Schweinsteiger? Alonso? Beide? Wie Guardiola das Problem der Bayern löst
11.03.2015, 09:44 Uhr
Es kann nur einen geben? Bastian Schweinsteiger und Xabi Alonso.
(Foto: imago/MIS)
Um in diesem Jahr die Champions League zu gewinnen, müssen die Fußballer des FC Bayern zunächst einmal heute Schachjor Donezk im Achtelfinale ausschalten. Doch langfristig hat Trainer Josep Guardiola mit einigen taktischen Problemen zu kämpfen.
Nach dem 3:1-Sieg seines FC Bayern am Samstag bei Hannover 96 in der Bundesliga war Josep Guardiola alles andere als zufrieden. Der spanische Trainer lobte vielmehr die "super Abwehr-Organisation" des Gegners, der in einer Art 5-3-2-Formation die Flügelangriffe der Münchener stabil verteidigte. Das muss ihm irgendwie bekannt vorgekommen sein, hatten seine Münchner doch zuletzt mehrmals mit defensiv intelligent agierenden Mannschaften zu kämpfen.

Besetzt Schweinsteiger das Mittelfeldzentrum, wird er meist von mehreren Gegenspielern umzingelt. In diesen Situationen fühlt sich der Routinier nicht wohl. Außerdem hat Alonso nur außen Anspielstationen und gerät womöglich unter Druck. Dann neigt der Spanier zu Fehlentscheidungen.
Und das Problem wird sich wohl auch in Zukunft stellen. Vielleicht schon an diesem Mittwoch, wenn die Bayern (ab 20.45 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) gegen Schachjor Donezk darum spielen, wer ins Viertelfinale der Fußball-Champions-League einzieht. Das Hinspiel vor drei Wochen endete bekanntlich torlos. Auch in Lemberg hatten die Bayern deutlich mehr den Ball, entwickelten aber nur phasenweise Offensivdruck. Schachjor nutzte hohes Pressing und klare Manndeckungen, um den Bundesligisten aus dem Spielfeldzentrum herauszuhalten. Münchens Sechser Xabi Alonso und die Innenverteidiger fanden selten freie Anspielstationen in der Vertikalen - und im Gegenzug mussten die Münchener auf die rasanten Konterangriffe des brasilianischen Offensiv-Sextetts von Donezk achten. Inwieweit der ukrainische Meister auch heute so aggressiv auftreten wird, bleibt abzuwarten. Doch Guardiolas Team hat stets dann ein Problem, wenn sich der Gegner nicht ängstlich in die eigene Hälfte zurückzieht. Dann wirkt der Aufbau weniger effektiv. Und vor allem Xabi Alonso, der heute gesperrt ist, steht in der Kritik.
Disharmonie in der Schaltzentrale
Die öffentliche Diskussion drehte sich zudem um das Zusammenspiel zwischen Alonso und Bastian Schweinsteiger. Beide sind routinierte Strategen, die am liebsten auf der Position des Sechsers das Spiel aus der Tiefe heraus gestalten. Beide sind sich aber in mancher Hinsicht ähnlich. Zu ähnlich? Nach der Winterpause stellte Guardiola mehrmals Schweinsteiger und Alonso gemeinsam auf, trennte sie aber auf dem Spielfeld. Der Spanier agierte als tiefer Sechser, der sich vornehmlich zwischen die Innenverteidiger zurückfallen ließ oder sich zumindest in der Nähe der Abwehr aufhielt. Schweinsteiger hingegen spielte weiter vorne, meist als zweiter Achter neben Mario Götze in einem 4-1-4-1-System. Der 30-Jährige wird dabei ein wenig in seinen Möglichkeiten limitiert. Seine Läufe in die Spitze können zwar offensiven Druck erzeugen und er hat die Spielintelligenz, um Arjen Robben und Co. auch im letzten Spielfelddrittel in Szene zu setzen. Aber größere Präsenz zeigt er als Sechser. Auf dieser Position kann er auch seine nachstoßenden Bewegungen besser einsetzen. Zudem ist er - verglichen mit Alonso - resistenter gegen Pressingdruck.

Bei einem typischen Linksangriff der Bayern kann Lewandowski auf den Flügel ausweichen und damit die mittigen Räume für Müllers Lauf öffnen. Der deutsche Nationalspieler schleicht sich mit Vorliebe an der Abseitsgrenze in freie Zonen.
Für Guardiola wird sich das Luxusproblem in den kommenden Wochen wohl sogar noch verstärken. Mit Javi Martínez, Philipp Lahm und Thiago Alcântara befinden sich drei weitere zentrale Mittelfeldspieler im Aufbautraining. Lahm kann auch wieder als Rechtsverteidiger eingesetzt werden, wenngleich der 31-Jährige kürzlich bekundete, dass er lieber im Mittelfeld spiele. Da jedoch gerade Guardiola seine Außenverteidiger oftmals anweist, dass sie situativ ins Zentrum rücken sollen, könnte Lahm seinem brasilianischen Kollegen Rafinha den Platz hinten rechts streitig machen. Die Kombination Martínez und Schweinsteiger war bereits unter der Ägide von Jupp Heynckes erfolgreich und integraler Bestandteil der Champions-League-Siegermannschaft 2013. "Balljäger" Martínez und "Ballsammler" Schweinsteiger ergänzen sich nahezu perfekt von ihrer individuellen Spieldynamik. Außerdem würde der 26-jährige Spanier das bayerische Gegenpressing auf eine noch höhere Stufe heben.
Während Guardiola also besonders auf der Sechserposition bald wieder die Qual der Wahl hat, ist die Situation im Sturmzentrum übersichtlicher. Entweder Robert Lewandowski oder Thomas Müller - oder eben doch beide. Müller, der gerne als "Raumdeuter" charakterisiert wird, kann seine Läufe als Schleicher in die gegnerischen Abwehrlücken nicht einsetzen, wenn er zentral auf sich allein gestellt ist. Denn dann wird er sehr reduziert eingesetzt, muss den Ball nur auf die Kollegen ablegen oder sich in direkten, physischen Zweikämpfen gegen Innenverteidiger versuchen. Bei Lewandowski besteht trotz seiner 14 Tore in 33 Pflichtspielen in der laufenden Saison immer noch die Frage nach der Wertigkeit für das Münchener Offensivspiel. Am besten funktioniert der Pole, wenn er etwas ausweichend agiert, obwohl er sich nicht so weiträumig bewegt, wie es in seiner Zeit bei Borussia Dortmund der Fall war. Aber zugleich kann Lewandowski im Sturmzentrum die Räume öffnen, in die wiederum Müller hineinstößt. Die Symbiose hilft beiden Angreifern, wenn sie die Möglichkeit bekommen, zusammenzuspielen. Vielleicht auch heute Abend gegen Donezk.
Quelle: ntv.de