Jagd auf Musikpiraten Englische Provider handeln
28.07.2008, 13:24 UhrSchon seit Jahren sucht die Musik-Industrie nach einem Mittel, um illegale Internet-Downloads einzudämmen. In Großbritannien ist der Branche nun ein Deal gelungen, mit dem sie das Problem an der Wurzel packen will - direkt am Netzanschluss der Raubkopierer. Alle großen Anbieter von Internetverbindungen (Service Provider) versprechen, den illegalen Tausch von Musik im Netz "signifikant" zu reduzieren. Die britische Regierung denkt sogar über eine Art Musik-Steuer für alle Surfer nach. Die deutsche Phonobranche schaut aufmerksam zu.
Der Deal vom Donnerstag vergangener Woche ist nicht mehr als eine Absichtserklärung ("Memorandum of Understanding"), dennoch jubelt der Branchenverband British Phonographic Industry (BPI): "Alle großen Internet-Provider in Großbritannien erkennen nun an, dass sie eine Verantwortung dafür haben, sich mit Raubkopierern auseinanderzusetzen", sagte BPI-Geschäftsführer Geoff Taylor der BBC. Bislang hatte die Internet-Wirtschaft stets eine Kooperation mit den Labels abgelehnt - man sei nicht die "Internet-Polizei". Auf Druck der britischen Regierung ließen sich die Service Provider nun doch auf Verhandlungen ein.
Allerdings schießen die Unternehmen im Kampf gegen Raubkopierer zunächst mit kleinkalibriger Munition: Sie sagten lediglich zu, notorischen Nutzern von Tauschbörsen warnende Briefe zu schicken; rechtliche Folgen haben diese nicht. Immerhin dürfte eine solche Aktion die Eltern raubkopierender Teenager alarmieren. Zudem wollen BT und Co. legale Musik-Dienste fürs Internet entwickeln. Solche Angebote gibt es aber schon heute zuhauf.
Steuer für Downloads im Gespräch
Weitaus drastischere Schritte könnte die Regierung einleiten. Laut einem BBC-Bericht diskutiert eine Arbeitsgruppe darüber, illegalen Tausch (File Sharing) mit technischen Mitteln zu bekämpfen. Wie ist unklar. Die Kreativindustrie träumt davon, Nutzern den Stecker zu ziehen, wenn sie öfter gegen das Urheberrecht verstoßen. Dafür müssten jedoch die Service Provider mitspielen.
Zudem berichtet die Zeitung "Independent" über Pläne für eine "Download-Steuer": Demnach müsste jeder Breitband-Nutzer jährlich bis zu 30 Pfund (rund 38 Euro) Gebühr zahlen und dürfte dafür legal Tauschbörsen benutzen. Die Einnahmen flößen an die Rechteinhaber. Ein Manager bezifferte die mögliche Einnahmen im "Independent" mit 1,2 Milliarden Pfund (1,5 Milliarden Euro) pro Jahr. BPI-Chef Taylor bestritt Gespräche über dieses Thema.
Pakt statt Kriminalisierung
Einige Beobachter halten die Musik-Abgabe ohnehin für Theater-Donner. "Es ist klar, dass die Regierung gesetzliche Schritte unbedingt vermeiden will", schreibt etwa BBC-Experte Rory Cellan-Jones. "Ein freiwilliger "Pakt gegen Piraterie" ist viel besser, als komplexe Gesetze auszuarbeiten, die Millionen von Internet-Nutzern und die Service-Provider zu Kriminellen machen."
Die deutsche Musikindustrie sieht in den britischen Plänen ein Vorbild für den hiesigen Markt. England habe erkannt, "dass die Provider eine zentrale Rolle bei der Bekämpfung der Internetpiraterie spielen", sagt Stefan Michalk, Geschäftsführer des Bundesverbandes Musikindustrie. Allerdings seien auch Sanktionen notwendig, um auf "Unbelehrbare" Druck ausüben zu können. Eine Musik-Flatrate sieht Michalk dagegen skeptisch. "Einerseits müssten auch die bezahlen, die keine Musik hören wollen, andererseits wäre damit ein großer Aufwand für Kontrolle, Verwaltung, Abrechnung und Verteilung verbunden."
Christof Kerkmann, dpa
Quelle: ntv.de