Technik

Die Hintermänner von Y-Titty und Co. So werden Stars auf Youtube gemacht

Im Netz sind Y-Titty Könige, ihre Videos werden oft 15 Millionen Mal geklickt.

Im Netz sind Y-Titty Könige, ihre Videos werden oft 15 Millionen Mal geklickt.

(Foto: Screenshot Youtube: jtw)

Stars werden auf Youtube im Stundentakt geboren - und immer schneller verdienen sie Geld mit ihren Wackelfilmchen. Die Videoplattform ist eine milliardenschwere Medienmacht. Doch wer sind die Strippenzieher im Hintergrund?

Videoexperte Christoph Krachten verdient dank Youtube viel Geld - und seine Stars gleich mit ihm.

Videoexperte Christoph Krachten verdient dank Youtube viel Geld - und seine Stars gleich mit ihm.

(Foto: Jens Twiehaus)

Das oberste Erfolgsrezept von Christoph Krachten lautet: Lächle, so viel du kannst. Das zweite: Überzeuge die Menschen, indem du wie ein Wasserfall redest. Beides beherrscht der 49 Jahre alte Kölner fast bis zur Perfektion. Und zugegeben, Krachten hat allen Grund dazu. Denn er macht derzeit gute Geschäfte mit kleinen Clips im Internet. Krachten ist der Mann hinter vielen deutschen Youtube-Stars:  Die drei Jungs von Y-Titty hören auf seinen Rat ebenso wie der über das Weltgeschehen philosophierende LeFloid.  Aber was machen Vermarktungs-Fachleute wie Krachten eigentlich?

Während Nutzer auf Youtube lediglich die häufig anarchischen Filmchen der jungen Macher sehen, hat sich in den vergangenen Monaten ein rasant wachsender Markt hinter den Bewegtbild-Kreativen aufgebaut. Youtube bietet nicht nur Ablenkung für ein paar Minuten, mit dem Videoportal von Google lassen sich längst Millionen verdienen. Die 2011 von Krachten gegründete Firma Mediakraft hat keine zwei Jahre später schon 50 Mitarbeiter - vom Facebook-Experten bis hin zu Kameraleuten.

Mit Tricks zu mehr Klicks

Mediakraft sichert sich meist frühzeitig den Kontakt zu aufstrebenden Produzenten von Webvideos - Teenager oder andere Privatleute, die mit der Kamera in der Hand den Drei-Minuten-Ruhm im Netz suchen. Krachtens Team erklärt ihnen, mit welchen Tricks sie mehr Zuschauer bekommen - und verdient dann über Werbung an jedem zusätzlichen Klick einen vorher vereinbarten Anteil. Mittlerweile besorgen sie Youtubern auch Werbekunden wie McDonald's, die vor dem Start eines Films ihren Spot zeigen. Dabei ist Mediakraft nicht allein, auch andere Agenturen wie etwa Tubeagency aus Hamburg buhlt um die Gunst aufstrebender Talente.

Christoph Krachten

Der heute 49-Jährige begann Mitte der 90er Jahre mit der Firma momento media Fernsehsendungen zu produzieren. Die Lust am klassischen Medium TV verlor er allmählich, als von Sendern immer mehr gestellte Dokusoaps nachgefragt wurden. 2008 startete er mit Clixoom eine Interviewreihe mit Promis, ein Jahr später wurde er damit auf Youtube präsent. Mit seinem ersten Video, in dem Bushido über das Computerspiel World of Warcraft spricht, erzielte er am ersten Wochenende 100.000 Zugriffe. Im November 2011 begann er, mit der Firma Mediakraft andere Youtube-Stars zu beraten. Er verdient an ihren Werbeeinnahmen mit.

Ihre Arbeit ist ein bisschen wie das Schürfen nach Rohstoffen. Stundenlanges Suchen gehört zu Krachtens Geschäft dazu, erzählt der Medienprofi n-tv.de: "Wir machen natürlich ständig Talentsichtung auf Youtube - und ehrlich gesagt, manchmal verstehen wir ja auch gar nicht, warum ein Kanal funktioniert. Aber wenn die Zahlen gut sind, dann sprechen wir die Macher an." Doch selbst Kanäle mit noch wenigen Zugriffen können interessant sein für die Agentur Mediakraft, sofern die Macher originelle Inhalte bieten, die in das Profil der Firma passen. Die Videos auf den rund 250 Kanälen von Mediakraft verzeichnen nach eigenen Angaben 130 Millionen Abrufe im Monat.

