"Geld, Geld, Geld, mehr Geld" Lesser testet olympische Meinungsfreiheit
02.02.2022, 11:25 Uhr
Lesser bestreitet seine dritten Spiele.
(Foto: imago images/Oryk HAIST)
Die Kritik an den Olympischen Spielen in Peking ist groß. Auch die Athletinnen und Athleten sind zumeist nicht glücklich mit der Wahl des Austragungsortes. Das verdeutlicht Biathlet Erik Lesser. Und schreckt auch nicht vor deutlicher Kritik an den Organisatoren zurück.
Biathlet Erik Lesser ist bekannt für seine Schlagfertigkeit und seinen sarkastischen Humor. Der 33-Jährige lässt sich nicht das Wort verbieten, was er nun auch in Peking im Vorfeld der Olympischen Spiele beweist. Via Instagram kritisiert er die Macher des Milliarden-Events.
Er postete ein Foto von Handschuhen, die es als Olympia-Merchandise gibt. Auf ihnen sind in den Farben der olympischen Ringe die Worte "Solidarität, Inklusion, Gleichheit, Frieden, Respekt" gestickt. Mittels eines zweiten Fotos erklärte Lesser, wie er es richtig stellen würde - mit den Worten "Geld, Geld, Geld, mehr Geld".
Die Winterspiele stehen scharf in der Kritik. Es handelt sich um ein Milliardengeschäft, nach Meinung vieler auf Kosten der Sportler, und das in einem Land, das Menschenrechte ächtet, das keinerlei Wintersport-Tradition hat - inmitten der Pandemie.
Auch der Bau der Wettkampfstätten extra für die Spiele stoßen Lesser übel auf. "Es ist wirklich schön hier draußen ... Aber zu wissen, wie diese Gegend zuvor ausgesehen hat, macht mich so traurig", schreibt der Doppel-Weltmeister von 2015 in seiner Instagram-Story: "All das für drei Wochen." Dazu postet der Thüringer ein Foto, das ihn am ersten Trainingstag auf der eigens für die Spiele in Zhangjiakou errichteten Biathlon-Anlage zeigte.
Der neue Kurs mit einem Stadion für rund 6000 Zuschauer und Schießstand wurde in der eigentlich schneearmen Bergregion im Nordwestens Pekings gebaut, ohne dass es für die Zeit nach Olympia eine internationale Perspektive gibt. Weltcups sind in den kommenden Jahren nicht in China geplant. Umweltschützer hatten vor den Spielen den Protz beim Bau der Wettkampfstätten in der Bergregion kritisiert.
Fragwürdige Meinungsfreiheit
Es ist nicht das erste Mal, dass Lesser Kritik an der Vergabe der Spiele nach China übt. "Wir Sportler müssen jetzt das ausbaden, was das IOC nicht hinbekommen hat", sagte er dem "Münchner Merkur": "Wir stehen jetzt da und müssen uns rechtfertigen für Olympische Spiele in einem Land, in dem Menschenrechte verletzt werden. Wir müssen also auch kritischere Töne von uns geben - was Thomas Bach als IOC-Präsident nicht schafft."
Nun testet Lesser mit seiner aktuellen Instagram-Story erneut die Grenzen der Meinungsfreiheit. Denn China entscheidet, was erlaubt ist. Viele Experten legen den Teilnehmenden nahe, sich nicht kritisch zu äußern, vor allem nicht über die Menschenrechtsverletzungen. Yang Shu, Vize-Generaldirektor für internationale Beziehungen des Organisationskomitees, sagt: "Jede Äußerung, die sich mit dem olympischen Geist deckt, wird sicherlich geschützt sein. Jedes Verhalten oder Äußerungen, die sich dagegen richten, können mit einer bestimmten Bestrafung geahndet werden, insbesondere wenn sie chinesische Gesetze oder Regeln verletzen." Das Regelwerk des IOC wirft ebenfalls Fragen auf: "Von den Athleten wird erwartet, dass sie bei ihren Äußerungen die geltenden Gesetze, die olympischen Werte und ihre Mitstreiter respektieren." Der DOSB sicherte seinen Aktiven allerdings Unterstützung zu.
Es ist nicht das erste Mal, dass Lesser mittels Instagram und betont amateurhafter Bildbearbeitung Kritik übt. Zu Saisonbeginn bekam die Teambekleidung der deutschen Mannschaft ihr Fett weg. Die ist in dieser Saison eine Mischung aus violett-blau-grau und gelb-grün. Für Lesser hat das nichts mit Wiedererkennung der deutschen Mannschaft zu tun. Und so färbte er in einem Post mal eben fix die deutsche Flagge um. Aus Schwarz-Rot-Gold wurde Schwarz-Violett-Gelbgrün. Immerhin ein Problem, das Lesser in Peking nicht hat: Die Teamkleidung ähnelt den Farben der deutschen Flagge deutlich mehr.
Quelle: ntv.de, ara/dpa