Technik

6 Zoll bald Standard Warum gibt's nur noch große Smartphones?

Das iPhone SE wirkt im Vergleich zum iPhone X oder gar dem Galaxy Note 9 winzig

Das iPhone SE wirkt im Vergleich zum iPhone X oder gar dem Galaxy Note 9 winzig

(Foto: kwe)

Smartphones werden immer größer, fast alle neuen Geräte haben Displaydiagonalen weit jenseits der 5 Zoll, 6 Zoll dürften bald Standard sein. Was soll das? Warum gibt's keine kleinen Smartphones mehr?

Das Huawei P20 Pro hat ein 6,1 Zoll großes Display, die Bildschirme von Galaxy S9 und iPhone X messen 5,8 Zoll. Das Panel des HTC U12+ hat eine Diagonale von 6 Zoll, beim OnePlus 6 beträgt sie fast 6,3 Zoll und "Phablet"-Erfinder Samsung hat eben das Galaxy Note 9 mit 6,4-Zoll-Bildschirm präsentiert. Wer in diesem Jahr ein Top-Smartphone kaufen möchte, muss grundsätzlich ein sehr großes Gerät kaufen, kleinere Handys sind rar. Smartphones mit Displaydiagonalen unter 5,5 Zoll sind eine bedrohte Geräteklasse, handliche 5-Zoll-Geräte fast schon ausgestorben. Das Sony Xperia XZ2 Compact ist vielleicht schon der letzte Mohikaner. Warum ist das so? Gibt es wirklich keine Nachfrage mehr nach kleinen Handys, die in jede Hosentasche passen?

Die Nachfrage ist da

Tatsächlich begründen die Hersteller den Trend zu immer mächtigeren Geräten mit Marktforschungen, in denen sich eine Mehrheit der Befragten für große Bildschirme ausspricht. So hat auch Samsung bei der Vorstellung des Galaxy Note 9 eine Umfrage präsentiert, in der mehr als 18 Prozent der Teilnehmer ein mächtiges Display als wichtigstes Kaufargument genannt haben - unter anderem um Videos oder Spiele besser genießen zu können. Allerdings hat mehr als ein Drittel der Befragten angegeben, ein Gerät mit einem kleineren Bildschirm, nicht größer als 5 Zoll, zu bevorzugen.

Ob es ein iPhone SE 2 geben wird, ist fraglich.

Ob es ein iPhone SE 2 geben wird, ist fraglich.

(Foto: kwe)

Es gibt also vielleicht viele Nutzer große Smartphones haben möchte. Aber es gibt offensichtlich auch noch mehr Menschen, die gerne Geräte kaufen würden, die man mit einer Hand bedienen kann, die in die Hosentasche passen und beim Hinsetzen keine Gefahr für Stoff und Weichteile darstellen. So machten beispielsweise auch bei einer Abstimmung von "GSMArena" über die optimale Displaygröße 41 Prozent der Teilnehmer bei 5,2 Zoll ihr Kreuzchen, 28 Prozent bei 5,5 Zoll, kürzere Diagonalen standen nicht zur Auswahl. Nur knapp ein Drittel wünschte sich noch größere Bildschirme.

Unter Kannibalen

Umfragen sind nicht immer repräsentativ und Statistiken sind ohnehin mit Vorsicht zu genießen. Aber egal, welche Zahlen man betrachtet, gibt es offensichtlich noch viele Nutzer, die gerne Smartphones kaufen würden, die man im Sitzen noch aus der Hosentasche ziehen kann. Trotzdem scheint kein einziger wichtiger Hersteller die Marktlücke füllen zu wollen.

Selbst Apple, das bis zum iPhone 6 die 4-Zoll-Grenze hielt, kennt bei den Displaygrößen nur noch den Weg nach oben. Vermutlich stellt das Unternehmen im September neben einem iPhone-X-Nachfolger mit 5,8-Zoll-Bildschirm noch ein Plus-Modell mit 6,5 Zoll mächtigem Panel und eine LCD-Variante mit 6,2 Zoll großem Display vor. Ob es ein iPhone SE 2 geben wird, steht in den Sternen. Zuletzt hieß es, Apple habe die zweite Generation des 4-Zöllers gestrichen, um die Verkäufe seines kommenden Trios nicht zu gefährden. Wenn das stimmt, wird es also viele Nutzer geben, die sich nur deshalb ein größeres iPhone kaufen, weil das aktuelle iPhone SE zu betagt und daher keine Option mehr für sie ist.

Großer Platzbedarf

Grundsätzlich kann man auch sehr kleine Smartphones mit allem Drum und Dran bauen, wie man am Unihertz Atom sehen kann. Extras wie Doppel-Kameras oder ein schlankes Design darf man dann aber nicht erwarten.

Grundsätzlich kann man auch sehr kleine Smartphones mit allem Drum und Dran bauen, wie man am Unihertz Atom sehen kann. Extras wie Doppel-Kameras oder ein schlankes Design darf man dann aber nicht erwarten.

(Foto: Thomas Leidel)

Dass Hersteller eine Kannibalisierung verhindern möchten, ist verständlich. Es kann aber nicht der einzige Grund sein, weshalb sie keine kleineren Smartphones mehr herstellen, obwohl die Nachfrage doch offenbar groß ist. Vielleicht ist das auch gar nicht so, denn es kommt darauf an, welchen Markt man betrachtet. So war das iPhone SE den Zahlen von Kantar Worldpanel nach in Europa und in den USA 2016 ein Verkaufsschlager. In Asien war die Nachfrage laut "The Indian Express" aber eher mau. Das könnte unter anderem daran liegen, dass dort in vielen Regionen allgemein größere Smartphones beliebter sind.

Vor allem der chinesische Markt ist riesig und hart umkämpft. Unter anderem hat dort auch Apple noch viel Luft nach oben und möchte vielleicht mit passenden Jumbo-Formaten weiter Boden gegenüber der einheimischen Konkurrenz gutmachen - sofern der eskalierende Handelsstreit dies zulässt.

Wichtiger als regionale Unterschiede oder Kannibalisierungs-Ängste könnten aber rein technische Gründe sein. So verriet der Vertreter eines großen Herstellers n-tv.de hinter vorgehaltener Hand, man könne die Komponenten eines modernen Top-Smartphones gar nicht mehr in kleinen Gehäusen unterbringen. Schon gar nicht, wenn das Gerät auch noch schlank sein, aber gleichzeitig noch einen langlebigen Akku haben soll.

Die Kleinen sind jetzt groß

Deshalb sind die Unterschiede zwischen Standard- und Plus-Modellen vermutlich inzwischen auch so gering. Beim S9 kann man beispielsweise nur zwischen Bildschirmdiagonalen von 5,8 oder 6,2 Zoll wählen. Wahrscheinlich ist Samsung nur so in der Lage, das Innenleben weitgehend identisch zu gestalten. Allerdings war beim "kleinen" S9 kein Platz für eine zweite Kamera und der Akku hat weniger Puste.

Apple kann zwar mit dem iPhone 8 (4,7 Zoll) und dem iPhone 8 Plus (5,5 Zoll) noch eine echte Größen-Alternative anbieten. Allerdings bietet das altmodische, seit dem iPhone 6 praktisch unveränderte Design mit seinen breiten Rändern ums Display noch viel Platz, und im Verhältnis zu ihren Display-Maßen sind die Geräte viel zu groß.

Viel mehr geht nicht

Das 18:9-Format der neuen Smartphone-Generation hat kompaktere Handys trotz gewachsener Bildschirme ermöglicht. So ist das iPhone X fast gleich groß wie das iPhone 8 oder dessen Vorgänger. Apple, Samsung, Huawei & Co. nutzen dies allerdings nicht, um doch noch ein richtig kleines Handy mit 5-Zoll-Display herauszubringen. Im Gegenteil: Die Displays werden noch größer, ob das den Käufern gefällt oder nicht. Eine echte Wahl haben sie nicht mehr.

Doch ein Ende des Größenwahns ist absehbar. Denn wenn es praktisch randlose Displays gibt, kann nichts mehr eingespart werden, jedes Zehntel Inch mehr macht die Smartphones dann größer. Und ein Handy mit 7-Zoll-Display will sich doch niemand in die Hosentasche stecken und ans Ohr halten - oder doch?

Quelle: ntv.de

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