Personalmangel hält an Greencard nützt wenig
26.09.2001, 13:23 UhrVor über einem Jahr hat Bundeskanzler Gerhard Schröder die Greencard in Leben gerufen, um den Personalmangel bei deutschen Computer- und Software-Unternehmen zu beheben. 30.000 ausländische Experten müssten kurzfristig ins Land geholt werden, forderte die Branche. Aber die deutsche Greencard fand im Ausland kaum Interesse. Nicht einmal das erste Kontingent von 10.000 wurde ausgeschöpft.
Das ist zum Teil auch auf die schwierigen Konditionen zurückzuführen, die mit der Arbeiterlaubnis verknüpft sind. "Unsere Greencard ist ja keine richtige", erklärt die Sprecherin des IT-Branchenverbandes Bitkom, Elke Siedhoff. Die Angestellten müssten Deutschland nach fünf Jahren wieder verlassen, und ihre Ehepartner dürften erst nach zwei Jahren Wartezeit arbeiten. Im Vergleich zu den USA seien diese Regelungen nicht attraktiv.
Viele Software-Unternehmen suchen also weiter händeringend nach Mitarbeitern. Auch wenn es durch die Konjunkturkrise etwas weniger Stellen gäbe, sei der Bedarf an IT-Fachkräften immer noch sehr, sehrhoch, sagt Sabine Seidler von der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung (ZAV).
Kulturelle Vielfalt in Deutschland vermißt
Internet-Experte Alexander Felsenberg vom Deutschen Multimedia-Verband beklagt die schwierige Integration von ausländischen Angestellten. "In Amerika geht es viel multikultureller zu als in Deutschland." So gebe es im Silicon Valley bei San Francisco eine große indische Gemeinde, mit der sich neu ankommende Spezialisten einfacher im Land einleben könnten.
Auch Azim Premji, Chef der größten indischen Software-Firma Wipro, glaubt nicht, dass viele indische Software-Spezialisten dauerhaft nach Deutschland übersiedeln. "Inder, die auswandern wollen, gehen gleich in die USA." Die Einwanderer müssten keine neue Sprache lernen und hätten meist schon Verwandte in den Amerika. Auch sei der Lebensstandard in den USA höher. Deutsche Software-Unternehmen könnten ihren Personalmangel am besten lösen, wenn sie mit ausländischen IT-Unternehmen zusammenarbeiten würden, meint Premji.
Mittelstand profitiert von Greencard
Trotzdem sieht Bitkom die Greencard als Erfolg. Vor allem mittelständische Unternehmen hätten viele Stellen besetzen können. In Bayern wurden bis August über 2.600 Karten ausgegeben, auch Firmen in Hessen und Baden-Württemberg nutzten die Chance stark. Mehr als ein Drittel der Experten kam aus Indien und Osteuropa. Im Schnitt wurden pro Greencard zweieinhalb zusätzliche Stellen von deutschen Arbeitnehmern besetzt.
Quelle: ntv.de