"Wir beraten die Produzenten, aber wir nehmen nicht auf deren Inhalte Einfluss", erklärt Krachten das Arbeitsprinzip der Youtube-Vermarkter. Die Haupttätigkeit bestehe darin, gemeinsam mit den Jungstars das Format zu optimieren, das sie produzieren. Wichtig fürs Geldverdienen sei vor allem die Dauer, über die Zuschauer ein Video hinweg betrachten. Wer zahlende Werbekunden bekomme möchte, muss Clips produzieren, die Nutzer möglichst lange bei der Stange halten. Entsprechend müsse man die Videos aufbauen, rät Krachten. Und so arbeiten die Profis am Anfang ihrer Clips häufig mit Vorschauen auf das, was später kommt - genau wie Fernsehsender, die vor der Werbepause mit kleinen Häppchen Appetit auf das Programm nach der Unterbrechung machen.

Futter für die fernsehlose Generation

"Es sind letztlich die Fragen: 'Wie mache ich gutes Online-Fernsehen? Wie unterhalte ich meine Zuschauer?'", sagt Krachten und lässt keinen Zweifel daran, dass Webvideos nicht mehr und nicht weniger darstellen als ein Fernsehen 2.0: "Es ist Fernsehen - nur halt im Internet." Mehr und mehr Leute würden aber erkennen, wie unpraktisch das alte Fernsehen mit seinen festen Sendezeiten eigentlich ist. "Es gibt eine ganze Generation, die fast kein Fernsehen mehr guckt. Youtube ist zum Massenmedium geworden." Diese Behauptung ist nicht falsch - sie stimmt aber nur zum Teil. Denn laut der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung sehen Kinder zwischen 3 und 13 Jahren immerhin regelmäßig mehr als eine Stunde und an Wochenenden weitaus mehr fern.

"Amy Herzstark" posiert vor ihrem Ofen und gibt extravagante Backtipps.

"Amy Herzstark" posiert vor ihrem Ofen und gibt extravagante Backtipps.

(Foto: Screenshot Youtube: jtw)

Die Quotenmessung ist im Netz komplexer, weil etwa Videos über einen lange Zeitraum abgerufen werden können und sich erst spät zum Hit entwickeln. Trotz eines dynamischem Umfelds läuft es ähnlich träge auch für die Kanäle: Von den absoluten Spitzenreitern auf Youtube ist gerade mal einer nach 2008 online gegangen, weiß der auf Videoinhalte spezialisierte Berater Bertram Gugel.

Zugleich müssten Produzenten ihre Inhalte stets neu erfinden: "Formate werden sehr schnell adaptiert, deshalb muss man sich immer was anderes ausdenken." Und auch wenn Videoexperte Gugel keine Trends voraussehen kann, ist er sich sicher: "Der Durchschnitt wird sterben." Gefragt seien im Netz zunehmend Hochglanzproduktionen, daneben kämpften wenige Privatleute mit ganz herausragenden Ideen um Klicks.

Augenmaske mit Kondom

Dieser Wettbewerb freut Hannes Jakobsen, der Youtube als Manager für neue Geschäftsfelder in Europa repräsentiert. Er jubelt: "Es wird Karrieren geben bei Youtube." Durch Kanäle, Netzwerke und Berater wie Mediakraft sei ein ganzes Ökosystem entstanden mit ganz besonderen Protagonisten. "Es entsteht hier eine tolle Generation mit einem Wissen, das es so vorher gar nicht gab", sagt Jakobsen.

Damit meint er wohl solche Karrieren wie die der schrillen Amy Herzstark: Die junge Szene-Mutti aus Berlin gestaltet ihren Kanal konsequent als Videoblog und feiert mit kunterbunten Clips Erfolge. In den Filmchen erzählt sie von ihrem Leben mit Kind, backt Brot und gibt "Quicktipps", etwa: Wie bastele ich mir eine Augenmaske aus einem Kondom? Richtig los von Youtube kommt sie nicht mehr, gibt sie zu: "Ich werde mit der Kamera in der Hand sterben. Hochladen muss es dann ein anderer."

Quelle: ntv.de

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