Zweites Standbein nach San Francisco Wikimedia zieht nach Indien
29.10.2010, 11:09 Uhr
Mumbai im Herbst 2010: Ein Hindu nutzt sein Handy, um ein Bild von Ganesh, dem elefantenköpfigen Gott des Wohlstands, zu schießen.
(Foto: REUTERS)
Für die deutschen Internetnutzer ist es nur ein kleiner Schritt, doch in der Geschichte der Menschheit könnte es den Beginn einer neuen Epoche markieren: Wikimedia, die am Gemeinwohl orientierten Betreiber von Wikipedia, wollen ein Büro in Indien eröffnen. Damit bekommt die aktuell fünftgrößte Internetseite eine zweite Heimat in der bevölkerungsreichsten Demokratie der Welt.

Die "Times" zählte ihn zu den 100 einflussreichsten Menschen auf diesem Planeten: Jimmy Wales, Gründer von Wikipedia.
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Die US-Stiftung Wikimedia plant die Eröffnung ihrer ersten Außenstelle in Indien. Die Betreibergruppe des kostenlos nutzbaren Online-Lexikons Wikipedia könnte bereits in den nächsten Monaten eröffnet werden, sagte der Entwicklungsleiter von Wikimedia, Barry Newstead. Noch suche die Organisation aber einen geeigneten Ort. "Es gibt in Indien viel Begeisterung für Wikimedia, eine starke Nutzergemeinde und eine allgemeine Verbundenheit zu freiem Wissen", gab Newstead zur Erklärung an.
Wikimedia-Mitgründer Jimmy Wales will demnach am Wochenende in der indischen Wirtschaftsmetropole Mumbai weitere Details bekanntgeben. In einem Interview mit der indischen Technologie-Website Ciol sagte er diese Woche, das indische Büro werde zunächst zwei bis vier Mitarbeiter haben. Die Niederlassung wäre die erste Investition der Gruppe außerhalb der USA.
In Indien ist in den vergangenen beiden Jahrzehnten ein breitgefächerter Arbeitsmarkt für IT-Spezialisten entstanden. Angelockt von niedrigen Lohnkosten und einem vergleichsweise hohen Bildungsniveau drängen internationale Großkonzerne wie Oracle oder Microsoft nach Indien, um sich vor Ort zu sichern.
Der deutsche Ingenieursruf verblasst
Im Rahmen der Globalisierung lagerten nicht nur IT-Unternehmen einzelne Arbeitsbereiche komplett nach Indien aus. Gerade Unternehmen aus dem englischsprachigen Raum können hier Dienstleistungen wie Kundenberatung oder Buchhaltung ohne Sprachbarriere via Telefon oder Internet anbieten. Im Umfeld der sprunghaft anschwellenden Arbeitsmarktes hat sich in der Bevölkerung eine lebendige Programmiererszene entwickelt. Wikimedias Expansionspläne werfen ein Schlaglicht auf den wachsenden kulturellen Einfluss Indiens auf die weltweite Internet-Öffentlichkeit.
Wikimedia ist eine nicht-profitorientierte Stiftung mit Sitz in San Francisco. Mit bisher nur 35 Angestellten betreibt sie seit 2001 das kostenlose und werbefreie Internet-Lexikon Wikipedia, das inzwischen in 270 Sprachen verfügbar ist. Die mehr als 16 Mio. Artikel werden von weltweit mehr als 100.000 Freiwilligen geschrieben und redigiert. Mit mehr als 364 Millionen Einzelnutzern im Monat ist Wikipedia die fünftgrößte Website der Welt.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP