Eine Klasse für sich Das Galaxy Tab im Test
29.09.2010, 17:50 UhrManche halten das Samsung Galaxy Tab für den ersten echten iPad-Herausforderer, andere nur für ein zu groß geratenes Smartphone. n-tv.de hat den Sieben-Zöller ausgiebig getestet und kommt zu dem Ergebnis: Das Galaxy Tab ist eine Klasse für sich.
Bei seiner Präsentation machte das Samsung Galaxy Tab einen glänzenden Eindruck: Schick, schnell und praktisch. Doch solche Veranstaltungen haben mit der Realität oft nur wenig zu tun. Geräte, die eben noch so schön flüssig zu bedienen waren, ruckeln und zuckeln durch den Alltag, nerven ihre Besitzer mit Denkpausen oder geben unter Volllast den Geist auf.
n-tv.de hat getestet, was das Galaxy Tab tatsächlich drauf hat. Zwei Wochen lang musste es beweisen, dass es alltagstauglich ist. Dutzende Apps wurden installiert und wieder deinstalliert, der Akku schlampig gepflegt und Multitasking ausgereizt. Es war von morgens bis abends eingeschaltet und ein ständiger Begleiter. Das Galaxy Tab ersetzte das Telefon, diente als Surfbrett und musste stundenlang Videos und Musik abspielen.
Akku hält bis zum Morgen durch
Zu allererst kann man sagen, dass der 4000-Milliamperestunden-Akku nicht enttäuscht hat. Im Gegenteil: Das Gerät musste nicht zu Hause über Nacht geladen werden. Das Tab hält locker noch die ersten Morgenstunden durch und man kann den Ladestrom günstig beim Arbeitgeber "klauen".
Auch am Ende der Testphase waren beim Galaxy Tab keine Verzögerungen oder gar Pausen erkennbar. Die Anpassung der eigenen TouchWiz-Oberfläche an Android 2.2 (Froyo) ist Samsung offenbar bestens gelungen. Was der 1-Gigahertz-Chipsatz von Hummingbird zu leisten vermag, hat er bereits eindrucksvoll im "kleinen" Galaxy S bewiesen. Und auch das Tab treibt er zu Höchstleistungen. So lag das Gerät im Benchmark-Test Quadrant konstant knapp über 1000 Punkten.
Knackige Schärfe fürs Auge
Der TFT-Touchscreen ist zwar nicht mit dem brillanten AMOLED-Display des Galaxy S zu vergleichen, bietet aber mit seiner feinen Auflösung von 1024 x 600 Bildpunkten, gutem Kontrast und knackiger Schärfe ebenfalls ein sehr schönes Bild fürs Auge. Prima ist auch, dass man das 380 Gramm leichte Tab problemlos in einer Hand halten und mit der anderen bedienen kann - ein großer Vorteil gegenüber den großen Tablets.
Der Standard-Browser liefert alle Funktionen, die Otto-Normal-Surfer braucht: Favoriten können einfach hinzugefügt und aufgerufen werden. Webseiten lassen sich in Tabs öffnen und Spalten per Doppel-Tipper auf Bildschirmgröße skalieren. Im Menü findet sich ein Download-Manager und wer möchte, kann Webseiten über WLAN auch ausdrucken. Auch hier gibt es an der Geschwindigkeit nichts auszusetzen, selbst über eine 3G-Verbindung baut der Browser Seiten rasch auf.
Das E-Mail-Programm hat sich im Alltag ebenfalls bewährt. Konten sind in null Komma nichts eingerichtet, der Assistent ergänzt alle gängigen Provider korrekt. Hübsch: Google- oder Yahoo-Konten werden im universellen Posteingang mit dem passenden Icon dargestellt. Mails sind einzeln oder in Reihe schnell gelöscht oder markiert.
Viel Platz für Apps
Fünf Startbildschirme bieten jeweils Platz für 25 Programm-Icons. Wem das nicht reicht oder wer viele größere Widgets platzieren möchte, kann weitere Bildschirme hinzufügen.
