Begegnung mit der Athener Realität Gazprom-Chef Miller trifft Tsipras
21.04.2015, 05:32 Uhr
Putins Mann am Erdgashebel: Gazprom-Chef Alexej Miller (Archivbild).
(Foto: REUTERS)
Griechenland hofft auf den Erdgas-Deal aus Russland. Zur Lösung der akuten Finanzprobleme dürften die Erträge im einstelligen Milliardenbereich kaum ausreichen. Und: Noch ist der Pipelinebau nicht in trockenen Tüchern.
Fast zwei Wochen nach dem Besuch des griechischen Regierungschefs Alexis Tsipras in Russland setzen Athen und Moskau am Dienstag ihre Gespräche über eine engere Zusammenarbeit im Energiebereich fort. Der Chef des russischen Staatsmonopolisten Gazprom, Alexej Miller, wird sich mit Energieminister Panagiotis Lafazanis und anschließend auch mit Tsipras treffen.

Sitzt für die griechische Seite mit den Russen am Verhandlungstisch: Athens Energieminister Panagiotis Lafazanis (Archivbild).
(Foto: picture alliance / dpa)
Im Mittelpunkt der Unterredungen werde nach Informationen aus Kreisen der Regierung in Athen die geplante Erweiterung einer Gas-Pipeline auf griechischen Boden sowie andere Energiethemen stehen. Athen hofft zudem auf niedrigere Preise für russische Erdgaslieferungen. Die Leitung wäre die Verlängerung der geplanten Pipeline Turkish Stream, durch die Russland ab 2017 Gas in die Türkei pumpen will. Die Verlängerung durch Nordgriechenland bis zur Grenze mit Mazedonien soll rund zwei Milliarden Euro kosten - und dürfte voraussichtlich erst 2019 in Betrieb gehen.
Schnelles Geld aus Moskau?
Der griechische Energieminister Panagiotis Lafazanis hatte die baldige Unterzeichnung einer Absichtserklärung über eine Leitung durch Griechenland angekündigt. Medien in Athen hatten berichtet, dass in diesem Fall aus Russland drei bis fünf Milliarden Euro an das finanziell angeschlagene Land überweisen werden - als Vorschuss für künftige Transitgebühren. Dafür gab es bislang noch keine offizielle Bestätigung.
Unklar ist auch, wer den Bau der Pipeline in Griechenland finanzieren soll. Athen steht das Wasser aus finanzieller Sicht bis zum Hals: Um die letzten Gelder zusammenzukratzen, zwingt die Regierung nun alle staatlichen Institutionen und öffentlich-rechtlichen Betriebe per Erlass, ihre Geldeinlagen an die griechische Zentralbank (Bank of Greece) zu überweisen. Damit sollen fällige Schulden an den Internationalen Währungsfonds (IWF) und andere Verpflichtungen in den kommenden Wochen bezahlt werden. Der Erlass wurde zu Wochenbeginn veröffentlicht.
Der Griff an die letzten Reserven
Athen hofft, auf diese bei den staatlichen Betrieben rund drei Milliarden Euro einsammeln zu können. Die Regierung braucht kurzfristig rund 1,1 Milliarden für Gehälter, 850 Millionen für Renten sowie für Verpflichtungen gegenüber dem IWF knapp eine Milliarde Euro bis zum 12. Mai, berichtete die Athener Finanzpresse. Der IWF hatte zuletzt einen weiteren Aufschub der Rückzahlungen abgelehnt.
Anfang April war es Athen mit Hilfe von Geldeinlagen von Rentenkassen gelungen, Verpflichtungen gegenüber dem IWF zu erfüllen und einen Zahlungsausfall abwenden. Die Vorstände einiger Rentenkassen und staatlich kontrollierter Unternehmen weigern sich jedoch bislang, ihre Geldeinlagen für sogenannte Rückkaufvereinbarungen an den Staat zu überweisen. Frische Mittel aus EU-Töpfen könnten längst bereit stehen, wenn die griechische Regierung die vergangenen Monate zur Umsetzung eines überzeugenden Reformprogrammes genutzt hätte - und nicht für einen beispiellosen Zickzackkurs zwischen öffentlich bekundeter Kompromissbereitschaft und offenkundiger Provokationen.
Keine Hoffnung auf schnelle Lösung
Vor dem Treffen der Euro-Finanzminister an diesem Freitag (24. April) in Lettland verhandeln Experten derweil unter hohen Druck über ein griechisches Reformpaket. Die sogenannte "Brüssel-Gruppe" berät nach Angaben des Chefsprechers der EU-Kommission nach Beratungen über das Wochenende hinweg auch zu Wochenbeginn und am Dienstag noch über Reformen in Griechenland.
Zur "Brüssel-Gruppe" gehören Vertreter Griechenlands, der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des IWF. Auch Experten des Eurorettungsschirms ESM sind eingebunden. Eine Vereinbarung auf eine umfassende Reformliste ist Voraussetzung für die Geldgeber für das Freigeben von 7,2 Milliarden Euro, die bisher blockiert sind.
Das Geld wird von Athen dringend benötigt, um eine Staatspleite abzuwenden. Diplomaten äußern aber Zweifel daran, dass ein Kompromiss auf die Reformen schon Ende der Woche möglich sein wird.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa