Wirtschaft

Tengelmann-Verkauf ohne Edeka? "Scheitern der Gespräche ist keine Option"

Irgendwann will Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel Erfolg vermelden können.

Irgendwann will Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel Erfolg vermelden können.

(Foto: imago/Ralph Peters)

Die Übernahme von Tengelmann durch Edeka hakt gewaltig. Nach der Ministererlaubnis ist die versprochene Jobgarantie plötzlich vergessen. Laut Medienberichten sollen in Nordrhein-Westfalen mehr als ein Drittel der Arbeitsplätze wegfallen und rund die Hälfte der 129 Supermärkte in Netto-Discounter mit weniger Personal umgewandelt werden. Verdi protestiert. Doch eine Alternative zu Edeka gäbe es nicht, sagt der Ex-Chef der Monopolkommission Justus Haucap. Auch nicht zu den Umstrukturierungen.

n-tv.de: Edeka hat mit seinen Plänen zur Stellenstreichung nicht lange hinterm Berg gehalten. War das geschickt?

Justus Haucap: Da bin ich mir nicht so sicher. Ich war etwas überrascht, dass Edeka damit schon jetzt an die Öffentlichkeit gegangen ist. Das Hauptargument in der Ministererlaubnis war ja gerade der Erhalt der Arbeitsplätze. Allerdings weiß auch jeder, dass zumindest langfristig Umstrukturierungen unvermeidlich sind.

Eine Seite muss sich jetzt bewegen. Wird das Verdi oder Edeka sein?

Beide werden sich aufeinander zu bewegen müssen. Wenn die Übernahme platzt, ist das für beide Seiten schlecht. Scheitert die Ministererlaubnis, wird Edeka bestenfalls noch einen kleinen Teil der Tengelmann-Supermärkte übernehmen können. Zugleich ist klar, dass Verdi dann für die Arbeitnehmer am allerwenigsten erreicht hat.

Aber Verdi riskiert durch seine unnachgiebige Haltung, Edeka als Verhandlungspartner zu verlieren.

Das Scheitern der Verhandlungen ist für keine Seite attraktiv. Insofern haben beide Interesse, zu einer Einigung zu kommen. Der hochgekochte Streit ist auch Verhandlungstaktik. Beide Seiten versuchen das Maximale für sich herauszuholen. Jeder versucht sich von dem Kuchen, den es zu verteilen gilt, das größere Stück zu greifen.

Justus Haucap, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Gründungsdirektor des Düsseldorf Institute for Competition Economics (DICE) und bis 2012 Vorsitzender der Monopolkommission. Zu Beginn des Fusionskontrollverfahrens Edeka/Tengelmann hat Tengelmann Haucap als Gutachter zu Rate gezogen.

Justus Haucap, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Gründungsdirektor des Düsseldorf Institute for Competition Economics (DICE) und bis 2012 Vorsitzender der Monopolkommission. Zu Beginn des Fusionskontrollverfahrens Edeka/Tengelmann hat Tengelmann Haucap als Gutachter zu Rate gezogen.

Karl-Erivan Haub, der Eigentümer von Tengelmann, hat gedroht, er würde sein Unternehmen mit 16.000 Arbeitsplätzen zerschlagen, wenn die Übernahme nicht klappt. Wie ernst muss man das nehmen?

Sehr ernst. Er kann nämlich gar nichts anderes machen. An Rewe kann er nämlich genauso wenig verkaufen. Die Beurteilung durch das Kartellamt würde nicht anders ausfallen als im Fall von Edeka. Im besten Fall gäbe es wieder eine Ministererlaubnis. Unter den gleichen Bedingungen. Und wahrscheinlich gäbe es dann die gleichen Verhandlungen zwischen Rewe und Verdi. Wer sagt, dass die einfacher verlaufen werden? Die Wettbewerbssituation wird auch nicht viel anders sein. Es ist eine sehr realistische Option, dass Herr Haub das Unternehmen dann zerlegt und kleinteilig verkauft. Dagegen wird das Kartellamt nichts haben. 100 Filialen an Edeka, 100 an Rewe, 100 an xy, der Rest wird geschlossen.   

Wie würde das für die Arbeitnehmer bedeuten?

Für die Arbeitnehmer ist es das schlechteste Szenario, weil wesentlich weniger Arbeitnehmer in Beschäftigung bleiben, als es so mit Edeka passiert. Größere Teile würden sicherlich nicht mitbestimmungspflichtige Beschäftigte sein. Bei einem Verkauf von Filialen an einzelne Edeka- und Rewe-Kaufleute sind die Mitbestimmungsrechte nämlich andere.

Was wir hier sehen, ist also Säbelrasseln?

Das ist ordentliches Säbelrasseln. Nichtsdestotrotz kommt es mir sehr unwahrscheinlich vor, dass nicht doch die Erkenntnis siegt, dass ein Deal für beide Seiten vorteilhaft wäre.

Wie schnell müssen sich die Verhandlungspartner einig werden?

Es gibt Fristen, aber die sind auch schon verlängert worden. Ich gehe davon aus, dass diese noch mal verlängert werden. Irgendwann will Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel wohl aber auch Erfolg vermelden können. 

Mit Justus Haucap sprach Diana Dittmer

Quelle: ntv.de

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