Während Internet und E-Mail auf der Startseite neben der Menü-Taste fixiert sind, kann das Icon für SMS-Nachrichten frei plaziert werden. Das Standard-Programm teilt sich im Querformat in zwei Hälften. Links zeigt das Programm die Konversationen (Threads) an, rechts stehen die einzelnen Mitteilungen in Sprechblasen. Darunter befindet sich das Eingabefeld für direkte Antworten. Über das Menü können Threads gelöscht, Texte importiert, Betreffs und Smileys hinzugefügt werden.
Trotz seiner Größe ist das Galaxy Tab auch ein sehr gutes Telefon. Da man sich den Barren nicht ans Ohr halten kann (will), lässt man das Gerät auf dem Tisch liegen und nutzt die Freisprechfunktion oder setzt ein Headset ein. Eine Frontkamera (1,3 MP) macht auch Videotelefonate möglich. Die Gesprächsqualität ist in allen drei Anwendungen hervorragend, bei der Freisprechfunktion sollte man aber nicht allzu weit vom Telefon weg sitzen.
Kamera mit reduzierten Funktionen
Die hintere Kamera ist nicht das Highlight des Samsung-Tablets. Sie löst mit 3,0 Megapixel auf und hat ein LED-Licht zur Seite. Ebenso wie die Auflösung sind auch die Funktionen im Vergleich zum Samsung Galaxy S reduziert. Beispielsweise kann der Autofokus nicht per Tipper platziert werden und eine Zoom-Funktion fehlt. Das ist aber letztendlich nicht schlimm, denn sieben Zoll ohne manuellem Auslöser sind zum Fotografieren schlicht ungeeignet. Wer nicht riskieren möchte, dass das kostbare Tablet auf dem Boden zerschellt, sollte nicht versuchen schnelle Schnappschüsse zu machen. Ähnliches gilt für Videoaufnahmen.
Die Kontakte-App blieb im Test zunächst unbeachtet, da sie nicht auf dem Start-Bildschirm vorinstalliert war. Ein Fehler. Denn sie stellte sich als äußerst gelungen heraus. Die Kontakte selbst werden ähnlich wie im Online-Auftritt von Google-Mail angezeigt und können ebenso komfortabel angelegt und bearbeitet werden. Neben den Kontakten finden sich in der App noch vier weitere Reiter über die Nutzer schnell aufs Telefon, Gruppen, Favoriten oder Protokolle zugreifen können.
Swype-Tastatur bestimmt ein Renner
Leider stand für das Testgerät noch keine angepasste Swype-Tastatur zur Verfügung, bei der nicht getippt wird, sondern die Finger von Buchstabe zu Buchstabe "wischen". Da die Funktion schon auf dem vier Zoll großen Galaxy S viel Tempo macht, ist aber davon auszugehen, dass Swype auf der Tab-Tastatur ein Renner wird.
Musik- und Videoplayer sind schlicht und leisten genau das, was sie tun sollen. Sie stellen gespeicherte Songs und Videos übersichtlich dar und spielen sie ab. Firlefanz ist hier aber auch nicht nötig. Denn das Tab glänzt mit einem tollen Klang und bei Videos - bei entsprechender Auflösung - mit einem hervorragendem Bild. Mit Android 2.2 hat das Galaxy Tab auch den Flash Player 10.1 an Bord.
Videos, die auf der SD-Karte liegen, können auch auf dem Fernseher wiedergegeben werden. Bei DLNA-fähigen Geräten funktioniert dies über WLAN. Da ein HDMI-Ausgang fehlt, bleibt sonst nur die Möglichkeit, den TV-Ausgang in PAL-Qualität über die 3,5-mm-Klinkenbuchse zu wählen.
In der Galerie finden Nutzer Videos und Fotos nach Quellen sortiert. Sie können von dort die Wiedergabe starten, die Dateien per E-Mail, Bluetooth und MMS verteilen oder ins Internet hochladen. Sieben Zoll genügen, um den Bildschirm des Galaxy Tab eBook-tauglich zu machen. Der Reader erinnert - wie so einiges - an iPhone und iPad und lässt sich auch ähnlich bedienen.
