Gameboy-Nachfolger In Deutschland erst 2005
15.11.2004, 11:44 UhrNeidvoll werden an Weihnachten wohl viele Gameboyfans an ihre Gesinnungsgenossen in Japan und den USA denken: Denn die nächste Generation tragbarer Spielekonsolen von Nintendo DS und Sony kommen dort noch 2004 auf den Markt. In Europa ist der Verkaufsstart für beide Geräte jedoch erst im kommenden Jahr geplant.
Den im Frühjahr auf der Computer- und Videospielmesse E3 in Los Angeles vorgestellten Gameboy-Nachfolger Nintendo DS (DS steht für double screen) dürfen Videospieler in den USA vom 21. November an für 149 Dollar (116 Euro) kaufen. Im Nintendo-Stammland Japan kommt die Konsole mit den zwei Bildschirmen am 2. Dezember in die Läden. Dort soll sie ungerechnet 110 Euro kosten. In Europa ist die Markteinführung laut Nintendo für das erste Quartal 2005 vorgesehen.
Das neue Spielgerät sei im Grunde kein Gameboy-Nachfolger, sondern eine völlig neue tragbare Spielkonsole, sagt Nintendo-Sprecherin Cynthia Kallmeyer in Frankfurt. Die Mobilkonsole soll laut Nintendo "nie gesehene Formen des Videospielens" ermöglichen. Die Grundlage dafür liefert die Kombination von zwei Bildschirmen, einem Mikrofon zur Spracherkennung und kabelloser Kommunikation. Anders ausgedrückt: Komplexe Spiele sollen intuitiv auf verschiedene Weisen gelenkt werden und nicht ausschließlich durch Knöpfe und Steuerkreuze.
Nach den Vorstellungen der Entwickler kann das Spielgeschehen - zu sehen auf dem oberen Display - durch Tippen mit dem Finger oder mit Hilfe eines Stiftes über den berührungsempfindlichen unteren Bildschirm, einen so genannten Touchscreen, gesteuert werden. Bei manchen Spielen reagieren die Figuren auch auf Zurufe.
Der zweite Bildschirm hat zudem die Aufgabe, den Spieler mit Zusatzinformationen zu versorgen. Durch die Wireless-Funktionen können Programme ohne Kabel auf das Gerät geladen werden. Ohne feste Verbindung zwischen ihren Konsolen sollen sich auch Spieler miteinander messen können.
An der entsprechenden Software arbeiten laut Nintendo noch weitere 45 Spielehersteller. Insgesamt werden rund 124 Spieltitel entwickelt. Die Zahl der bei der Markteinführung in Amerika verfügbaren Spiele nimmt sich in Anbetracht dieser Ankündigung mit 12 jedoch bescheiden aus. Bis Jahresende sollen es 14 DS-Spiele sein, bis zum kommenden Frühjahr immerhin 25. Die von Nintendo angekündigten Eigenentwicklungen wie "Super Mario DS" oder "Pokmon Dash" werden in Japan für umgerechnet rund 35 Euro angeboten.
Langeweile wird sich dennoch nicht einstellen: die neue Konsole ist abwärtskompatibel. "Spiele, die für den Vorgänger Gameboy Advance entwickelt wurden, laufen auch auf dem Nintendo DS", erklärt Kallmeyer. Auch Spieler - oder Eltern -, die das neue Gerät schon jetzt über das Internet bestellen, müssten sich keine Gedanken um Regionalcodes machen, die bei Film-DVDs die weltweite Verwendung unterbinden: International seien alle Gameboy- und DS-Spiele kompatibel. "Aber bei den Ladegräten könnte es Probleme geben."
Den gewinnträchtigen Markt der mobilen Konsolen - bisher fast ausschließlich das Revier von Nintendo - hat auch Sony ins Visier genommen: Wie beim Nintendo DS wurde eine Vorabversion der neuen PlayStation Portable (PSP) auf der E3 in Los Angeles präsentiert. Und wie beim Konkurrenten müssen europäische Spieler zuschauen, wenn Sony am 12. Dezember den Verkauf der PSP mit anfangs rund 25 Spielen startet. In diesem Fall wissen sie aber US-Gamer auf ihrer Seite: Der Verkauf beginnt für umgerechnet 150 Euro nur in Japan. In Europa und den USA ist die Markteinführung für das kommende Frühjahr geplant.
Für wie viel die Sony-Konsole dann in Deutschland verkauft werden soll, lasse sich aus dem japanischen Preis nicht ableiten, sagt Guido Alt von Sony Computer Entertainment Deutschland in Frankfurt. Die verzögerte Markteinführung erklärt er mit dem Aufwand, der für die technische Anpassung des Gerätes an europäische Normen und auch für die Übersetzung und Synchronisation der japanischen Titel notwendig ist. Laut Sony arbeiten aber alle namhaften Spielehersteller - insgesamt rund 100 aus Japan, den USA und Europa - an neuen Titeln.
Als reine Spielkonsole will Sony die PlayStaion im PDA-Format aber nicht verstanden wissen: "Wir sehen die PSP nicht als direkte Konkurrenz zum Nintendo DS. Wir verfolgen einen anderen Ansatz", sagt Alt. Mit eingebauten Stereolautsprecher, Kopfhöreranschluss sowie Schnittstellen für Memory Stick, WLAN und USB-2.0 sei die PSP ein mobiles Musik- und Videoabspielgerät, an das sich externe Geräte anbinden lassen. Dadurch sollen auch Funktionen von Digitalkameras und Handhelds abgedeckt werden.
Anders als Nintendo setzt Sony bei der PSP nicht auf neue Steuerungen: Bei der tragbaren PlayStation vertrauen die Entwickler auf bewährte Kippschalter, die PlayStation-Fans von der Heimkonsole kennen. Die PSP soll durch ihre Grafikleistungen überzeugen: Das TFT-Display im 16:9-Breitbildformat ermöglicht laut Sony 16,7 Millionen Farben. Und wie auf der PlayStation 2 sollen sich mit dem PDA-großen Gerät "3D-CG-Spiele mit Full-Motion-Video in bestechender Qualität" spielen lassen. Zentraler Speicher der PSP wird die Universal Media Disc (UMD), die trotz sechs Zentimeter Durchmesser bis zu 1,8 Gigabyte an Daten speichern kann.
Eine japanische PSP in diesem Jahr noch unter den Weihnachtsbaum zu legen, hält Sony-Manager Alt nicht nur wegen des Zolls und der hohen Frachtkosten für keine gute Idee: "Anders als bei Spielen wird es bei Film-UMDs Regionalcodes geben." Später in Deutschland gekaufte Filme würden dann auf der Fernost-PSP nicht laufen.
Quelle: ntv.de