Kampf gegen SOPA Wikipedia schaltet sich ab
17.01.2012, 12:35 UhrDas Schlagwort "SOPA" sorgt bei US-Internet-Nutzern für Aufruhr. Denn dabei handelt es sich um ein geplantes Gesetz, das es Behörden leicht machen würde, Webseiten komplett zu sperren. Eine geplante Abstimmung über SOPA liegt zwar vorerst auf Eis. Trotzdem wollen sich Webseiten aus Protest für einen Tag selbst sperren. Auch Wikipedia macht mit.
"Stop Online Piracy Act" (SOPA) heißt ein Gesetzesentwurf gegen Raubkopien, der dem US-Repräsentantenhaus von den Republikanern vorgelegt wurde und vor allem auf Druck der Medien-Unternehmen zustande gekommen sein dürfte. Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass alleine auf Grund eines richterlichen Beschlusses sogenannte DNS-Sperren möglich sind. DNS steht für Domain Name System". Damit ist es möglich, eine Webseite statt über ihre IP-Adresse, die nur aus Zahlen besteht, über einen Namen zu erreichen.
Um n-tv.de aufzurufen, muss man beispielsweise nicht die IP-Adresse 217.118.169.213 eingeben, sondern www.n-tv.de. Bei einer DNS-Sperre wäre dies nicht mehr möglich. Problematisch ist dabei vor allem, dass nur komplette Domain-Namen gesperrt werden können. Liegt ein raubkopierter Song auf irgendeiner Unter-Adresse, könnten die Behörden trotzdem die komplette Domain mit allen legalen Inhalten stilllegen. Außerdem würde SOPA bei Verstößen verlangen, dass die blockierten Seiten aus den Suchmaschinen-Indizes geworfen und die Einnahmequellen der Betreiber abgewürgt werden.
"Internet Blackout"
Kein Wunder, dass große Internet-Unternehmen gegen den Gesetzentwurf Sturm laufen. Zusammen mit anderen Internet-Firmen wie Facebook und Twitter hat sich Google auf die Seite der SOPA-Kritiker gestellt. Zu den Initiativen der Gegner gehört ein umfassender "Internet Blackout" am 18. Januar. Die freiwilligen Verfasser von Artikeln der Online-Enzyklopädie Wikipedia sprachen sich in einer Abstimmung mit großer Mehrheit für eine umfassende zeitlich befristete Abschaltung aus. Anstelle des üblichen Angebots soll nur ein Hinweis auf die Gründe der Protestaktion zu sehen sein.
Auch das Weiße Haus hat sich jetzt zu einer offiziellen Erklärung gegen den SOPA-Entwurf gezwungen gesehen. Die Verletzung von Urheberrechten auf Webseiten im Ausland sei zwar ein ernstes Problem, das eine Antwort des Gesetzgebers erfordere, heißt es in dem Blog-Beitrag des Weißen Hauses. Aber "wir werden kein Gesetz unterstützen, das die Meinungsfreiheit einschränkt, die Risiken der Cyber-Sicherheit erhöht oder die dynamische und innovative Kraft des weltweiten Netzes untergräbt".
Die klaren Worte sorgten für Unmut beim Chef des News-Corp-Medienimperiums, Rupert Murdoch, der ebenso wie einige andere Medienkonzerne und Verbände SOPA unterstützt. Der 80-Jährige wetterte über den Kurzmitteilungsdienst Twitter, der Präsident der USA unterstütze die Online-Piraten. Dem SOPA-Kritiker Google warf Murdoch vor, bei Urheberrechtsverstößen im Internet ("Piracy Leader") führend zu sein. Als Beleg führte er unter anderem an, dass er bei einer Google-Suche nach "Mission: Impossible" auch Links gefunden habe, unter denen der neue Film kostenlos zu sehen sein soll. Google profitiere vom Anzeigenverkauf im Umfeld solcher Angebote, argumentierte Murdoch.
SOPA pausiert nur
Aber auch die Republikaner haben inzwischen eingesehen, dass der Gesetzesentwurf in seiner jetzigen Form nicht durchzusetzen ist. Mehrheitsführer Eric Cantor will ihn deshalb nicht zur Abstimmung vorlegen, bis eine Einigung erzielt wurde. Damit ist SOPA aber noch lange nicht vom Tisch. Denn auch in der Erklärung des Weißen Haus heißt es, dass man Online-Piraterie über ausländische Webseiten für ein ernsthaftes Problem halte, das eine ernsthafte rechtliche Antwort erfordere.
Alle beteiligten Seiten sollten daher daran arbeiten, eine Lösung zu finden, fordert die Obama-Regierung. Noch in diesem Jahr sollten Staatsanwälten und Rechteinhabern neue, legale Werkzeuge bekommen, um gegen Internet-Piraten zu kämpfen, die von außerhalb der USA stammen. Eine Einigung scheint dabei durchaus möglich zu sein. Denn der Verfasser von SOPA, der Republikaner Lamar Smith, ist bereit, auf DNS-Sperren zu verzichten.
Neben dem Gesetzentwurf im Repräsentantenhaus bereitet der Internet-Gemeinde aber auch eine Initiative der zweiten Kammer des Kongresses Bauchschmerzen. Der Senat stimmt am 24. Januar zunächst über Verfahrensfragen bei der Behandlung eines ähnlichen Gesetzesvorhabens ab: "Protect IP Act" (PIPA) soll ebenfalls Maßnahmen gegen Web-Anbieter im Ausland ermöglichen, die das geistige Eigentum (intellectual property, IP) verletzen. Eingebracht wurde PIPA vom demokratischen Senator Patrick Leahy in Vermont. Und laut Paul Tassi vom Wirtschaftsmagazin "Forbes" ist PIPA ebenso schlecht wie SOPA.
Quelle: ntv.de, kwe/dpa