"Krieg' ich ein Ponyyyy?" Pferde-Software immer beliebter
16.10.2006, 14:17 UhrWenn es um Spiele für Kinder, vor allem für Mädchen geht, wird bei immer mehr Herstellern ein Thema immer wichtiger: Das Versorgen und das Reiten von Pferden. Selbst Experten überrascht der große Erfolg der entsprechenden Titel.
Eines der aktuellen Spiele ist "Sheltie" von United Soft Media (USM) aus München. Es basiert auf der gleichnamigen Kinderbuchreihe. Pferdefans ab sechs Jahren schlüpfen dabei in die Rolle des Mädchens Emma, das mit den Eltern aufs Land ziehen muss und darüber gar nicht glücklich ist. Doch dann bekommt Emma das Pony Sheltie geschenkt, und plötzlich ist das Landleben eine tolle Sache. Das Mädchen - und mit ihm die Spieler - muss zahlreiche Aufgaben rund um das Tier erledigen und lernt so nach und nach, wie ein Pferd zu versorgen ist.
Doch was macht die Pferdetitel derart attraktiv für die jungen Computernutzer? "Oft ist es gerade die Herausforderung, die gestellten Aufgaben zu meistern, die die Pferdespiele für Kinder interessant werden lässt", sagt Prof. Hartmut Warkus vom Lehrstuhl für Medienpädagogik in Leipzig.
Spannende Aufgaben sind aber auch bei anderen Spielen zu meistern. Also kann das nicht der einzige Grund dafür sein, dass Experten wie Harald Hesse, Chefredakteur der Fachzeitschrift "GamesMarkt", bereits ein Überangebot fürchten: "So schön die Titel rund um die Themen Pferde und Tiere auch gemacht sind, leidet doch die Vielfalt der Softwareangebote für Kinder darunter."
"Ich glaube, beim Erfolg der Pferde-Titel spielt eine Rolle, dass viele Kinder kein eigenes Pferd haben, obwohl sie gern eines hätten", sagt Claudia Hollingshausen, Sprecherin des Anbieters Tivola aus Berlin. "Das ist dann eine Art virtueller Ersatz." Laut Marina Selikowitsch vom Softwareunternehmen digital tainment pool (dtp) aus Hamburg geht die Zahl der von Pferden begeisterten Kinder zwischen 6 und 14 Jahren in die Millionen -ein durchaus lukrativer Markt also.
Pferde lassen seit jeher vor allem Mädchenherzen höher schlagen - und nicht anders sieht es mit den Pixel-Reittieren aus. "Es ist vor allem die hohe Affinität des weiblichen Geschlechts, etwas versorgen zu wollen", erläutert Prof. Warkus. "Das Spiel mit den Puppen wird sozusagen auf einer anderen Ebene mit den Pferdespielen am Computer weitergeführt."
Doch es ist nicht nur das Pflegen, sondern auch das Reiten selbst, um das sich die Titel drehen. So hat Tivola jetzt die CD-ROM "Mein Springpferd" für Kinder ab acht herausgebracht. Dabei geht es um das Reiten im Parcours. Durch das Drücken der richtigen Tasten springt das Pferd über die Hindernisse. Nach jedem absolvierten Kurs steigen die Qualitäten des Tieres. Mit Hilfe eines Editors lässt sich ein eigener Parcours gestalten. Dieser muss erfolgreich abgeritten werden, bevor er für andere User im Internet hochgeladen werden kann.
Solche Möglichkeiten unterscheiden die Pferde-Titel wiederum von anderen Spielen, die sich um Tiere drehen und ebenfalls zu den Rennern im Software-Sortiment für Kinder gehören. "Man kann eben auf einer Katze nicht reiten", verdeutlicht Lilian Mrusek vom USM. "Ein Pony bietet für eine Umsetzung als Multimediatitel einfach viel mehr Ansatzpunkte."
Das wird auch beim neuen Titel "Mein Pferdehof 2" von EMME Deutschland aus Köln deutlich. Dabei geht es nicht nur ums virtuelle Ausreiten und Absolvieren von Turnieren: Kinder ab acht Jahren haben die Möglichkeit, am Rechner ihren eigenen Reiterhof aufzubauen. Dabei müssen sie sich vor allem um die Zucht kümmern, denn nur mit guten Pferden lässt sich Geld verdienen - und das muss für den weiteren Ausbau des Hofs her.
Ganz auf das Thema Versorgen geht dagegen die CD-ROM "Best Friends - Mein Pferd" aus der Reihe "Pferd und Pony" von dtp ein. Hier können Kinder ab acht ihr eigenes Fohlen groß ziehen. Dazu gehört neben dem Füttern und Striegeln auch das Ausmisten des Stalls. Besonders wichtig sind ausgiebige Streicheleinheiten für das virtuelle Pferd.
"Ich könnte mir vorstellen, dass sich die Pferde-Spiele im CD-ROM-Bereich zu Dauerbrennern entwickeln", sagt Claudia Hollingshausen von Tivola. Ob sich auf diese Weise bei vielen Mädchen vielleicht sogar der Wunsch nach einem "echten" Pferd erübrigt? Prof. Hartmut Warkus meldet daran Zweifel an: "Die Spiele sind in ihren Handlungen nah an der Realität, werden aber als Kompensation für den Wunsch, ein eigenes Pferd haben zu wollen, nicht ausreichen."
Quelle: ntv.de