Kleinwalsertal abgeklemmt Kampf um Vorwahlnummer
12.11.2002, 14:13 UhrWenn es nach der Deutschen Telekom und der Telekom Austria geht, wird es die deutsche Vorwahlnummer "08329" bald nicht mehr geben. Mit den fünf Ziffern gelangen deutsche Telefonierer ins österreichische Kleinwalsertal, ohne die Landesvorwahl eintippen zu müssen.
Das Gebiet am Rande des Allgäus ist bisher sowohl über eine österreichische als auch über die deutsche Vorwahl erreichbar. Diesen Sonderstatus wollten die beiden Telefongesellschaften aus wirtschaftlichen Gründen bereits im September aufheben. Seitdem kämpfen vor allem Politiker und Tourismusbetriebe um die deutsche Vorwahl.
Eine aufmerksame Mitarbeiterin der Raiffeisenbank Kleinwalsertal in Riezlern hatte auf ihrer Telefonrechnung einen klein geschriebenen Hinweis entdeckt, nach dem die deutsche Vorwahl für das Kleinwalsertal vom 1. September an abgestellt werden sollte. Die Frau hat so möglicherweise eine "Kommunikations-Katastrophe" verhindert.
"Bei uns haben sofort alle Alarmglocken geläutet", berichtet der Bürgermeister von Mittelberg, Werner Strohmaier. Denn die Tourismusregion wäre schlagartig nicht mehr unter ihrer bisherigen deutschen Vorwahl erreichbar gewesen - weder die Telekom Austria noch die Deutsche Telekom hatten die Gemeinden laut Strohmaier informiert.
Nach massiven Protesten deutscher und österreichischer Politiker bei den beiden Telekommunikationsgesellschaften ist die Region mit jährlich 1,8 Millionen Übernachtungen jetzt noch bis zum 30. Juni 2003 unter der deutschen Vorwahl zu erreichen. "Die Telekom Austria, die über das Gebiet bestimmt, wollte keine Verlängerung des Staatsvertrages", sagt Deutsche-Telekom-Sprecher Waldemar Czauderna.
Wenn die Österreicher ihren Kampf um die deutsche Vorwahl verlieren, kommen auf Behörden und Tourismusbetriebe hohe Kosten und Verluste zu: "Für den Druck neuer Prospekte rund sechs Mio. Euro und vier Millionen Euro durch den Gästerückgang", schätzt Strohmaier. Erst in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde das Kleinwalsertal an das Telefonnetz angeschlossen, von deutscher Seite aus. "Von Österreich war das früher gar nicht möglich", sagt Czauderna. Inzwischen habe sich die Infrastruktur aber gewandelt.
Seit dem Zollanschlussvertrag aus dem Jahr 1891 haben die rund 5.000 Einwohner des Kleinwalsertals, das von österreichischer Seite nur schwer zugänglich ist, einen Sonderstatus. Früher bezahlte man hier mit D-Mark statt mit Schilling. Selbst bei der Währungsumstellung bekamen die Bürger deutsche statt österreichischer Euromünzen in die Hand. Bei der Deutschen Telekom allerdings fühlt man sich jetzt für die Region nicht mehr verantwortlich.
Alexander Hauk, dpa
Quelle: ntv.de