Hubs noch unfertig
Auf dem Galaxy Tab befinden sich vier sogenannte Hubs, die aber bisher nur bedingt nutzbar sind. Der Music-Hub ist im Prinzip eine App des Music-Shops von 7digital.de. Im Readers Hub finden sich Gratis- und Bezahl-Angebote für Zeitungen und Zeitschriften, Bücher und Magazinen. Für das Testgerät standen zunächst überwiegend englischsprachige Angebote zur Verfügung. Nur bei den Zeitungen gab es bereits einige deutsche Anbieter. Das soll sich aber noch ändern.
Der Social Hub, in dem alle sozialen Netzwerke, E-Mails und ähnliches zusammengefasst werden, fehlte auf dem Testgerät noch, sollte aber auf verkauften Tabs installiert sein. Das Widget Feeds and Updates fasst zumindest Facvebook, MySpace und Twitter zusammen. Geplant ist auch eine Videothek. Ob es einen Media Hub geben wird, ist aber noch ungewiss, da bisher ein Anbieter fehlt.
Gutes Navigieren auf großem Bildschirm
Vorinstalliert ist auf dem Android-Gerät natürlich Google Maps, das den großen Bildschirm problemlos ausfüllt. Vor allem die Navigations-Funktion macht sich auf dem Tab sehr gut.
Weitere Apps finden sich in großer Zahl im Android Market. Denn das Tab wurde dank seiner 3G-Funktion und der geringen Größe auch für Googles offiziellen Shop zugelassen, der eigentlich Smartphones vorbehalten ist.
Aber auch auf dem sieben Zoll großen Galaxy Tab sehen viele Anwendungen unscharf aus oder laufen nur herunterskaliert. Doch es gibt bereits eine große Zahl von Apps, die problemlos mit der Größe zurechtkommen. Dazu gehören beispielsweise die n-tv-App und der Spiele-Hit Angry Birds.
Das Problem ist nur, dass es bisher keine Suchfunktion im Android Market gibt, mit der man nach Größe sieben kann. So lange die Apps gratis sind, kann man die Programme einfach ausprobieren. Bei kostenpflichtigen Apps ist dies weniger ratsam. Dort bietet sich aber an, die Kommentare nach Hinweisen zu durchsuchen. Viele Entwickler stellen außerdem zu ihrer App auch eine E-Mail-Adresse für Nutzer-Fragen. In Samsungs App-Store herrscht dagegen noch gähnende Leere. Bisher wird dort nur ein Programm angeboten, das das Tab zur Fernsteuerung für andere Samsung-Geräte macht.
Einzige echte Alternative zum iPad
Insgesamt kann man sagen, dass das Samsung Galaxy Tab derzeit die einzige echte Alternative zu Apples iPad ist. Es sieht nicht nur wie eine Mischung aus iPhone und iPod aus, es funktioniert auch ebenso gut. Außerdem kann das Galaxy Tab bei der Benutzerfreundlichkeit durchaus mit der Apple-Konkurrenz mithalten.
Trotzdem ist das Tab mit dem iPad nicht zu vergleichen. Es ist eine Klasse für sich. Samsungs Sieben-Zöller verbindet die Vorzüge von Smartphones und Tablets in einem Gerät. Im Gegensatz zu größeren Tablets bietet es Nutzern über den Android Market bereits jetzt eine vernünftige Anzahl von Applikationen. Und es ist zu erwarten, dass künftig viele Entwickler ihre Apps so programmieren, dass sie auch auf sieben Zoll großen Displays gut aussehen.
Eigentlich steht einem großen Markterfolg des Galaxy Tab nur der schrecklich hohe Preis von 799 Euro entgegen. Aber da "unverbindlich" in diesem Fall ernstzunehmen ist, hat sich da auch schon einiges bewegt. Aktuell wird das Gerät online schon für rund 660 Euro inklusive Versand angeboten.
Quelle: ntv.de