Hersteller suchen Alternativen An der Börse explodiert der Orangensaft-Preis
31.05.2024, 15:50 Uhr Artikel anhören
Die Ernte in Brasilien fällt in diesem Jahr so schlecht aus wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Orangensaft wird immer teurer. Die Branche sucht nach Alternativen, um den Preis für den Saft trotzdem stabil zu halten.
Der Preis für Orangensaft im Supermarkt ist laut Statistischem Bundesamt bereits um rund die Hälfte gestiegen in den vergangenen zwei Jahren. Doch das könnte erst der Anfang sein. An der New Yorker Terminbörse ICE hat der Preis für die Futures in dieser Woche mit 4,87 Dollar pro Pfund einen neuen Höchststand erreicht. Damit hat sich der Kurs innerhalb eines Jahres fast verdoppelt und im Laufe von drei Jahren rund vervierfacht.
Futures sind Terminkontrakte, mit denen sich Marktteilnehmer - in diesem Fall Orangen-Produzenten und Safthersteller - gegen Preisschwankungen in der Zukunft absichern können. Die Preisexplosion spiegelt die Erwartung wider, dass sich nach schlechten Ernten in den vergangenen Jahren die Situation in dieser Saison noch weiter zuspitzen und der Saft knapp werden könnte. Grund dafür ist die Lage in Brasilien. Das Land ist der weltweit größte Organgenproduzent und liefert 80 Prozent des Konzentrats für den in Europa getrunkenen Saft.
Dieses Jahr rechnet Brasilien mit einem Rückgang der Ernte um gut 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr - gute 1,7 Milliarden Liter weniger. Das wäre die schlechteste Ernte seit 1988. Seit einigen Jahren breitet sich in Brasilien die Gelbe Drachenkrankheit auf den Orangenplantagen aus. Gleichzeitig werden Brasiliens Anbaugebiete von extrem hohen Temperaturen und Trockenheit heimgesucht. "Etwas Vergleichbares haben wir noch nie erlebt", zitiert die "Financial Times" den Vorsitzenden der International Fruit and Vegetable Juice Association, Kees Cools.
Schlechte Ernte auch bei Äpfeln
Da bereits die Ernten der vergangenen Jahre unterdurchschnittlich ausfielen, sind auch die Lagerbestände der Branche weitgehend aufgebraucht. Gleichzeitig gibt es kaum Hoffnung auf Besserung in der nahen Zukunft. Der notwendige Umbau, um die brasilianische Citruswirtschaft auf die dauerhaften Folgen des Klimawandels vorzubereiten, wird Jahre in Anspruch nehmen und viel Geld kosten.

Fast 40 Prozent der Orangenplantagen in Brasilien sollen schon von der Gelben Drachenkrankheit betroffen sein.
(Foto: REUTERS)
Safthersteller stellen sich daher auf weiter steigende Preise ein. "Orangensaft wird sich voraussichtlich weiter verteuern", prognostiziert der Geschäftsführer des Branchenverbandes VdF, Klaus Heitlinger. Zum anderen experimentieren einige Unternehmen mit Alternativen. Hersteller Eckes Granini ersetzte seinen Orangensaft mit 100 Prozent Fruchtgehalt der Marke Granini durch einen 50-prozentigen Nektar. So könne der Preis trotz der gestiegenen Kosten für das Konzentrat konstant gehalten werden, argumentierte das Unternehmen. Verbraucherschützer reagierten allerdings empört.
Andere Hersteller erwägen der "Financial Times" zufolge, bei der Produktion stattdessen zu Mandarinen zu greifen. Die seien widerstandsfähiger gegenüber dem extremer werdenden Klima. Die einzige langfristige Option für die Branche sei wohl, andere Fruchtsorten zu nutzen, wenn man nicht die "Natürlichkeit und das Image des Produkts" beschädigen wolle, so Verbandschef Cools. Eine heimische Alternative steht den deutschen Herstellern allerdings auch nur eingeschränkt zur Verfügung. Denn Engpässe gibt es auch beim Apfelsaft: Wegen einer schlechten Ernte wurde im vergangenen Jahr die geringste Saftmenge seit zehn Jahren gekeltert.
Quelle: ntv.de