BAG: Streik war rechtswidrig Fluglotsen müssen Schadenersatz zahlen
26.07.2016, 20:57 Uhr
Die Fluglotsen am Frankfurter Flughafen hatten 2012 die Arbeit niedergelegt.
(Foto: picture alliance / dpa)
Vier Jahre, nachdem die Fluglotsen am Frankfurter Flughafen in Streik traten, stuft das Bundesarbeitsgericht die Arbeitsniederlegung als rechtswidrig ein: Es seien Forderungen gestellt worden, die der Friedenspflicht unterlagen. Zahlen muss nun die Gewerkschaft.
Der Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) kommt ein Verstoß gegen die Friedenspflicht bei einem mehrtägigen Streik am Frankfurter Flughafen teuer zu stehen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) wertete den Arbeitskampf der Vorfeld-Lotsen im Februar 2012 als rechtswidrig, weil einzelne Forderungen der Gewerkschaft noch der Friedenspflicht unterlagen. Die Bundesrichter gaben im Gegensatz zu den Vorinstanzen in Hessen einer Schadenersatzklage des Flughafenbetreibers Fraport statt (1 AZR 160/14).
Fraport bezifferte die Forderung für Einnahmeverluste durch Hunderte ausgefallene Flüge auf rund 5,2 Millionen Euro. "Der von der GdF getragene, als einheitliche und unteilbare Handlung zu beurteilende Streik war rechtswidrig", heißt es in der BAG-Entscheidung. Der Einwand der GdF, sie hätte den Streik auch ohne die der Friedenspflicht unterliegenden Forderungen geführt, sei "unbeachtlich". Die genaue Höhe der Schadenersatzzahlungen muss nun das Hessische Landesarbeitsgericht festlegen.
Fraport nehme die Entscheidung zur Kenntnis, werde sie jedoch bis zur Vorlage der schriftlichen Urteilsbegründung nicht kommentieren, sagte ein Unternehmenssprecher. Die Existenz der Gewerkschaft sei durch den verlorenen Rechtsstreit nicht gefährdet, erklärte GdF-Chef Matthias Maas. "Um die Existenz der GdF mache ich mir keine Sorgen, da die endgültige Summe weit unter der Fraport-Forderung liegen wird", sagte er zu Reuters. Die Gewerkschaft vertritt bundesweit knapp 4000 Mitglieder.
Auswirkungen auf künftige Arbeitskämpfe
Einen Schadensatzanspruch der Fluggesellschaften Lufthansa und Air Berlin, die ebenfalls geklagt hatten, verneinten die Bundesarbeitsrichter nach mehrstündiger Verhandlung, die zeitweise unterbrochen worden war. Gewerkschaften können nach einem BAG-Urteil von 2015 nicht für Folgekosten haftbar gemacht werden, die bei nicht direkt bestreikten Unternehmen entstehen.
Die Entscheidung hat nach Aussagen von GdF-Chef Maas Auswirkung weit über die GdF hinaus. Sie werde die gesamte Tarifpolitik in Deutschland nachhaltig verändern. Auch die Anwälte der Gewerkschaft der Flugsicherung hatten in der Verhandlung davor gewarnt, mit dem Urteil das Streikrisiko für Gewerkschaften zu erhöhen. "Es sollte nicht sein, dass man für eine relativ nebensächliche Forderung, die möglicherweise rechtlich angreifbar ist, ein hohes Risiko bei Streiks eingehen muss", sagte der Anwalt der GdF, Dirk Vogelsang.
Quelle: ntv.de, jug/dpa/rts