Fußball-WM 2018

Gewinner und Verlierer der Vorrunde Italien steuert WM-Flop bei

Die Niederländer haben Weltmeister Spanien mit 5:1 aus dem Stadion geschossen.

Die Niederländer haben Weltmeister Spanien mit 5:1 aus dem Stadion geschossen.

(Foto: REUTERS)

Underdogs schicken Titelfavoriten nach Hause, Superstars brillieren oder schleichen geschlagen vom Platz. Sehen Sie selbst, welche Mannschaften in der Gruppenphase aufgetrumpft und welche sich blamiert haben.

Partystimmung in Orange

Arjen Robben spielt eine Weltklasse-WM.

Arjen Robben spielt eine Weltklasse-WM.

(Foto: REUTERS)

3 Siege, 10 Tore - die Niederlande feiern in Brasilien ein Fußballfest. Nach dem punktlosen Ausscheiden bei der EM 2012 hat Bondscoach Louis Van Gaal eine Mannschaft geschaffen, in der Erfahrung und Jugend perfekt harmonieren. Die Alt-Stars Arjen Robben und Robin van Persie zerlegten den amtierenden Weltmeister Spanien beim 5:1-Auftaktsieg praktisch im Alleingang und legten beim 3:2 gegen Australien noch einmal nach. Beim 2:0 gegen Chile übernahm mit dem 20 Jahre alten Memphis Depay und 24-jährigen Leroy Fer die Jugend das Toreschießen. Im Achtelfinale trifft Oranje auf Mexiko, aber da soll noch lange nicht Schluss sein: "Wir wollen an diesem Punkt nicht aufhören, wir wollen noch weit kommen in diesem Turnier", so van Gaal. Die Niederlande haben allen Grund, auch daran zu glauben. Denn in dieser Form sind sie bisher die Mannschaft des Turniers.

Die Überraschungsmannschaft

Yeltsin Tejeda hat allen Grund zum Jubel. Costa Rica steht überraschenderweise im Achtelfinale.

Yeltsin Tejeda hat allen Grund zum Jubel. Costa Rica steht überraschenderweise im Achtelfinale.

(Foto: imago/BPI)

Costa Ricas Torhüter Navas wollte bei der WM "Geschichte schreiben". Das ist ihm gelungen. Die Ticos sind die Überraschungsmannschaft des Turniers. In der vermeintlichen Todesgruppe schlug Costa Rica gleich zwei Ex-Weltmeister. Dem 3:1 gegen Uruguay folgte ein 1:0 gegen Italien, der Einzug ins Achtelfinale ist gesichert, der Gruppensieg sehr wahrscheinlich. Das Herzstück der Mannschaft: d ie Defensive. Die gute Abwehr der Ticos macht auch das Fehlen von Stars wett, nur ein Gegentor ließ das zuvor als chancenlos eingeschätzte Team gegen die Favoriten zu. Wie weit Costa Rica noch kommen kann, ist schwer einzuschätzen, denn sogar die Mannschaft selbst ist von ihrer eigenen Stärke überrascht. "Ich kann nicht sagen, wo unsere Grenze liegt - weil ich es nicht weiß", sagte Mittelfeldspieler Celso Borges.

Wer braucht schon einen Ribéry?

Karim Benzema trifft für Frankreich.

Karim Benzema trifft für Frankreich.

(Foto: REUTERS)

Vive Les Bleus! Nach dem peinlichen Ausscheiden bei der WM 2010 in Südafrika samt Rebellion gegen Trainer Raymond Domenech ist Frankreich zurück an der Weltspitze. Nach dem mühelosen 3:0-Sieg gegen Honduras deklassierte die Grand Nation die Schweiz mit 5:2 und steht mit einem Bein im Achtelfinale. Dabei sah es nicht gut aus für die Franzosen, denn Europafußballer Frank Ribéry musste seine WM-Teilnahme in letzter Minute verletzt absagen. Aber vielleicht tut das der Mannschaft sogar gut, denn ohne ihren Superstar erinnert das Spiel der Équipe Tricolore erstmals seit langem wieder an Mannschaftssport.

Teamgeist und Verteidigung

Miguel Herrera feiert den Einzug ins Achtefinale. Der mexikanische Trainer ist in seiner Heimat ein Volksheld.

Miguel Herrera feiert den Einzug ins Achtefinale. Der mexikanische Trainer ist in seiner Heimat ein Volksheld.

(Foto: REUTERS)

Miguel Herrera ist mit "dem Gedanken ans Endspiel" nach Brasilien gereist. Zumindest die Vorrunde haben der mexikanische Trainer und seine Mannschaft mit Bravour gemeistert. Dabei wurde Mexiko fast um den Einzug in die nächste Runde betrogen. Beim Auftaktspiel gegen Kamerun wurden den Mexikanern durch fragwürdige Schiedsrichterentscheidungen gleich zwei Tore aberkannt. Am Ende reichte es trotzdem für ein 1:0. Heim-Favorit Brasilien rang El Tri ein 0:0 ab, im Gruppenfinale schickten die Mexikaner Kroatien um Stürmerstar Mario Mandžukić mit 3:1 nach Hause. Das Erfolgsgeheimnis: eine kompakte Abwehr und Teamgeist. In der Vorrunde ließ Herreras Mannschaft nur ein Tor zu, während jeder mexikanischer Treffer von einem anderen Spieler erzielt wurde. Im Achtelfinale geht es jetzt gegen die Niederlande. Mit ihrer starken Defensive dürfte Mexiko selbst für die offensivstarken Holländer zu einem schwierigen Gegner werden.

Der Untergang von Tiki-Taka

Casillas am Boden. Gegen die Niederlande machte der ehemalige Welttorhüter mehrere Fehler.

Casillas am Boden. Gegen die Niederlande machte der ehemalige Welttorhüter mehrere Fehler.

(Foto: REUTERS)

Die spanischen Medien waren erbarmungslos: "Der Weltmeister als Lachnummer" (Sport), "Eine Katastrophe von historischem Ausmaß" (Marca) titelten die Zeitungen. Seit 2008 hatte Spanien in keinem WM- oder EM-Spiel mehr als ein Tor kassiert, jetzt schossen die Niederlande das Überteam der vergangenen Jahre mit 5:1 ab. Die überalterten Spanier blieben im Kampf um das Achtelfinale absolut chancenlos. Das Symbol des Versagens: Iker Casillas. Der fünffache Welttorhüter leistete sich bei der Auftaktblamage gegen die Niederlande nie gesehene Schnitzer und spielte auch beim 0:2 gegen Chile eine entschiedene Rolle beim vorzeitigen Ausscheiden der Iberer. Die Strategie von Trainer Vicente del Bosque, weiterhin auf die Leistungsträger der WM 2010 zu setzen, ist nicht aufgegangen. Die in die Jahre gekommenen Stars können mit ihrem Kurzpassspiel gegen athletische Teams offenbar nicht mehr mithalten. Um die Zukunft müssen sich die Spanier trotz allem keine Sorgen machen. Die nächste Generation mit Top-Spielern wie Koke von Atlético Madrid und Thiago vom FC Bayern steht schon bereit, Spaniens goldene Generation abzulösen.

Abgang mit Biss

Abschied: Trainer Cesare Prandell (r.) erklärte nach dem Vorrunden-Aus seinen Rücktritt. Für Torhüter-Legende Gianluigi Buffon war es wohl das letzte internationale Turnier.

Abschied: Trainer Cesare Prandell (r.) erklärte nach dem Vorrunden-Aus seinen Rücktritt. Für Torhüter-Legende Gianluigi Buffon war es wohl das letzte internationale Turnier.

(Foto: REUTERS)

Die Revolution ist gescheitert. Wie schon bei der WM 2010 ist Italien in der Vorrunde rausgeflogen. Dabei sollte unter dem neuen Trainer alles anders werden. Cesare Prandelli wollte den modernen Fußball nach Italien bringen, wollte weg vom defensiven Konterspiel und hin zur offensiven Kreativmannschaft. Aber dem 2:1-Auftaktsieg gegen England folgte ein ernüchterndes 0:1 gegen Costa Rica. Im Gruppenfinale gegen Uruguay reichte den Italienern ein Unentschieden um das Achtelfinale zu erreichen. Italien gelang es nicht, sich Chancen zu erarbeiten - das Spiel war vor allem von Fouls gekennzeichnet. Erneut waren es dann nicht die Teams, so ndern die Schiedsrichter, die für die entscheidenden Szenen sorgten. Während der Italiener Claudio Marchisio in einer fragwürdigen Entscheidung mit einer roten Karte vom Platz geschickt wurde, übersahen die Offiziellen den abstrusen Schulterbiss von Uruguays Luis Suárez. Das Ergebnis: 1:0 für Uruguay - Italien fliegt nach der Vorrunde nach Hause. Schon wieder.

