Uhr
Stolpert Robert Lewandowski mit den Bayern über Real Madrid? Oder gelingen ihm im Rückspiel Tore?
(Foto: imago/Sammy Minkoff)
Wäre es nicht an der Zeit, dass Robert Lewandowski ein wichtiges Spiel für den FC Bayern entscheidet? Nun geht es in der Champions League bei Real Madrid ums Finale. Das ist doch eine gute Gelegenheit. Kann er? Will er?
Worum geht's?
Es ist nicht überliefert, wen der deutsche Fußball-Nationalspieler Thomas Müller meinte, als er nach dem 1:2 im Hinspiel dieses Halbfinales der Champions League gegen Real Madrid sagte: "Wir brauchen eine andere Killermentalität." Es ist noch nicht einmal überliefert, ob seine Kritik daran, dass der FC Bayern in dieser für die Münchner so unseligen Partie am Mittwochabend so viele Chancen vergeben hatte, überhaupt auf einen bestimmten Kollegen zielte. Vielleicht kritisierte er ja auch sich selbst. Und doch kam dem geneigten Zuhörer der Name Robert Lewandowski in den Sinn.
Und wenn der FC Bayern heute um Punkt 20.45 Uhr (wie stets im Liveticker bei n-tv.de) vor 81.000 Zuschauern im Estadio Santiago Bernabéu bei Real Madrid antritt, um es doch noch ins Finale am 26. Mai in Kiew zu schaffen, werden viele auf diesen Lewandowski schauen. Der steht nämlich sinnbildlich für seinen Klub. National macht den Münchnern keiner was vor, die sechste deutsche Meisterschaft in Folge ist längst perfekt, und im Pokalfinale stehen sie auch. Dort geht es am 19. Mai gegen die Frankfurter Eintracht. Das ist die Mannschaft, gegen die eine Nachwuchself der Bayern am 32. Spieltag der Bundesliga mit 4:1 gewann.
Wie ist die Ausgangslage?
Real Madrid: Navas - Vazquez, Varane, Sergio Ramos, Marcelo - Casemiro, Kovacic - Modric, Kroos - Asensio, Ronaldo. - Trainer: Zidane
FC Bayern: Ulreich - Kimmich, Süle, Hummels, Alaba - Martínez - James, Thiago - Müller, Ribéry - Lewandowski. - Trainer: Heynckes
Schiedsrichter: Cüneyt Cakir (Türkei)
Auch Lewandowski ist in seiner Kerndisziplin ohne Konkurrenz. 28 Tore in 28 Ligaspielen hat der polnische Nationalspieler erzielt. Dass der Kampf um den Titel des besten Schützen so langweilig ist, hat damit zu tun, dass Pierre-Emerick Aubameyang, der in der Hinrunde 13 Mal traf, von Borussia Dortmund zum FC Arsenal nach London ging. Hinter Lewandowski folgt nun Freiburgs Nils Petersen - mit 15 Treffern. Die Frage, die sich beide - der FC Bayern und Lewandowski - nun gefallen lassen müssen, lautet: Reicht's für den großen Wurf in der Champions League? Das 1:2 im Hinspiel gegen Real lässt es zumindest ein wenig offen. Noch ist alles Interpretationssache. Und wenn die Bayern heute Abend knapp ausscheiden, bleibt es das vielleicht auch.
Die Münchner jedenfalls glauben an ihre Chance und verweisen auf die vielen Torchancen, die sie sich ja auch tatsächlich herausgespielt hatten. Sie halten das für den Beweis ihrer Qualität. Dennoch stellt sich die Frage, ob es nicht eher ein Zeichen mangelhafter Qualität ist, dass sie die Chancen nicht genutzt haben? Besagter Müller drückte das vor dem nun endgültig wichtigsten Spiel des Jahres so aus: "Dann schauen wir am Dienstag in Madrid, ob wir den Arsch in der Hose haben, oder ob es vielleicht die fehlende mentale Qualität ist." Damit sind wir wieder bei Lewandowski. Der bewegte sich zwar nicht wie Cristiano Ronaldo im Trikot Reals im Flaniermodus über den Münchner Rasen. Aber ein Tor geschossen hat er halt auch nicht, zudem vergab er kurz vor der Halbzeit und kurz vor dem Abpfiff zwei gute Chancen. Nicht nur die Experten der übertragenden Fernsehsender kritisierten das. Oliver Kahn sagte: "Ich sehe Lewandowski in diesen Spielen einfach zu wenig." Dietmar Hamann sagte: Er steht nun einmal da vorne drin, um die Tore zu erzielen und zwar nicht nur gegen Leverkusen und Dortmund. Und Bixente Lizarazu, auch einst Spieler beim FC Bayern, sagte just dem "Kicker": Lewandowski habe "im Hinspiel nicht genügend Bedeutung". Ein Spieler seiner Güte "muss in solchen Partien den Unterschied ausmachen".
