
Kimmich ist einer von vier Profis, für die Quarantäne angeordnet wurde.
(Foto: imago images/regios24)
Neun Nationalspieler reisen gemeinsam zum DFB-Quartier, Niklas Süle wird dort positiv auf Covid-19 getestet. Doch nur vier von acht Mitreisenden müssen als Kontaktpersonen in Quarantäne. Auf der Suche nach Gründen lohnt ein Blick in gesetzliche Vorgaben.
Niklas Süle musste sich umgehend von seinen Nationalmannschaftskollegen absondern. Der Abwehrspieler vom FC Bayern München war nach seiner Anreise zum DFB-Team positiv auf das Coronavirus getestet worden, mindestens 14 Tage Isolation sind in diesem Fall vorgeschrieben. Der 26-Jährige wird die Länderspiele gegen Liechtenstein (Donnerstag, 20.45 Uhr/jeweils RTL und im Liveticker bei ntv.de) und in Armenien (Sonntag, 18 Uhr) verpassen. Süle ist laut Mitteilung des Deutschen Fußball-Bunds "vollständig geimpft und aktuell symptomfrei", die Infektion scheint demnach mild zu verlaufen.
Allerdings schickte das Gesundheitsamt Wolfsburg - in der Stadt am Mittellandkanal bereitet sich die Auswahl von Bundestrainer Hansi Flick vor - als zuständige Behörde auch vier weitere Nationalspieler als Kontaktpersonen der Kategorie 1 in Quarantäne: die drei Bayern-Profis Serge Gnabry, Joshua Kimmich, Jamal Musiala sowie Karim Adeyemi von RB Salzburg. Dass es sich bei diesem Quartett um ungeimpfte Spieler handelt, wollte Teamarzt Tim Meyer bei der Pressekonferenz auch auf explizite Nachfrage mit Verweis auf die ärztliche Schweigepflicht weder bestätigen noch dementieren: "Die Impfung ist ein Kriterium, genau wie die Intensität und Dauer der Kontakte" für die Quarantäne-Anordnung. Der DFB hatte zuvor mitgeteilt, dass einzig Süle einen positiven Corona-Test hatte, alle anderen Tests waren negativ.
Für die Antwort allerdings auf die Frage, warum es diese vier sind, die mit Süle gemeinsam das Quartier verlassen müssen und nicht etwa die komplette Reisegruppe um Süle - Meyer erklärte, dass der Verteidiger mit acht weiteren Nationalspielern gemeinsam angereist sei -, lohnt ein Blick in die niedersächsischen Corona-Richtlinien vom 1. November 2021. Auf die verwies das Gesundheitsamt in Wolfsburg auf Anfrage von ntv.de. Der DFB hatte zuvor mitgeteilt, dass diese Behörde die Quarantäne angeordnet habe.
Die Kimmich-Debatte geht weiter
Darin heißt es, dass Kontaktpersonen von positiv auf Covid-19-Getesteten nach folgenden Kriterien in Quarantäne verwiesen werden: Ohne Symptome und ohne negativen Test sind mindestens fünf Tage vorgesehen. Ausschlaggebend scheint aber eher eine andere Formulierung zu sein: nämlich, dass für Geimpfte und Genesene keine Quarantäne nach Kontakt mit einem Covid-19-Infizierten angeordnet wird. DFB-Arzt Meyer verwies auf Nachfrage auf die Zuständigkeit des Gesundheitsamtes am Wohnort der Kontaktpersonen, "in dem Fall München-Land", so Meyer. Auch aus den dortigen Vorgaben ist zu entnehmen, dass nur bei vollständiger Impfung oder Genesung auf eine Quarantäne verzichtet wird. Für die vier Spieler der Reisegruppe Süle, die bei der Mannschaft bleiben dürfen, kündigte Meyer eine "besondere Betreuung" mit Kontaktminimierung und eigenen Fahrten etwa zum Training sowie zusätzliche Testungen an.
Die in Deutschland alles überlagernde Impf-Debatte hat den Fußball spätestens mit dem Fall Joshua Kimmich erreicht. Der Bayern-Profi hatte Ende Oktober mit Verweis auf "persönliche Bedenken" aufgrund "fehlender Langzeitstudien" seinen Status als Ungeimpfter bestätigt. Die daraus resultierende Debatte war bis hoch zur Bundesregierung eskaliert. Die noch amtierende Kanzlerin Angela Merkel hatte sich ebenso geäußert wie die neue Bundestagspräsidentin Bärbel Bas oder SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach.
Beim DFB selbst war man bemüht, die Debatte einzufangen und sachlich einzuordnen. "Ich bin geimpft. Und ich habe auch die DFB-Impfkampagne 'Schiri, ich hab' schon Gelb' aus Überzeugung unterstützt. Optimal wäre, wenn jeder Spieler bei uns geimpft wäre", sagte Hansi Flick Ende voriger Woche in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Der Bundestrainer warnte jedoch davor, jeden Ungeimpften "in eine bestimmte Ecke zu stellen". Bezugnehmend auf die Causa Kimmich sagte er: "Auch wenn Jo [Kimmich; Anm. d. Red.] nicht geimpft ist, ist er kein Corona-Leugner. Er gehört nicht zu Querdenkern und Verschwörungstheoretikern. Wer Jo kennt, der weiß, wie er tickt", und der Nationalspieler gehöre "nicht an den Pranger gestellt".
Bierhoff reagiert auf Forderung nach Impfpflicht
Oliver Bierhoff hatte Kimmich im Gespräch mit RTL/ntv den Rücken gestärkt. "Wir haben einfach keine Impfpflicht und solange das so ist, muss man auch jedem Menschen die Freiheit lassen, egal ob er A-Nationalspieler ist oder wer auch immer. Es sei denn, es ändern sich irgendwelche Regeln", sagte der Direktor Nationalmannschaften und Akademie beim DFB und stellte Kimmichs umsichtiges Verhalten in den Vordergrund: "Ich finde, er handelt trotzdem verantwortungsvoll, wenn er sehr vorsichtig ist, mit der Familie nicht viel rausgeht, seine Maske trägt und auch alle zwei Tage getestet wird."
Vor Bekanntwerden von Süles Infektion hatte der Präsident des Zweitligisten FC St. Pauli, Oke Göttlich, in einem Interview mit dem Norddeutschen Rundfunk die Einführung einer 2G-Regelung auch für Fußball-Profis gefordert. "Ich bin klarer Befürworter für 2G - für sämtliche Akteure im Fußball, für alle." Demnach sollten nur noch geimpfte oder genesene Profis am Spielbetrieb teilnehmen können. Bereits Mitte September hatte Göttlich die Deutsche Fußball-Liga (DFL) dafür kritisiert, dass es keine klare Impfempfehlung für Spieler und Funktionäre gibt.
Bierhoff verwies auf Nachfrage zu eben dieser Kritik auf den "gesetzlichen Rahmen", an den man sich halte. "Auch als ungeimpfter Spieler, wenn man sich an gewisse Vorgabe hält, kann man das machen", sagte der DFB-Direktor.
Quelle: ntv.de