PR-Kampagne durchschaut Burger King verursacht Übelkeit
20.09.2015, 18:29 Uhr
Ob Burger King oder McDonald's, ist nicht gerade eine Frage von Leben und Tod.
(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)
US-Amerikaner haben das Image, keine Schmerzgrenze zu kennen, wenn es um Geld geht. Die Offerte von Burger King an McDonald's zum UN-Friedenstag untermauert diesen Ruf. Der Deutsche PR-Rat ist empört.
Manchmal genügt ein einziger, kurzer, jedoch umso süffisanterer Satz, um der Öffentlichkeit mitzuteilen, was man denkt. So machte es jüngst der Chef von McDonald's, Steve Easterbrook. In seiner Antwort auf Facebook zur Offerte von Burger King, am UN-Weltfriedenstag einen "Waffenstillstand im sogenannten Burger-Krieg" einzulegen, schrieb er in einem bissigen Postskriptum: "Nächstes Mal reicht auch ein einfacher Anruf." Übersetzt bedeutet das wohl: Spart euch doch das Tamtam, wenn ihr Gutes tun wollt.
Mit einem "Wir kommen in Frieden" begann der "offene Brief" von Burger King an den Konkurrenten, veröffentlicht in ganzseitigen Anzeigen in der "New York Times" und der "Chicago Tribune". Der Vorschlag: Am 21. September, dem seit 1981 begangenen "Internationalen Tag des Friedens" der Vereinten Nationen, sollten die Konzerne in Atlanta - ungefähr der Mitte zwischen den zwei Firmensitzen in Chicago und Miami - gemeinsam einen "schmackhaften, friedliebenden Burger" braten. Die Einnahmen aus der Aktion sollten der Organisation "Peace One Day" zugutekommen.
Die auf der Hand liegende Mutmaßung, dass der US-Konzern einen besinnlichen UN-Tag für Werbezwecke missbraucht und eine Spende als Deckmantel darüber zu legen versucht hat, wies Burger King selbstredend zurück. Es handele sich nicht um einen PR-Gag, beteuerte das Unternehmen. Der Vorschlag diene einzig dazu, "Aufmerksamkeit und Bewusstsein" für den Frieden und die Arbeit von "Peace One Day" zu erzeugen, sagte Fernando Machado, der bei Burger King für internationales Marketing zuständig ist. Er fügt allen Ernstes hinzu: "Lassen Sie uns Geschichte schreiben und eine Menge Lärm rund um den Friedenstag erzeugen."
Der Satz lässt tief blicken, was mancher US-Amerikaner unter Geschichtsschreibung versteht. Tatsächlich verliert Burger King in dem "offenen Brief" kein Wort über die Schrecken des Krieges. Der Inhalt dreht sich fast nur um Burger-Braten. Dabei war die Kampagne generalstabsmäßig vorbereitet. Immerhin gibt es zu dem "Ein-Tages-Frieden" mit McDonald's eine eigens eingerichtete Website.
Frikadellen-Konkurrenz ist kein Krieg
Für Alexander Güttler, Professor an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen, geht das zu weit. Er ist Vorsitzender der Beschwerdekammer Unternehmen & Märkte beim Deutschen Rat für Public Relations. Dort wird geprüft, was ethisch erlaubt sein sollte und was nicht. Liegen keine Beschwerden vor, hält sich das Gremium gewöhnlich mit einem Urteil zurück. Dennoch bezieht Güttler eindeutig Position. "Lustige Werbeduelle sind eine tolle Sache", sagt er. "Aber den UN-Friedenstag für Bouletten zu missbrauchen, halte ich für eine enorme Geschmacklosigkeit. Das ist voll daneben in einer Welt, die wirklich andere Probleme hat als Frikadellenbrötchen."
Güttler erwägt eine Überprüfung des Treibens: "Ob es sogar mehr als eine Geschmacklosigkeit ist, sollte man einmal im Deutschen PR-Rat diskutieren." Der Deutsche Werberat ist vorsichtiger und will das Vorgehen nicht konkret bewerten, lässt aber Unbehagen erkennen. Geschäftsführerin Julia Busse verweist darauf, dass bislang keine Beschwerde eingegangen sei. Grundsätzlich könnten sich Unternehmen zu aktuellen politischen Themen äußern. "Sicher wird es der eine oder andere geschmacklos oder unsensibel finden, was Burger King da tut. Aber es ist nicht Aufgabe des Werberats, Geschmacklosigkeiten festzustellen."
Friedensforscher äußern sich weniger diplomatisch. Der Wissenschaftliche Direktor am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik der Universität Hamburg, Professor Michael Brzoska, kritisiert die Aktion als Missbrauch des UN-Friedenstages. "Angesichts der vielen Opfer von wirklichen Kriegen in der Welt finde ich es reichlich geschmacklos, wenn Burger King den Wettbewerb mit McDonald's als Krieg bezeichnet." Der UN-Tag stehe für wichtigere Probleme, als Frieden zwischen zwei Großkonzernen zu signalisieren, sagte Brzoska. Auch McDonald's-Chef Easterbrook hatte den Konkurrenten daran erinnert, dass die zwei Fastfood-Ketten in "freundlicher Konkurrenz" zueinander stünden, die mit den "Umständen von realem Schmerz und Leid im Krieg" nicht zu vergleichen sei.
UN nimmt es mit Humor
Die Vereinten Nationen sehen das offiziell gelassen. Sprecher Stephane Dujarric sagte auf Anfrage: "Der internationale Tag des Friedens ist in der Tat sehr wichtig. Er ist der Tag, an dem wir alle bitten, die Waffen niederzulegen und sich in Frieden zu umarmen. Ungeachtet dessen sind wir bei den Vereinten Nationen nicht völlig frei von Sinn für Humor." Wenn die Kampagne dazu diene, dass "Menschen darüber nachdenken und reden, was Frieden für sie bedeutet, dann begrüßen wir das".
Allerdings wird sich die UN-Organisation davor hüten, sich mit einem US-Konzern anzulegen. Schon gar nicht wegen einer PR-Aktion, die in den USA auch auf Zustimmung stößt. Die USA sind der größte Einzahler in die Weltorganisation, aber auch ihr mit Abstand größter Schuldner. Ende vergangenen Jahres standen Mitgliedsbeiträge von rund 800 Millionen US-Dollar aus. In der Zeit vor Präsident Barack Obama hatten die USA immer wieder die Reduktion ihres Pflichtanteils oder eine Nichtzurückzahlung ihrer UN-Schulden als Druckmittel eingesetzt.
Große Konzerne tun in den USA auch Gutes. Das gilt ebenso für Burger King und McDonald's. "Vielleicht wollt ihr uns bei einem bedeutungsvollen globalen Projekt unterstützen", schlug Easterbrook den Konkurrenten vor. Darauf reagierte Burger King nicht. Dafür schrieb das Unternehmen einen weiteren Brief, dieses Mal an die kleineren Ketten Denny's, Wayback Burgers, Krystal und Giraffas mit dem Vorschlag, dass am UN-Friedenstag "alle zusammen kommen, um einen Burger zu kreieren, der alle Schlüsselbestandteile unserer jeweiligen Burger verbindet". Bei solcher Art Friedensliebe kann einem durchaus schlecht werden.
Quelle: ntv.de