Spreu vom Weizen trennen Diese Aktien profitieren vom Brexit
01.07.2016, 13:04 Uhr
Aktien von Immobilienfirmen wie Vonovia und Deutsche Wohnen könnten die Gewinner eines Brexit sein.
(Foto: picture alliance / dpa)
Nach dem ersten Schock versuchen Investoren abzuschätzen, welche Auswirkungen der Brexit haben wird. Es wird am Markt nur wenige Gewinner geben.
Die ersten Brexit-Wogen haben sich geglättet, zahlreiche Aktienmärkte haben die Verluste seit dem Brexit-Schock fast wieder aufgeholt. Und nun treten die Notenbanken auf den Plan, wie zum Beispiel Mark Carney, der Chef der englischen Notenbank. Er hat angedeutet, dass diese im Lauf des Sommers die Geldpolitik lockern dürfte, um negative Auswirkungen der Brexit-Entscheidung abzufedern.
Die Frage ist allerdings, wie lange diese Aussichten den Aktienmarkt stützen werden, immerhin sinken durch eine Lockerung der Geldpolitik die Zinsen in den Industriestaaten auf immer neue Rekordtiefs. Entgegen der Absicht der Notenbanken dürfte das mittelfristig aber die Weltwirtschaft schwächen, weil Sparer immer weniger Zinseinnahmen haben und sich beim Konsum zurückhalten.
Vor dem Hintergrund dürften sich die Investoren schon bald wieder auf jene Aktien fokussieren, die von dem Brexit und dessen Folgen profitieren. Um die Spreu vom Weizen zu trennen, genügt ein Blick auf die Gewinnerliste des Stoxx Europe 600 gegenüber den Schlusskursen vom 23. Juni, dem Tag des Referendums. Mit einem Kursplus von 30 Prozent führt der Silberförderer Fresnillo die Rangliste vor Randgold Resources mit 26 Prozent an. Fresnillo ist der weltgrößte Silberförderer und Mexikos zweitgrößter Goldproduzent.
Auf defensive Sektoren setzen
Den Aktien der beiden Unternehmen kommt die Rally bei den Edelmetallen enorm zugute. Zuletzt haben die Analysten der Credit Suisse wegen der ausgedehnten Zeit der Unsicherheit nach dem Brexit die Prognose für den Goldpreis für das erste Quartal 2017 auf 1500 Dollar je Unze erhöht. Bei einer Rally beim Goldpreis steigt der von Silber üblicherweise überproportional, zumal laut dem Branchenverband "The Silver Institute" die weltweite Förderung in diesem Jahr um fünf Prozent sinken soll. Das wäre der erste Rückgang seit 2002.
Neben den Edelmetallförderern stehen vor allem Unternehmen aus defensiven Sektoren, also nur wenig konjunkturabhängigen Sektoren, wie etwa die Pharmaindustrie, ganz oben auf den Hitlisten, weil Investoren darauf setzen, dass sich deren Geschäft selbst in einem schwierigen Konjunkturumfeld weiterhin stabil entwickeln wird. Gefragt waren die britischen Pharmahersteller, wie Astrazeneca und GlaxoSmithKline, obwohl Astrazeneca auf Dollar-Basis bilanziert und damit im Gegensatz zu Glaxo nicht von der Abwertung des britischen Pfund profitiert. Zudem setzten Investoren auf die Pharmaunternehmen aus der Schweiz wie Roche und Novartis. Novartis hat zuletzt einen Konzernumbau angekündigt, wobei eine Sparte für Medikamente gegen Krebs und eine für andere Präparate geschaffen wird, womit der Fokus der Schweizer auf das Onkologie-Geschäft untermauert wird.
Auch Immobilien-Aktien könnten profitieren
Zu den Lieblingen aus den defensiven Sektoren gehörten nach dem Brexit auch die Konsumgüterhersteller, wie Beiersdorf und Henkel. Henkel stärkt sein US-Geschäft mit dem Kauf des Waschmittelherstellers "The Sun Products" für 3,6 Milliarden Dollar. Dem Wettbewerbsdruck auf dem Heimatmarkt Westeuropa macht der Konzern durch gute Geschäfte in den Schwellenländern und in Nordamerika wett, wo die Kernmarke Persil seit vergangenem Jahr im US-Einzelhandel verkauft wird. Die Beiersdorf-Aktie erhielt nach dem Brexit-Votum zusätzlichen Rückenwind von etlichen positiven Analystenkommentaren, wie vom Investmenthaus Kepler Cheuvreux und der australischen Investmenbank Macquarie.
"Eine der großen Profiteure des Brexit und der darauffolgenden neuen Zinstiefs am Anleihemarkt sind auch Immobilienfirmen, wie Vonovia und Deutsche Wohnen", glaubt Gregor Kuhn, Senior Manager beim Aktien- und CFD-Broker IG. Dabei floriert das Geschäft bei dem Dax-Konzern Vonovia ohnehin, weil die Mieteinnahmen kräftig zulegen, während der Leerstand sinkt und der Wert der Immobilien immer weiter steigt. Gleichzeitig sinken die Finanzierungskosten wegen des tiefen Zinsniveaus. Daher hatte der Konzern nach dem starken Jahresauftakt die Prognose für das Gesamtjahr erhöht.
Die Folgen des Brexit sind allerdings noch nicht komplett zu übersehen, die Verhandlungen in den nächsten Wochen dürften mehr Klarheit bringen. Die obigen Gewinner des Brexit dürften auch mittelfristig profitieren und ganz oben auf den Aktien-Hitlisten zu finden sein.
Quelle: ntv.de