Bei Geld hört der Sport auf

Das Team aus Kamerun um Superstar Samuel Eto'o spielte ein schlechtes Turnier.

Das Team aus Kamerun um Superstar Samuel Eto'o spielte ein schlechtes Turnier.

(Foto: REUTERS)

Beinahe hätte die WM-Gruppe A aus nur drei Mannschaften bestanden. Die Spieler Kameruns hatten im Prämienstreit mit ihrem Verband gedroht, die Arbeit niederzulegen. Die "unbezähmbaren Löwen" wollten fast drei Mal so viel Geld wie ihnen angeboten wurde. Letztlich kam es zu einem Kompromiss - die Mannschaft des deutschen Trainers Volker Finke reiste verspätet zur Vorbereitung nach Brasilien. Ein guter Teil der Prämien wäre fällig geworden, wenn die Afrikaner die K.o.-Runde erreicht hätten, aber davon waren sie weit entfernt. Drei Spiele, drei Niederlagen, 1:9 Tore - da fragt man sich, was das Theater mit den Prämien eigentlich sollte.

Generationenwechsel gescheitert

Wayne Rooney schoss in Brasilien sein erstes WM-Tor. England ist trotzdem ausgeschieden.

Wayne Rooney schoss in Brasilien sein erstes WM-Tor. England ist trotzdem ausgeschieden.

(Foto: imago/Photosport)

Das nächste Turnier, die nächste Enttäuschung. Englischer Fußballfan zu sein, muss hart sein. Nach den Niederlagen gegen Italien (1:2) und Uruguay (1:2) schied die vermeintlich große Fußballnation England frühzeitig aus dem Turnier aus. Dabei sollte alles anders werden. Trainer Roy Hodgson leitete einen Generationenwechsel ein, viele junge Spieler hatten vor dem Turnier nur eine Handvoll Länderspiele auf dem Buckel. Routiniers wie Steven Gerrard und Wayne Rooney sollten das kompensieren. England kämpfte, Rooney schoss sein erstes WM-Tor - aber gereicht hat das n icht. Das Problem ist unter anderem die englische Jugendarbeit. In der Premier League, wahrscheinlich die stärkste Liga der Welt, geben die Clubs Unsummen für Stars aus dem Ausland aus. Für Nachwuchsspieler ist da kaum Platz. Bezeichnend: Das Siegtor für Uruguay, das England gleichzeitig aus dem Turnier schmiss, schoss Luis Suarez - Spieler des Jahres in England.

Unsichtbarer Weltfußballer

Cristiano Ronaldo steht mit Portugal vor dem Aus.

Cristiano Ronaldo steht mit Portugal vor dem Aus.

(Foto: dpa)

Cristiano Ronaldo hatte einiges zu beweisen. Der Superstar von Real Madrid wollte endlich zeigen, dass er auch in internationalen Turnieren glänzen kann. Da setzte es für Portugal im Auftaktspiel eine 0:4-Schlappe gegen Deutschland. Ronaldo war unsichtbar, die ganze portugiesische Mannschaft wirkte müde und unvorbereitet. Pepes Ausraster gegenüber Thomas Müller, für den sich der Verteidige r eine rote Karte einhandelte, versinnbildlichte die Frustration der Portugiesen, die weit stärker eingeschätzt wurden als sie tatsächlich sind. Auch im zweiten Gruppenspiel enttäuschte Portugal: Gegen die USA traf Varela in letzter Sekunde zum 2:2-Ausgleich und bewahrte den Portugiesen zumindest noch die theoretische Chance auf das Achtelfinale. Ronaldo konnte wieder nicht glänzen, der Weltfußballer geht auf der Weltbühne unter.

Zu den Top- und Flopteams der Vorrunde könnten sich noch weitere große Namen hinzugesellen. Geheimfavorit Kolumbien würde bei einem Sieg gegen Japan mit drei Siegen in die zweite Runde einziehen. Ebenso die Argentinier, die allerdings eher schwach gespielt haben und nur durch Einzelaktionen von Weltfußballer Lionel Messi das Achtelfinale frühzeitig klar gemacht haben. Und zuletzt ist trotz des imposanten Auftakts gegen Portugal ein Ausscheiden Deutschlands ebenfalls noch möglich - wahrscheinlicher ist allerdings der Grupensieg.

Quelle: ntv.de

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