Wie ist der FC Bayern drauf?
Das alles lässt nun den Schluss zu, dass Lewandowski in dieser Saison der Königsklasse an seine Grenzen stößt - und damit auch die Bayern an die ihren. Hier geht es, anders als in der Liga, gegen die ganz Großen. Gegen Real, ihren Abwehrchef Sergio Ramos - und gegen diesen Ronaldo, der, was das Toreschießen betrifft, auch mit seinen 33 Jahren das Maß aller Dinge ist. Während der Portugiese in dieser Saison der Champions League 15 Mal getroffen hat, lautet die Bilanz des vier Jahre jüngeren Lewandowski: fünf Tore in Europa.
Und nun? Steht er, wie sein Trainer Jupp Heynckes am Tag vor der Partie fast ein wenig verärgert betonte, in Madrid in der Startelf. Lewandowski habe schließlich in dieser Saison in 44 Einsätzen für die Bayern 39 Tore geschossen. "Klaus Fischer, Gerd Müller oder ich - in der Bundesliga gab es große Torjäger. Und wir alle hatten unsere Phasen, in denen wir kritisiert wurden." Lewandowski werde schon "wieder seine Tore machen. Durststrecken haben wir alle. Er hat schon wahnsinnig viele Tore erzielt". Zu den von der "Bild"-Zeitung kolportieren Gerüchten, der Angreifer halte sich bei den Übungseinheiten zum Ärger seiner Kollegen bis jenseits der Grenze zur Lustlosigkeit zurück, sagte der Trainer: "Er trainiert gut." Auch ansonsten gab Heynckes den großen Optimisten: "In der Bundesliga haben wir 88 Treffer erzielt. Deswegen hoffe ich, dass wir in Madrid wieder die Effizienz haben, die uns normalerweise auszeichnet. In solchen großen Spielen zeichnen sich die ganz großen Spieler und ganz großen Mannschaften aus." Wir sind gespannt.
Was machen die Madrilenen?
Auch für Real ist es das wichtigste Spiel der Saison. Denn anders als bei den Bayern lief es bei den Madrilenen national nicht so gut. Um eine titellose Spielzeit zu vermeiden, bleibt der Mannschaft von Trainer Zinedine Zidane nichts anderes, als zum dritten Mal hintereinander die Königsklasse zu gewinnen. Den, wie die "Süddeutsche Zeitung" schrieb, "gnadenlos auf gegnerische Lücken abgerichteten Effektivitätsmonstern von Real" ist das durchaus zuzutrauen. Im Hinspiel haben die Madrilenen es gezeigt: Ein gutes Monster schnappt nur so oft zu, wie es muss. Dementsprechend gelassen bliebt Zidane: "Wir wissen, was zu tun ist. Wir wissen, was wir wollen. Wir sind entschlossen und wollen demonstrieren, dass wir weiterkommen wollen." Und sein Kapitän Ramos assistierte: "Wir wollen wieder der Champion sein. Wir haben ein gutes Resultat und ich hoffe, es wird eine magische Nacht für uns." Das hofft Bayern Vorstandchef Karl-Heinz-Rummenigge auch, nur andersherum halt. Seine Entschlossenheit gipfelte in dem Satz: "Wir werden diesen Heldentod leben müssen, wenn wir am Ende des Tages erfolgreich vom Platz gehen wollen."
Quelle: ntv.de