Ringkampf, Boxkampf, Schlägerei Wenn Franken ein Derby spielen
20.12.2011, 12:43 Uhr
Die Spieler der SpVgg Greuther Fürth lassen sich von ihren Fans feiern. Im "Franken-Derby" im März 2001 (damals in der 2. Liga) verlor Fürth 0:1.
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Es gibt Nord-Derbys, Süd-Derbys, diverse Ost-Derbys - aber nur ein Franken-Derby. Vielleicht ist das besser so, denn wenn der 1. FC Nürnberg und die SpVgg aus Fürth aufeinandertreffen, geht es immer heiß her, die Fetzen fliegen. Im DFB-Pokal treffen die beiden Vereine wieder aufeinander.
Die Franken sind schon ein komisches Völkchen. Sie sind stolz auf ihre Bierbraukunst, ihren Dialekt und ihre Bratwürste. Die sind klein und dünn und der Hungrige bestellt sie als "Drei im Weckla". Witze darüber sind aber genauso verboten, wie Franken als Bayern zu bezeichnen oder sich über die beiden Fußballklubs 1. FC Nürnberg und SpVgg Greuther Fürth lustig zu machen. Warum sollte man das als wahrer Fußballfan auch tun? Schließlich schauen beide Vereine auf eine lange, traditionsreiche und zum Teil ruhmreiche Geschichte zurück - und auf eine darin ebenso tief verankerte gegenseitige Abneigung.
Beim Franken-Derby 1924 berichtete die "Nürnberger Zeitung" beispielsweise nicht von einem normalen Spiel zweier Kontrahenten auf einem Fußballplatz, sondern von "Ringkampf, Boxkampf, Schlägerei, ja Rauferei" der beiden Teams. Das führte zu einem Eklat, der bis in die Nationalelf reichte, denn diese bestand damals nur aus Spielern der beiden Mannschaften und es stand ein prestigeträchtiges Länderspiel gegen die Niederlande an. Das Problem dabei war der Spielort Amsterdam. Die Franken mussten mit dem Zug anreisen, wollten aber nicht gemeinsam fahren: zwei voneinander getrennte Waggons mussten her. Die Nürnberger fuhren vorn, die Fürther hinten.
Das Spiel endet 1:0 für Deutschland. Für den Torhüter Stuhlfauth, einen Nürnberger, kam das Ergebnis nicht überraschend, hatte er dem Trainer doch prophezeit: "Spuiln schon, da brauchen’s ka Angst net hab’n. Spuiln tun wir mit denen. Mehr aber net." Auf der Heimfahrt gab es wieder die beiden getrennten Waggons. Die einen fuhren nach Nürnberg, in die Heimatstadt Albrecht Dürers, in die stolze Stadt der Lebkuchen, Bratwürste und des Christkindlesmarktes. Die anderen fuhren nach Fürth, in die aufstrebende Handels- und Industriestadt. Für die Nürnberger nur ein Emporkömmling, schlicht und einfach die "Westvorstadt".
Die Goldenen Franken-Jahre

Große Begeisterung bei Nürnbergs Fußballfans im April 1997 vor dem Regionalliga-Spitzenspiel (Gruppe Süd) zwischen dem 1.FC Nürnberg und der SpVgg Greuther Fürth. Es war das 212. Franken-Derby.
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Eine "Westvorstadt", deren Fußballklub SpVgg Fürth bereits 1914 die erste deutsche Meisterschaft eingefahren hatte und der zur damaligen Zeit mit 3000 Mitgliedern Deutschlands größter Sportverein ist. Das konnte das stolze Nürnberg mit dem 1. FC, der am 4. Mai 1900 gegründet wurde und damit mehr als drei Jahre vor dem Erzrivalen aus Fürth (23. September 1903), nicht auf sich sitzen lassen. 1920 war es soweit: Nürnberg holte den ersten Meistertitel - ausgerechnet mit einem 2:0-Sieg im Finale gegen den Verein aus der "Westvorstadt". Und weil das so schön war, folgten 1921, 1924, 1925 und 1927 gleich die nächsten Meisterschaften. In Deutschland avancierte der 1. FCN zum Inbegriff des Fußballvereins, seitdem gibt es auch den schlichten Spitznamen "Club".
Insgesamt kommt Nürnberg bis heute auf neun Meisterschaften, zuletzt 1968. In Fürths Annalen stehen derer drei: Nach 1914 schafften die Fürther es noch 1926 und 1929, dem "Club" ein Schnippchen zu schlagen. Im Pokal konnten sich aber nur die Nürnberger in die Siegerlisten eintragen: 1935, 1939, 1962 und zuletzt 2007.
Geht es nach dem "Club" folgt in dieser Spielzeit Pokalsieg Nummer fünf - einen Sieg gegen den Erzrivalen vorausgesetzt. Im Achtelfinale treffen der 1. FC Nürnberg und der mittlerweile mit dem TSV Vestenbergsgreuth zur SpVgg Greuther Fürth fusionierte Nachbar wieder aufeinander.
Pokalpartie auf Augenhöhe?

"Fußball-Derbys" von Omar Gisler ist im Verlag Copress Sport erschienen: Das "Franken-Derby" ist darin nur eines von 75.
(Foto: Stiebner Verlag GmbH)
Der Erstligist aus Nürnberg empfängt im heimischen Stadion den Zweitligisten von nebenan. Das klingt nach einer klaren Angelegenheit, ist es aber nicht. Während der "Club" im Abstiegskampf steckt und in 17 Spielen lediglich 18 Punkte geholt und 17 Tore geschossen hat, klopfen die Fürther mit stürmischer Vehemenz (41 Tore und 40 Punkte in 19 Spielen) ans Tor der 1. Fußball-Bundesliga. Wieder einmal.
Dennoch mimt Fürth den klassischen Außenseiter in der Partie, den "David" im ewig jungen Duell gegen den übermächtigen "Goliath". Das könnte neben der Offensivstärke um Olivier Occean und Christopher Nöthe ein weiterer mentaler Pluspunkt für die Fürther sein, die zudem mit stolzgeschwellter Brust nach einem 5:0-Sieg gegen den 1. FC Union Berlin nach Nürnberg reisen. Nürnberg punktete ebenfalls dreifach und überraschte mit einem 3:0 bei Bayer Leverkusen.
Für Fürth spricht das letzte große Pokal-Aufeinandertreffen 1996/1997. Damals gewann die SpVgg gegen die als Gäste im heimischen Frankenstadion spielenden Nürnberger mit 2:1 nach einem von beiden Seiten engagiert und kämpferisch geführten Spiel - ohne Ringkampf, Boxkampf, Schlägerei oder Rauferei allerdings. Nicht jedes "Franken-Derby" muss also so enden.
Quelle: ntv.de