Technik

E-Commerce-Richtlinie der EU Herkunftslandprinzip ist verbraucher- und wettbewerbsfeindlich

Internet-Experte Thomas Hoeren hält die E- Commerce-Richtlinie der EU für teilweise verbraucher- und wettbewerbsfeindlich. "Gerade das zentrale Element der Regelung, das so genannte Herkunftslandprinzip rührt an den Grundfesten des fairen Wettbewerbs", sagte Hoerer, Leiter des Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht an der Universität Münster.

Die Bundesregierung hatte in der vergangenen Woche die Umsetzung der europäischen E-Commerce-Richtlinie beschlossen. Indem Internet-Geschäfte auf eine europaweit einheitliche Rechtsgrundlage gestellt werden, sollen Verbraucher und Anbieter geschützt werden. Beim Herkunftslandprinzip gelten die Vorschriften, die für Internetdienste im Land ihres Firmensitzes bindend sind.

"Mit dem Herkunftslandprinzip ergeben sich trotz verschiedener Ausnahmen große Probleme", kritisierte Hoeren. Die Regelung sei eine Notlösung. "Zunächst hätte das Werberecht in Europa harmonisiert werden müssen, davor sind die Politiker zurückgeschreckt", sagte der Jurist.

Die Anwendung des Herkunftslandprinzips bedeute, dass das Werberecht in Europa auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zurückgeführt werde. "Das heißt, dass Portugal den Takt im europäischen Werberecht beim Online-Marketing angeben wird. In Deutschland gilt das schärfste Werberecht, deutsche Firmen haben also ein Problem. Die Verbraucher hier zu Lande sollten bei ausländischen Anbietern sehr aufpassen."

Ein weiteres Problem sei auch die unterschiedliche Auslegung der EU-Richtlinie in den einzelnen EU-Ländern. So habe Österreich das Herkunftslandprinzip als Gerichtsstand für Klagen interpretiert.

Die EU-Richtlinie enthalte aber auch verschiedene gelungene Elemente wie die gelockerte Haftung für Provider. Diejenigen, die fremde Inhalte auf eigenen Rechnern zum Abruf bereithalten, müssten nun nur noch bei offenkundig rechtswidrigen Inhalten haften. Positiv ist nach Ansicht des Juristen auch die Aussage, dass Verträge im Internet in der Regel nicht schriftlich ausgefertigt werden müssen.

Hoeren rechnet wegen der unterschiedlichen Rechtsvorschriften in den einzelnen EU-Ländern in den nächsten zwei bis drei Jahren mit einem Wildwuchs im Internet-Handel. "Da geht es um Dinge wie Internet-Apotheken oder Werbung für Rechtsanwälte. Die Widersprüche der E-Commerce-Richtlinie werden mühevoll von Juristen korrigiert müssen", sagte Hoeren.

Quelle: ntv.de

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