Wowereit stellt sich vor Mehdorn Dobrindt fordert Wirtschaftsprüfer an
02.06.2014, 08:59 Uhr
Künftig sollen Wirtschaftsprüfer "direkt und ausschließlich an die Eigentümer" berichten: Dobrindt entmachtet Mehdorn.
(Foto: dpa)
500.000 Euro für einen lukrativen Bauauftrag? Der Korruptionsverdacht gegen den BER-Technikchef bringt BER-Manager Mehdorn in Schwierigkeiten. Bundesverkehrsminister Dobrindt will seine Kompetenzen angeblich massiv beschneiden.
Das Kostendebakel am noch immer im Bau befindlichen Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg International (BER) ruft mehr als zwei Jahre nach dem kurzfristig geplatzten Eröffnungstermin nun auch den Bund als Miteigentümer auf den Plan. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt will einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zufolge die Baukosten des Hauptstadtflughafens extern kontrollieren lassen.
Mit Blick auf die Korruptionsvorwürfe gegen den Technikchef Jochen Großmann habe Dobrindt die jüngsten Ereignisse am Flughafen in einer internen Besprechung als "inakzeptabel" bezeichnet. Der Minister habe darauf gedrungen, ein "externes Controlling" einzurichten, das ab sofort, "direkt und ausschließlich an die Eigentümer berichtet", schreibt die Zeitung. Ein solcher Schritt käme einer indirekten Entmachtung des Flughafenchefs Hartmut Mehdorn gleich.

Noch ist der Dobrindt-Vorstoß nicht offiziell: Der Bundesverkehrsminister, hier bei einem Fototermin zur Eröffnung der Leipziger Automesse AMI.
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Ein entsprechendes Konzept sollten Ministeriumsfachleute bis zum Wochenende erarbeiten, heißt es in dem Zeitungsbericht. Wie das Blatt weiter berichtete, soll nach der Vorstellung des Ministers eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft künftig die Projektfortschritte begleiten und den Kostenrahmen sowie die Vergabe weiterer Aufträge kontrollieren. Der Flughafenchef wäre damit von einer seiner Kernaufgaben entbunden.
Dass die Bundesregierung nun endlich ernstere Konsequenzen zieht, erscheint vielen Beobachtern als längst überfällig. Schließlich ist sie über einen eigenen Vertreter im Aufsichtsrat von Beginn der Flughafenplanungen eng in die Entwicklung des Großvorhabens eingebunden.
Wowereit: "Die Lage im Griff"
Der Bund gehört wie die Länder Berlin und Brandenburg zu den Eigentümern des Flughafens. Der bisherige Technikchef Großmann steht unter dem Verdacht der Bestechlichkeit im Zusammenhang mit einer Auftragsvergabe. Flughafenchef Hartmut Mehdorn soll dem Aufsichtsrat zu Wochenbeginn in einer Sondersitzung über seinen Erkenntnisstand informieren.
In der Korruptionsaffäre um den Technikchef des Hauptstadtflughafens hat Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit Mehdorn ausdrücklich in Schutz genommen. Dieser habe nicht versucht, etwas zu vertuschen - Mehdorn habe "die Lage im Griff", sagte Wowereit wörtlich. Der Regierungs Bürgermeister Berlin fungiert nach einem vorübergehenden Rücktritt wieder als BER-Aufsichtsratschef. "Gegen Korruption ist keiner gefeit", sagte Wowereit dem Sender RBB.
Muss Mehdorn gehen?
Die Staatsanwaltschaft Neuruppin ermittelt gegen Technikchef Jochen Großmann wegen des Verdachts, für die Vergabe eines lukrativen Auftrags für den neuen Flughafen 500.000 Euro verlangt zu haben. Der Vorsitzende des Flughafen-Untersuchungsausschusses im Berliner Abgeordnetenhaus, Martin Delius (Piratenpartei), sieht Mehdorn in der Mitverantwortung.
Die Auftragsvergaben durch Großmann könnten nur mit Absolution durch Mehdorn erfolgt sein, sagte Delius im Inforadio des RBB. Es habe bereits in der Vergangenheit "pragmatische Lösungen" bei der Auftragsvergabe ohne Ausschreibungen gegeben. Der haushaltspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Sven-Christian Kindler, hatte zuvor die Entlassung von Mehdorn gefordert.
In einer Sondersitzung berät der Aufsichtsrat der Berlin-Brandenburger Flughafengesellschaft ab 8.00 Uhr über etwaige Konsequenzen des jüngsten Skandals am Pannenflughafen.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa