Zwei von drei Fernzügen fallen aus Bahnverkehr durch GDL-Streik lahmgelegt
15.10.2014, 16:45 Uhr
Die GDL erhöht den Druck: Nach dem neunstündigen Streik vergangene Woche treten die Lokführer nun in einen weiteren bundesweiten Ausstand, der bis Donnerstagfrüh um 4 Uhr andauern soll. Die Bahn wirft der Gewerkschaft Machtspiele vor.
Für Reisende und Pendler in Deutschland hat wieder eine harte Geduldsprobe begonnen. Seit 14.00 Uhr haben die Lokführer für 14 Stunden die Arbeit niedergelegt. Am morgigen Donnerstag wollen dann die Piloten bei der Lufthansa-Tochter Germanwings streiken.
Ziel des Streiks der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ist ein flächendeckender Stillstand im Fern- und Regionalverkehr wie auch bei den S-Bahnen. Auch der Güterverkehr ist von dem Ausstand betroffen.
Die GDL verlangt fünf Prozent mehr Geld und zwei Stunden weniger Wochenarbeitszeit. Sie will auch für das übrige Zugpersonal verhandeln. Die Bahn will hingegen verhindern, dass die Lokführergewerkschaft auch die Rechte der Zugbegleiter, Bordgastronomen und Disponenten vertritt. Je nach Schicht seien 2000 bis 5000 Kollegen im Ausstand, sagte GDL-Chef Claus Weselsky auf dem Leipziger Hauptbahnhof. Kritik am zweiten Streik innerhalb von acht Tagen wies er zurück. "Das ist unser gutes Recht", sagte er.
Ersatzfahrplan seit Mitternacht
Tausende Pendler und Bahnreisende hatten schon vor dem Streik vergeblich auf Züge gewartet. Bereits seit Mitternacht fielen etliche Verbindungen aus, weil die Bahn mit abgespeckten Ersatzfahrplänen auf die Streikankündigung reagiert hatte. Viele Züge blieben in ihren Startbahnhöfen: So wolle die Bahn verhindern, dass sie auf Zwischenhalten abgestellt werden und die Gleise blockieren, sagte ein Bahnsprecher. Nur so sei es möglich, dass die Züge am Donnerstagmorgen bei Betriebsbeginn dort seien, "wo sie hingehören". Vermutlich wird nur einer von drei geplanten Fernzügen fahren. Auch im Regionalverkehr galt ein Notfahrplan.
Weselsky kritisierte die Planung der Bahn scharf. Das Management der Bahn habe "verantwortungslos" gehandelt, indem es bereits um Mitternacht begonnen habe, "den Fernverkehr aus dem Rennen zu nehmen", sagte Weselsky im Fernsehsender n-tv. Schon seit 04.00 Uhr bestreike die DB zudem "ihren eigenen Nahverkehr". Damit löse die DB ein Chaos aus, das durch nichts zu rechtfertigen sei. Die Bahn reagierte verärgert: Weselsky verdrehe Ursache und Wirkung, wenn er die Bahn für die Folgen des Streiks verantwortlich machen wolle, erklärte ein Sprecher.
Fernbusse und Taxen profitieren
Profiteure waren Fernbusse und Taxen. Sie verbuchten zusätzliche Fahrgäste, wie Verbände und Unternehmen erklärten. Auch nach Ende des Streiks dürfte es Zugausfälle und Verspätungen geben. "Wir werden Donnerstagmorgen so schnell wie möglich versuchen, wieder den Normalbetrieb aufzunehmen", sagte ein Bahnsprecher. Pendler sollten aber mehr Zeit einplanen, um rechtzeitig zum Arbeitsplatz zu kommen.
Zwischen der Bahn und der GDL herrschte indes weiter Funkstille. Eigentlich seien für den Abend vertrauliche Gespräche vereinbart gewesen, sagte Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber. "Diese Chance wird durch den Streik mutwillig vertan." Er warf der GDL Machtgier vor. "Die GDL will nicht zusammenarbeiten - mit niemandem. Sie stellt Machtgelüste über vernünftiges Verhandeln."
Fahrgastverband attackiert GDL
Der Fahrgastverband Pro Bahn warf den Lokführern eine zu kurze Vorwarnzeit vor. Sie hatte 20 Stunden betragen, mehr als bei den vorhergehenden Streiks. "Es wird immer offensichtlicher, dass es der Gewerkschaft GDL vorwiegend um die Ausweitung ihres Machtbereichs geht und nicht um tarifliche Forderungen", sagte ein Sprecher. Die Lokführergewerkschaft handle "auf dem Rücken der Fahrgäste". Wegen der kurzen Vorwarnzeiten hätten viele Fahrgäste keine Chance, sich auf die Einschränkungen einzustellen.
Ob weitere Streiks eventuell am Wochenende drohen, wollte die GDL nicht sagen. "Wir kündigen jede Arbeitskampfmaßnahme rechtzeitig an", sagte GDL-Chef Weselsky dem "Tagesspiegel". Er vertrat zudem die Ansicht, die GDL habe die Fahrgäste rechtzeitig informiert.
Die Bahn will verhindern, dass die Lokführergewerkschaft auch für Zugbegleiter, Bordgastronomen und Disponenten verhandelt und in Konkurrenz zur Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) tritt. Das Unternehmen fürchtet konkurrierende Tarifverträge und verweist darauf, schon mehrere Angebote gemacht zu haben.
Hinweis für Reisende: Die Deutsche Bahn informiert im Internet über aktuelle Zugausfälle und Verbindungen laut Ersatzfahrplan. Bahn-Mitarbeiter nehmen zudem Anrufe unter der "kostenlosen Servicenummer" 08000 - 99 66 33 entgegen.
Quelle: ntv.de, wne/jwu/dpa